Ludwigshafen, das 21. Festival des Deutschen Films, IOCO

Filmkunst zum Anfassen:
327 Vorstellungen
135.000 Besucher
auf dem 21. Festival des Deutschen Films in Ludwigshafen
By Dr. Detlev Janik
Ein Sonntag im September wie aus dem Bilderbuch. Die Sonne strahlt vom blauen Himmel, am Rheinufer haben Pärchen und Familien Liegestühle in den Kies gestellt oder liegen auf Decken – vielleicht, um den angekündigten Blutmond zu beobachten oder einfach den Spätsommer zu genießen. Jetski-Fahrer rasen auf dem Fluss auf und ab, bisweilen zieht gemächlich ein Frachter vorbei. Und gleich nebenan, im Schatten der mächtigen Platanen, deren Zweige teilweise fast bis auf den Boden reichen, genießen hunderte Filmfans Wurstsalat mit Wedges oder Rote-Beete-Carpaccio mit einem Glas Pfälzer Wein, wieder andere sitzen im großen Open-Air-Kino mit der Riesen-Leinwand direkt am Rheinufer, kommen bei Filmgesprächen mit Schauspielern, Regisseuren und Drehbuchautoren ins Gespräch oder stehen in den Warteschlangen vor einem der drei Zeltkinos. Es ist der 7. September, der letzte Tag des 21. Festivals des Deutschen Films. Seit 2005 lockt das Festival die Stars der deutschen Film- und Fernsehbranche nach Ludwigshafen und zaubert für mehr als zwei Wochen ein wenig Weinfest-Atmosphäre auf die Parkinsel.

135.000 Menschen (ein Besucherrekord) strömten 2025 an 19 Festivaltagen auf die Parkinsel, um eine der Film-Vorstellungen (insgesamt 327) zu besuchen oder bei einem der Filmgespräche (124) dabei zu sein. Viele bekannte Gesichter aus Film und Fernsehen gaben sich die Ehre, fast geräuschlos im schwarzen Van mitten ins Geschehen chauffiert, um sich einige Minuten auf dem roten Teppich zu zeigen und anschließend einige Zeit im Trubel des Festivals zu verbringen. Auszeichnungen und Preise sorgten für Höhepunkte im Festival-Geschehen: Eine Ehrung für ihre Schauspielkunst erhielten Rainer Bock und Uwe Ochsenknecht, einen Regiepreis gab es für Kai Wessel (mit der Premiere des überraschend aktuellen Films „An einem Tag im September“ über den Beginn der deutsch-französischen Völkerverständigung nach dem Zweiten Weltkrieg), einen Drehbuchpreis für den Autor David Ungureit (die Komödie „Berühmt sein für Anfänger“ zählte sicher zu den Glanzlichtern des diesjährigen Festivals) und einen Ehrenpreis für „Heimat“-Regisseur Edgar Reitz, der in Ludwigshafen sein jüngstes Werk über ein Leibniz-Portrait vorstellte.
Preise und Ehrungen, Fotos auf dem roten Teppich und das Defilee der Stars: Das alles hat das Festival im pfälzischen Ludwigshafen mit weltbekannten Filmevents wie der „Berlinale“, den Festspielen in Cannes oder Venedig gemein – nur tummeln sich dort neben den Berühmtheiten des deutschen Films auch internationale Stars. Doch das Flair dieses Festivals, das Dr. Michael Kötz und seine Frau Daniela in zwei Jahrzehnten auf die Beine gestellt haben, sucht seinesgleichen, denn es bietet Filmkunst zum Anfassen. Jenseits der Schneckennudel-Brücke, über die die Festivalbesucher auf die Parkinsel strömen, genießen die Besucher Pfälzer Lebensart und lassen sich nebenbei entführen in fremde Lebenswelten, mal komisch, mal tragisch, mal spannend. Das Festival lebt vom Kinoerlebnis am Fluss, vom Zauber der Parkinsel, die ihrem Namen alle Ehre macht, vom engen Miteinander von Kunst und Volksfest-Trubel und den fast familiär-alltäglichen Begegnungen mit berühmten Menschen, die wir sonst nur auf der Leinwand sehen. Das Festival ist vor allem ein Fest – für die Menschen, die Filme lieben, und diejenigen, die sie erschaffen. Wer hätte das erwartet an diesem Ort, der überregional bekannt ist als Chemiestandort, regional verrufen als Problemstadt und „Tatort“-Fans vertraut als Heimat der Kommissarin Lena Odenthal. Ich freue mich auf das 22. Festival im nächsten Jahr.
