Hamburger Kammeroper: „MARIA STUART“ - 27.9.2024 - Premiere
Mit „Maria Stuart“ eröffnete die Hamburger Kammeroper die neue Opernspielzeit 2024-25. Gaetano Donizetti (1797-1848) komponierte seine 'lyrische Tragödie' 1834 angeblich in nur zwei Wochen ......
von Wolfgang Schmitt
Mit „Maria Stuart“ eröffnete die Hamburger Kammeroper die neue Opernspielzeit 2024-25. Gaetano Donizetti (1797-1848) komponierte seine 'lyrische Tragödie' 1834 angeblich in nur zwei Wochen. Als Vorlage diente ihm Friedrich Schillers Trauerspiel. Die Uraufführung seiner Oper fand, nach einiger Umarbeitung, in der jetzigen Fassung 1835 an der Mailänder Scala statt.
Donizettis Komposition zeichnet sich durch melodische Schönheit und emotionale Tiefe aus und bildet zweifellos ein Highlight der Belcanto-Opern. Es gelingt Donizetti wunderbar, die Gefühlsregungen seiner handelnden Personen durch melodiöse, ausdrucksvolle Arien, Duette und Ensembles auszudrücken. Gerade die Arien Marias, die ihren Mut und auch ihre Verzweiflung widerspiegeln, sind ein eindrucksvolles Beispiel für Donizettis Gabe, die psychologischen Spannungen seiner Figuren zu verdeutlichen. Auch Elisabeths Arien offenbaren die expressive Bandbreite ihrer inneren Zerrissenheit und ihrer Emotionen, ihrer Kälte und Entschlossenheit.
Ettore Prandi, der Musikalische Leiter der Kammeroper, hatte Donizettis Partitur für sein kleines Orchester eingerichtet, das mit Eleganz und großer Sensibilität aufspielte und die emotionale Tiefe der Partitur perfekt zur Geltung bringen und die Spannung der Handlung verdeutlichen konnte.
Kathrin Kegler entwarf das antike, durchaus geschmackvolle Bühnenbild: Ein großes Rembrandt-Gemälde in goldenem Rahmen stellte Heinrich VIII. mit seiner Familie dar. Dieses war gleich dreimal zu sehen, erst als Bühnenvorhang, dann als transparenter Zwischenvorhang, und schließlich als Hintergrund an der Bühnenrückwand. Die nicht zu hell ausgeleuchtete Bühne schuf eine passende Atmosphäre für die dunklen Themen dieser Oper. Ein Schreib-Sekretär, ein paar Stühle sowie Marias Bett und Schrank waren die sparsamen Requisiten. Auch die eleganten Kostüme der Damen, Elisabeth mit Schmuck behangen und in heller üppiger Robe, Maria mal in hellblauem Rüschenkleid, mal in blaurot gewandet, zuletzt ganz in weiß mit Haarkranz, von Luzie Nehls-Neuhaus entworfen, entsprachen der Mode der damaligen Zeit.
Dem Regisseur Roman Hovenbitzer ging es darum, die komplexe Beziehung zwischen Elisabeth und Maria darzustellen. Während der Ouvertüre ließ er Heinrich VIII. (Dustin Leitol) mit drei Kindern als Maria, Elisabeth und Robert auftreten, die sich bereits im Kindesalter nicht vertrugen und Elisabeth schon damals die stärkere war. Viele Szenen, die die Konflikte und die Dramatik aufzeigten, waren wirkungsvoll inszeniert, so wie der Moment, als Maria Elisabeth die Krone vom Kopf riss und sich selbst aufsetzte, oder wenn sie Elisabeth als Tochter der Hure Ann Boleyn beleidigt. Die Schlußszene allerdings, wenn Maria im weißen Gewand wie eine Madonna vor dem Richtblock steht und drei Kinder mit Engelsflügeln die Bühne betreten, wirkte dann doch recht larmoyant.
Feline Knabe stellte die Partie der herrischen, energischen Königin Elisabeth I. von hoheitlicher Präsenz mit feuerroter Haarpracht intensiv und eindrucksvoll dar, auch konnte sie stimmlich mit ihrem markant eingesetztem, hell timbrierten Mezzosopran die Gefühlskälte, Strenge und Dominanz, nicht zuletzt durch ihr ständig im Anschlag mitgeführtes Jagdgewehr, wirkungsvoll anschaulich machen.
Luminita Andrei als Maria Stuart war eine Offenbarung. Es gelang ihr überzeugend, die Tragik und die inneren Konflikte dieser Figur durch ihr emotionales Spiel darzustellen. Ihren klangschönen, wandlungsfähigen lyrischen Koloratursopran wußte sie auch in dieser Partie weich und empfindsam, mit zarten Piani, langen Bögen, feinen Zwischentönen und sicheren Koloraturläufen, dann aber auch wieder dramatisch aufblühen lassend einzusetzen.
Als Graf Robert von Leicester überzeugte Berus Komarschela auf ganzer Linie. Mit seinem in allen Lagen perfekt sitzendem lyrischen Tenor, sowie seinem sympathischen Erscheinungsbild und seinem gefühlsbetonten, fein nuancierten Gesang bei flexibler Tongebung nicht nur in den lyrischen Passagen, beeindruckte er ebenso wie mit seiner Darstellung dieses zwischen Maria und Elisabeth hin und her gerissenen Günstlings und Freundes.
Titus Witt fiel krankheitshalber für diese Premiere kurzfristig aus, und so sang dankenswerterweise Intendant Marius Adam die Bass-Partie des Grafen George Talbot von der Seite, während Marcus Prell diese Rolle spielte und beide somit den Abend retteten.
Der Bariton Ferdinand Krumbügel in der Partie des Intriganten Lord Cecil und die Mezzosopranistin Susanne Lichtenberg als Marias Vertraute Anna Kennedy komplettierten das engagiert singende und agierende Ensemble.
Wieder einmal war es gelungener Abend zu Beginn der neuen Opernsaison in der Hamburger Kammeroper. Ein Abend geprägt von großartigen Gesangsdarbietungen und einer musikalisch starken Begleitung.
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