Dresden, Kulturpalast, Berliner Philharmoniker, Kirill Petrenko, IOCO

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Dresden, Kulturpalast copyright Wikimedia, Lupus in Saxonia



20. September 2025

Gastkonzert mit Werken von Pascal Dusapin, Bernd Alois Zimmermann und Johannes Brahms

Zur Überbrückung der Zeiten zwischen zwischen den Saisons der Dresdener Musikfestspiele bietet der Veranstalter des Festivals seinem Stammpublikum sporadisch Konzerte mit hochkarätischen Gastorchestern an. Am 20. September diesen Jahres machten die Berliner Philharmoniker sowie ihr Chefdirigent Kirill Petrenko mit Kompositionen von Pascal Dusapin, Bernd Alois Zimmermann und Johannes Brahms im Konzertsaal des Dresdner Kulturpalastes Station.

Der zeitgenössige französische Komponist Pascal Dusapin (*1955) ist in der Stadt kein Unbekannter, denn bereits im Jahre 2021 war hier sein Orgelkonzert Waves aufgeführt worden und erst in der letzten Saison war er als Compuser in Residence der Dresdner Philharmonie tätig gewesen. Mit Exeo aus Dusapins in der Zeit zwischen den Jahren 1992 und 2009 entstandenem Zyklus „Sieben Solos für Orchester“ eröffnete das Orchester den Konzertabend. Der große Solist in den sieben Episoden ist das Orchester. Exeo, zu Deutsch: ich gehe hinaus- und da wartet das Ungeahnte, ist die fünfte Episode des Zykluses. Das klanggewaltige Werk war dem Andenken des griechischen Komponisten Iannis Xenakis (1922-2001) und dessen stochastischem, an mathematisch-akustischen Zusammenhängen orientierten Musikstil gewidmet.

Einem Vulkanausbruch vergleichbar, begann Kirill Petrenko die Aufführung von Dusapins Exeo mit einem heftigen Zusammenprall zwischen den hohen und den tiefen Registern des Orchesters. Die Musik entwickelte sich in der Folge wie das Ausströmen einer Lavamasse aus dem Inneren des Vulkans, dessen Feuerglut gnadenlos am Hang des Vulkankegels herabfließt. Immer wieder vom Grummeln des Ausbruchs begleitet, wurde der Strom mal von einem Hinderniss gestoppt oder abgelenkt, aber sich immer weiter den Weg suchend und auch findent. Die Stimmen atmeten, pulsierten und fügten sich zu einem Organismus in dem einzelne Töne im Orchester auftauchten, aber wieder verschwanden. Statt dramatisch pompös, dirigierte Petrenko die fantasievolle Klangwelt Dusapins mit Intensität sowie Radikalität und löste bei den aufmerksamen Zuhörern durchaus Emotionen aus.

Der Schöpfer des folgenden Oboenkonzertes Bernd Alois Zimmermann (1918-1970) war ein Komponist zwischen der Epoche des vom lebensgierigen Alles geht der Weimarer Republik geprägten Duktus und der Ära der Nachkriegszeit mit ihrem totalen Neuanfang. Zimmermanns noch nicht fortgeschrittenes Alter, aber auch keiner von den richtig Jungen, die in den Trümmern nach einem musikalischem Neuanfang suchten, machte ihn zum Außenseiter in der Szene der Neuen Musik. Andererseits führte ihn dieser Umstand auf faszinierende eigene Wege jenseits des Mainstreams, machte ihn einzigartig. So auch mit dem Frühwerk aus seiner neoklassizistischen Phase stammenden Konzert für Oboe und kleines Orchester. Lustvoll und trotzig hatte Zimmermanns freier Geist eine Komposition geschaffen, die hohe Ansprüche an Ausführende und Hörende stellte. Den mit Raffinessen und Pointen gespickten Solopart des Oboenkonzertes bot der Solo-Oboist des Gastorchesters Albrecht Mayer mit hoher Präzision und voller Spielfreude. Der Ironie des Orchesterspiels mit seinem Rauschen, Flattern und Donnern setzte Mayer sein melodiöses Spiel mit Intensität entgegen. Die trockenen neobarocken Spielfiguren gestaltete er weich, nahezu schmiegsam und selbst die tollkühne Kadenz des ersten Satzes brachte ihn nicht an seine Grenzen. Kirill Petrenko ließ ihm in seinem Solo alle Freiheiten.

Natürlich erforderte der heftige Beifall eine Zugabe: Albrecht Mayer spielte mit einigen Orchestermusikern Johann Sebastian Bachs „Ich hatte viel Bekümmernis“.

Kirill Petrenko copyright Stephan_Rabold

Im letzten Teil des Konzertes hatte Kirill Petrenko die Beiträge der Komponisten der jüngeren Zeit mit einem der wichtigsten Werke der Romantik, der ersten Symphonie des Johannes Brahms (1833-1897), kombiniert.

Petrenko verstand das von Brahms hart erarbeitete Werk vor allem aus der Emotion heraus. Wuchtig und voluminös begann der Kopfsatz und er beließ auch den dunklen voluminösen Klang beim Vorandrängen, selbst als die Musik in die schnellen Passagen des Werkes gelangte. Im für das Orchester ungewohnten Konzertsaal standen die Instrumentengruppen im guten Verhältnis zueinander und boten einen perfekten Mischklang. Besonders die Holzbläser konnten ihr Können hören lassen ohne dass sie von den Streichern eingedeckt wurden. Selbst an der Lautstärke der Pauke war nichts zu bemängeln. Die beiden Mittelsätze nutzte Petrenko vor allem als Brücke zu einem Final-Satz mit gewaltiger Sogkraft. Dessen Einleitung sich zunächst zögernd, suchend und dann mit einem ungemein spannenden Stimmungswechsel zu reich nuanciertem und satten Klang entwickelte, der dem Konzert einen grandiosen Abschluss verschaffte.

Autoren der Bilder:           ©  Lena Laine, Firederike von der Straaten, Neue Züricher Zeitung

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