Compiègne,THÉÂTRE IMPÉRIAL, LE CARNAVAL DE VENISE - A. Campra, IOCO
COMPIÈGNE: Le Carnaval de Venise, ein Meisterwerk der französischen Oper, verbindet dramatische und komische Register mit Finesse und Kühnheit. Dies nimmt die CO[OPÉRA]TIVE zum Anlass, mit sechs Solisten, acht Chorsängern und fünf Policinello-Tanzpuppen

30.1.2025: THÉÂTRE IMPÉRIAL, OPÉRA DE COMPIÈGNE, gelegen in der Stadt Compiègne im Norden Frankreichs mit 40.000 Einwohnern - André Campra: LE CARNAVAL DE VENISE (1699), Opern-Ballett mit einem Prolog und drei Akten, Libretto von Jean-François Regnard.
von Peter Michael Peters
EIN OPERNBALLETT FÜR EINE DREIECKSBEZIEHUNG…
Le Carnaval de Venise, ein Meisterwerk der französischen Oper, verbindet dramatische und komische Register mit Finesse und Kühnheit. Dies nimmt die CO[OPÉRA]TIVE zum Anlass, mit sechs Solisten, acht Chorsängern und fünf Policinello-Tanzpuppen eine ihrer künstlerisch stärksten Produktionen anzubieten. Das französische Regisseur-Duo (Regie, Bühnenbild, Kostüme) Clédat & Petitpierre ( Yvan Clédat und Coco Petitpierre) tauchen die Liebesaffären der vier Hauptfiguren in ein unkonventionelles Rokoko-Universum ein, vermischt mit der Partitur von André Campra (1660-1744), gespielt vom Ensemble Il Caravaggio unter Leitung der äußerst talentierten französischen Dirigentin Camille Delaforge, einem aufsteigenden Stern der Barockmusik. Eine Fülle von Virtuosität, vereint in einer brillanten Hommage an die Commedia dell’arte.

Der aufsteigende Stern von Campra…
Obwohl Marin Marais (1656-1728) eine äußerst originale Musik schrieb, hat er dennoch weder den Rahmen noch den Ton einer Opernerneuerung nach Jean-Baptiste Lully (1632-1687) erreicht. Derjenige, der es verstand authentische Neuheiten einzuführen, war Campra. Sein Eintritt in die Geschichte der französischen Musik war wie ein großer leuchtender Strahl von südlicher Sonne, der die Opernbühnen überflutete. Geboren in Aix-en-Provence, lange Zeit war er nur ein kleiner Sänger an der dortigen Kathedrale, bis er denn endlich zum musikalischen Leiter der Kapelle ernannt wurde. Er hörte nie auf in seinem Werken über Venus zu singen: Le Triomphe de Vénus (1710), Les Amours de Vénus et de Mars (1712), L’Europe galante (1697)…, während er aber auch gleichzeitig schwörte: „Dass er den Rest seiner Tage mit dem wenigen Talent, dass er von Gott erhielt, diesem widmen will“. In Paris angekommen wird er Maître de Chapelle an der Kathedrale Notre-Dame. Unter dem Namen seines Bruders ließ er die mit seinen Funktion unvereinbare Oper L’Europe galante uraufführen. „Quand notre archevêque saura / L’auteur du nouvel opéra / De la cathédrale Campra / Décampra / Alleluia“ [sic].
Um originell zu sein, war es besser, etwas anderes als eine lyrische Tragödie in einem ausschließlich strikten Rahmen nach Lully zu komponieren. Das hat Campra wunderbar verstanden: Indem er die Handlung auf das absolute Minimum beschränkt, bietet er vier Unterhaltungen im Stil des alten Hofballetts an, zeigt die Charaktere von verschiedenen Völkern: Den wankelmütigen unzuverlässigen Franzosen, den fast immer treuen Spanier, den stolzen und eifersüchtigen Italiener und den tyrannischen Türken. Für dieses Erstlingswerk war es notwendig, eine besonders verführerische melodische Ader zu demonstrieren, eine große Frische mit einem Hauch von Sinnlichkeit und die Komposition selbst von Italien entlehnt mit einer vielfältigeren und köstlicheren Harmonie.

Campra setzt das gleiche Abenteuer mit Le Carnaval de Venise fort, bevor er zum großen Genre der lyrischen Tragödie zurückkehrt, das er mit Hésione (1700) in Angriff nimmt und mit einer Reihe von Meisterwerken fortsetzt: Aréthuse (1701), Iphigénie (1704), Idoménée (1712), Didon (1714) und insbesondere Tancrède (1702).
Diese lyrischen Tragödien mit Ballett, ihren magischen Szenen und ihren obligatorischen Unterhaltungen sind in einer Epoche, in der die heroischen Werte des Barocks nicht mehr so gefragt sind, um nicht das Epos von Torquato Tasso (1544-1595) noch mehr zu belasten. Was auch immer das Grundthema gewesen sein mag: Seltsam, episch oder religiös, es wird zugunsten von Zauberern, fliegenden Dämonen, Najaden und Dryaden, galanter Liebe und Eifersucht eliminiert. Aber es gelingt ihm jedoch trotz allem, daraus ein reichhaltiges und bewegendes Werk zu schaffen Zuerst durch eine stimmliche Revolution: Antonio Vivaldi (1678-1714) wird das Gleiche einige Jahre später in Orlando (1727) tun: Für die Rolle von Clorinde aus Trancrède, ein weiblicher Ritter, eine heroische Prinzessin schreibt Campra als erster und einziger Komponist dieser Zeit, die einer tiefen Frauenstimme gewidmet ist. Mit diesem originalen Tonmaterial versucht er Pathos zu erreichen. Seine Sprache ist reicher und ausdrucksvoller als die von Lully, seine Harmonie hat etwas Kühnes von den Italienern übernommen, sein lockerer Sinn für Melodien verleiht seinen Rezitativen mehr Ausdruckskraft und seinen Melodien mehr Flexibilität. Schließlich setzt er das Experiment fort, das Lully am Ende seines Lebens versucht hatte, besonders in seiner Oper Armide, LWV 71 (1686): Das vom Orchester begleitete Rezitativ, dank dessen er „das was gesungen wird“ und „das was gesprochen wird“ inniger miteinander rezitierend verbinden kann. Er betont somit noch mehr Emotionen, Zärtlichkeit, Schmerz, Bedrohung und auch Wut! Auf diese Weise erreicht Campra in dieser gesungenen Deklamation, die das französische Ideal der Oper darstellt, seit der Italiener Lully sie initiierte, eine bisher unerreichte Majestät und Festigkeit. Darüber hinaus wird ihm sein sehr präzises Gespür für die Orchestrierung noch einige Entdeckungen ermöglichen wie zum Beispiel: Der verzauberte Wald, Herminies zarte Elegie „Cessez mes yeux…“ aus Tancrède. Im Jahre 1702 hatte in Europa noch niemand die menschliche Stimme und das Orchester gemeinsam mit solcher Fülle und Gefühlskraft gehandhabt. Wir müssen erst auf Jean-Philippe Rameau (1683-1764) warten mit seiner Oper Hippolyte et Aricie (1733), um sowohl diese Schreibkraft als auch diese Erneuerung wieder zu finden.
Ein neuer Geschmack…
Um sich zu unterhalten, suchte diese städtische Jugend nach anderen neuen Kreationen als der lyrischen Tragödie, die sie wegen ihrer restriktiven Handlung, ihres politischen Rahmens, ihrer formalen Zwangsjacke, ihrer obligatorischen Prozession antiker und mythologischer Helden oder Charakteren aus dem Wunderbaren und Romantischen sehr kritisierte. Im Gegensatz zu dem, was Lully zweifellos angenommen hatte, kam es auch nach seinem Tod weiterhin zu lyrischen Tragödien. Zu den wohl bekanntesten zählen Thétis et Pélée (1689) von Pascal Collasse (1649-1709), Didon (1693) von Henry Desmarest (1661-1741), Céphale et Procris (1693) von Élisabeth Jacquet de La Guerre (1665-1729) oder Alcyone (1706) von Marais – ohne Marc-Antoine Charpentier (1643-1704) zu vergessen, dessen biblische Tragödie David et Jonathas (1688) und die lyrische Tragödie Médée (1693) transalpine Düfte verströmen. Andererseits wollte der neue Geschmack einen unbeschwerten leicht-fröhlichen Tanz anstelle der erstickenden Tragödie in einem geschmackvollen Spektakel: In einer dekorativen Show. So entstand das Opern-Ballett nicht mehr aus Akten, sondern es bestand aus mehreren Eingängen. Mit einem einfachen narrativen Vorwand für die Handlung war jeder Eingang ein eigenständiges Stück und damit das Werk als solches existieren konnte, war es nicht notwendig: Alle Eingänge zu spielen. Nach und nach entwickelte sich das Opern-Ballett weiter, indem es Alltagsfiguren einführte, die Pierre Carlet de Marivaux genannt Marivaux (1688-1763), ankündigten: Bürger in Stadtkleidung, Diener und Mägde in Dienstkleidung, wobei traditionelle Landkostüme angemessen waren, wenn die Handlung pastoraler Natur war. Es herrschte Begeisterung für Intrigen an Orten, die nicht mehr imaginär, sondern sehr real waren. Man erfreute sich an der Fröhlichkeit, dem Geplänkel und der gesellschaftlichen Höflichkeit, die dort herrschten. Man war berührt von diesen Nicht-Helden, gefangen in ihren Stimmungen und in ihrem täglichen Verhalten.

L’Europe galante von Campra wurde an der Académie Royale de Musique in Paris uraufgeführt und war das erste echte Opern-Ballett. Allerdings kannte man schon Les Jeux en l’honneur de la victoire (1691) von La Guerre oder auch Le Ballet des saisons (1695) von Collasse. Die bemerkenswertesten Opern-Ballette waren Les Fêtes vénitiennes (1710) von Campra oder Les Fêtes ou le Triomphe de Thalie (1714) von Jean-Joseph Mouret (1682-1738). Mit seiner formalen Flexibilität gelang es dem Opern-Ballett die Bedeutung der Worte zu veranschaulichen und die Anweisungen im Libretto umzusetzen. Siehe z. B. das Libretto von Jean-François Regnard (1655-1709) für das Opern-Ballett Le Carnaval de Venise. Campra entschied sich auch, die arie da capo willkommen zu heißen, was das Aufblühen von etwas Neuem ermöglichte: Gesangsvirtuosität, die um ihrer selbst willen gepflegt wurde. Schließlich wandte er sich in seinen Orchesterwerken der musikalischen Beschreibung alltäglicher Dinge der Natur zu: Vogelgesänge, Stürme, usw., die nun in den Librettos reichlich vorhanden sind. Der Einsatz von Klangfarben und Instrumentalregistern wurde nun zum Standard. Das Orchester begann dann eigenständig zu existieren. Rameau wird wissen, wie er diese „Symphonisierung“ der Oper fortführen kann…

LE CARNAVAL DE VENISE - Aufführung - Théâtre Impérial / Opéra de Compiègne - 30. Januar 2025
Ein poetisch-kosmischer Karneval…
Wir stellen uns Campra nur allzu oft als einfaches Bindeglied zwischen Lully und Rameau vor. Dennoch gelang es dem Komponisten aus Aix-en-Provence, in den rund zwanzig lyrischen Partituren, die sein Werk umfasst, einen zutiefst originellen Stil zu entwickeln, der offensichtlich viel von Lully verdankt, jedoch auch Einflüsse von Francesco Cavalli (1602-1676) und Alessandro Scarlatti (1660-1725) aufweist. Der Einfluss der italienischen Manier ist dort deutlicher zu hören als bei Charpentier. Obwohl Opern von Rameau – und in geringerem Maße auch von Lully – heute regelmäßig aufgeführt werden, sind Aufführungen von Campras Werken, insbesondere in Bühnenversion, nach wie vor sehr selten. In den letzten Jahren gab es nur 2021 einen Idoménée in Lille, 2015 Les Fêtes vénitiennes an der Opéra-Comique Paris, sowie in Caen und Toulouse und 2014 einen Tancrède in Avignon und Versailles.
Wir können daher das Projekt der CO[OPÉRA]TIVE, die mehrere französische Theater- und Operninstitutionen für Opernproduktionen zusammenbringt, nur allzu loben, Campras Le Carnaval de Venise auf die Bühne zu bringen. Denn wenn wir uns nicht irren, wurde das Werk seit 1975 nicht mehr szenisch aufgeführt. Auch wenn die Form des Opern-Balletts heute etwas irritierend wirkt, so ist doch der Titel des Werkes von größter Faszination für das Publikum. Das Libretto von Regnard spielt offensichtlich während des Karnevals in Venedig und präsentiert die Handlung einer italienischen Komödie: Léonore und Isabelle sind in denselben Mann, Léandre verliebt. Dieser entscheidet sich aber für Isabelle, und Léonore hat keine andere Wahl, als sich an Rudolphe zu wenden, der wiederum in Isabelle verliebt ist, um Rache zu nehmen an denjenigen und ihn töten zu lassen, der sie abweist und eine andere vorzieht. Nachdem ihr Befehl ausgeführt und Léandre ermordet wurde, bedauert Léonore, dass Rudolph sie zurück weist, genauso wie in Jean Racines (1639-1699) Andromaque (1667) die stolze und eifersüchtige Hermine. Doch der arme Mann hat sich das falsche Opfer ausgesucht: Denn der wohlauf lebende Léandre taucht wieder auf und schlägt Isabelle vor, gemeinsam aus Venedig zu fliehen und fernab ihrer Feinde die große Liebe zu suchen.

Die Handlung dieser Commedia dell’arte wird durch Tanz- Gesangsunterhaltung und sowie einer wunderbaren musikalischen Einlage unterbrochen, bei der sich die Wege von Musikern, Masken und Gondoliere kreuzen. Der vierte Akt beinhaltet eine große Originalität des Werks und stellt eine Oper innerhalb der Oper dar: Die Aufführung eines Orfeo nell’inferno in italienischer Sprache, in der Campra den ultramodernen Stil der Zeit mit seinen vokalen Melodien, Rezitativen und tollkühnen Harmonien sorgfältig aufgreift. Eine derartige doppelzüngige Abgründigkeit finden wir auch im Prolog der Oper wider: In einem Theater, in dem eine Aufführung vorbereitet wird, erscheint Minerva, um dem Ordonnateur zu helfen, die Vorbereitungen vor Beginn der Vorstellung abzuschließen.
Für ihre erste Opernproduktion bieten die bildenden Künstler und Regisseure Clédat & Petitpierre eine farbenfrohe Lesung des Werks. Die von ihnen geschaffenen Kostüme von atemberaubender Schönheit bilden eine freudige Galerie von seltenen Fundstücken: Der goldene Lamé-Brustpanzer der Minerva, die Outfits der Arlequins mit Pop-Aspekt, ein Kopfschmuck in Gondelform oder sogar große schwarze Togen mit Flammenrand für den höllischen Akt… Das Dekor ist minimalistischer, zumindest vom Parkett aus, wo es schwierig ist, die Bewegungen der Holzfiguren – von denen einige an die Form venezianischer Brücken erinnert – zu erfassen, die je nach Szene über die Bühne bewegt werden.
Fünf spöttische Puppen-Tänzer entlehnt aus einer Zeichnung von dem genialen Barockmaler Giovanni Battista Tiepolo (1696-1770) begrüßen das Publikum zu Beginn der Vorstellung. Allerdings wird vielleicht ihre anmutige Präsenz im Rest der Aufführung ein wenig unterbenutzt. Mal sind sie Zuschauer des Geschehens, dösend in der Ecke sitzend, mal gewissermaßen verantwortlich für die Bewegungen der Sänger auf der Bühne, aber sie fallen vor allem in zwei markanten Momenten auf: Vor der Pause, als einer von ihnen über die Länge der Musik scherzt, und nach dem Rendezvous zwischen Léonore und Rudolphe, das von zwei der köstlichen Puppen-Tänzer drollig parodiert wird, nachdem die Sänger von der Bühne abgegangen sind. Auf jeden Fall verstehen wir jetzt ihre Funktion im zweiten Teil der Aufführung besser, wo ihre leise fast träge und lachende Energie ein köstliches Gegengewicht zur allgemeinen Aufregung der Hauptfiguren darstellen sollte.
Die Regie der Sänger und Schauspieler bleibt allerdings locker: Die meisten Charaktere werden zu körperlosen Figuren reduziert und skizzieren gewissermaßen einen barocken Gestus, der nicht von allen Darstellern vollständig angenommen zu werden scheint. Tatsächlich bedarf es einiger Bühnengags, um die Aufmerksamkeit des Zuschauers zu fesseln: Eine riesige Eichel, die von den Kleiderbügeln herunterfällt, um einen der Sänger zu verstecken, ein großes Plastikmesser, das in die Luft geworfen wird, eine blutige Axt im Rücken eines Puppen-Tänzer, die trotzige Bühnennummer von Orfeo, die höllischen Schatten, die sich auf der Bühne bewegen, als würden sie schweben… All dies versetzt den Zuschauer letztlich in Erstaunen und gewinnt seine Faszination über die plastische Schönheit des dargestellten Universums hinaus und verleiht dem Ganzen eine skurrile und poetische Dimension.

Ebenso skurril und poetisch ist auch die musikalische Leitung von Delaforge. Mit einer geringeren Anzahl an Musikern als die der Académie Royal de Musique, wo das Werk entstand oder auch die des Concert Spirituel in der CD-Aufnahme des französischen Dirigenten Hervé Niquet, hebt die Dirigentin den gesamten Charme einer Partitur hervor, die damit nicht geizt. Von ihrem Ensemble Il Caravaggio kann man sich auf einen farbenfrohen dichten und lebendigen Klangteppich voller Charakter und Reliefs verlassen. Die Tänze, die in dem Werk eine zentrale Rolle spielen, werden von allen Instrumentalisten, darunter einem inspirierten Schlagzeuger, der Kastagnetten und Tamburin mit kommunikativer Energie spielt, mit neuer Begeisterung vorgetragen.
In der Rolle des Léandre entdecken wir den jungen franco-mexikanischen Bass-Bariton Sergio Villegas Galvin, sehr attraktiv und lebhaft auf der Bühne, mit einem bezaubernden Timbre und einer Stimme mit natürlicher und homogener Ausstrahlung, der nur ein wenig Abwechslung in der Farbgebung fehlt.
In der Rolle der Isabelle bezaubert die französischen Mezzo-Sopranistin Victoire Bunel durch ihre Leichtigkeit auf der Bühne ebenso wie durch die Feinheit ihrer Phrasierung und die Frische ihres Tons. Wir finden bei der französischen Sopranistin Anna Reinhold ihre außergewöhnlichen stimmlichen Qualitäten, nämlich dieses bebende Timbre und diese sehr sinnliche Art, die Worte herauszuarbeiten, aber die Rollen von Leonore und Euridice scheinen doch nicht ganz ihrem Stimmenumfang zu entsprechen, da in den hohen Registern sehr häufig Intonationsprobleme auftreten.
Der französische Tenor David Tricou macht kurzen Prozess mit der Rolle des Orfeo, den er brillant in Richtung Komik à la Jacques Offenbach (1819-1880) lenkt, dabei aber eine beunruhigende stilistische Integrität beibehält. Seine hohe, dichte und farbenfrohe Stimme wirkt auch in seinen übrigen Interventionen Wunder, denen er abwechselnd Poesie und Kraft verleiht. Der französische Bass-Bariton Guilhem Worms verleiht den Rollen des Ordonnateur (Verantwortlicher), Rudolphe und Pluto dank einer geschmeidigen und solide dirigierten Bass-Stimme dieselbe Mischung aus Frische und Noblesse. Und schließlich porträtiert der französische Bariton Matthieu Gourlet einen energiegeladenen Carnaval.
Unter den Mitgliedern des Gesangs-Studio Il Caravaggio, die allesamt hervorragend sind, bleiben uns vor allem die selbstbewusste Minerva interpretiert von der französischen Sopranistin Apolline Raï-Westphal, der allzu kurzlebige Sklave gesungen von dem französischen Tenor Léo Guillou-Keredan und vor allem der feinfühlige Musicien wunderbar von dem französischen Tenor Jordan Mouaissia interpretiert, in Erinnerung. Der in einem der brillantesten Momente der Partitur derart fesselt, dem Trio „Luci belle, dormite“, einer offensichtlichen Hommage an Luigi Rossis (1597-1653) Orfeo (1647)…
Dieses sehr unterhaltsame Spektakel sollte im Laufe einer ausgedehnten Tournee noch an szenischer Kohärenz gewinnen: Wir können Le Carnaval de Venise am 12. und 13. Februar in Sénart, am 1. und 2. März in Tourcoing, am 6. und 13. März in Châteauroux, am 14. März in Brest, am 19.,20., 22. und 23. März in Rennes, am 27. und 28. März in Quimper und am 5. und 6. April in Nantes genießen. Wie schön, dass es solche Projekte gibt…! Brava…! Bravo…! Bravi (PMP/03.02.2025)
Auskünfte und Karten: www.lacoopera.com lacoop.opera@gmail.com