Ulm, Theater Ulm, Viva La Mamma: Deftig pralle musikalische Komödie, IOCO Aktuell, 17.05.2016



Viva la Mamma: Das Leben im Theater Ulm und um Ulm

Le Convenienze ed inconvenience Teatrali ist eine zeitlos absurde wie deftige Satire auf Irrungen und Wirrungen im Opernbetrieb. Gaetano Donizetti (1797 – 1848) half dieser Bühnenklamauk in jungen Jahren, 1827, zu künstlerischem wie finanziellem Erfolg. So groß war der Zuspruch, dass der klamme Donizetti das Stück bis 1831 immer wieder ergänzte. Erst 1969 wird das buffoneske Werk, eine musikalische Komödie mit großer darstellerischer Breite, ins Deutsche übersetzt und unter dem Titel Viva la Mamma uraufgeführt. Wer immer Viva la Mamma auf dem Spielplan hat, meist führt er deftig Humoriges im Sinn: Das Theater Ulm, seit Jahren unter mühseliger Sanierung, parodiert in Donizettis Musikkomödie lokalen Frust. Viva La Mamma Kenner sind bereit für kernig krachenden Humor. Feingeister sollten sich diesem Stück mit Vorsicht nähern, denn prustende Lachanfälle, johlende Besucher zählen zu den unvermeidlichen Risiken und Nebenwirkungen einer gelungenen Viva La Mamma Aufführung. So auch im Theater Ulm.

Der stete Wechsel zwischen Klamauk und Satire, Kreischen wie Sprechen, Röcheln oder schönstem Belcanto findet im Theater Ulm nah am Publikum statt: Regisseur und Intendant Andreas von Studnitz ließ das Ensemble meist auf dem überbauten Orchestergraben singen, spielen, parodieren: Ulmer Theaterschräglagen, Wahl des nächsten Intendanten, neue Bestuhlung, Etatkürzungen und mehr bringt von Studnitz mit schnoddrigen Texten und nach allen Regeln des Klamauks, Slapsticks und guter Darsteller in seine Viva la Mamma Inszenierung ein. Das Orchester sitzt über einen Deckenspiegel gut einsichtig im hinteren Teil der Bühne.

Die Handlung ist überschaubar: An einem kleinen Provinztheater im irgendwo enden gerade die letzten Proben zur Oper Romulus und Ersilia im Chaos. Die Stimmprobe des „Ersten Tenor“ (Hans-Günther Dotzauer) missglückt quietschend; das Gesangsensemble streitet derweil, wer die bedeutendste Partie habe; Regisseur (J. E. Pichler) verzweifelt an der von Ehemann Stefano (Tomasz Katuztny) kräftig unterstützten Primadonna Corilla Sartinecchi (Edith Lorans); der Herrenchor kämpft um vertragliche Pausenzeiten; die Sängerinnen Luigia (Maria Rosendorfsky) und Dorotea (Helen Willis) langweilen sich sichtbar zu Tode ihren Einsatz erwartend; ein Impressario (Joachim Pieczyk) äußert zu allem und jedem eine unpassende Meinung.
Nach zahlreichen skurrilen Wirrungen endet das Probenchaos im Guten. Gerettet von der großen, mit mächtigem wie gepflegtem Bassbariton ausgestatteten Mamma Agata (Dominik Nekel), Mutter der Sängerin Luigia. Mamma Agata versteigert zur Rettung der Aufführung ihren Familienschmuck. Die Premiere von Romulus und Ersilia wird erfolgreich, wenn auch erneut nicht ohne schräge Zwischefälle.

Stimmlich und darstellerisch zeigt die Viva la Mamma am Theater Ulm einen herrlich prallen Blick auf menschliche Eitelkeiten inmitten alltäglicher Zwänge und Nöte. Schlümpfe, Schimpfe und deutsche Texte geben Viva la Mamma aktuelle wie liebenswerte Alltagsnähe und dem Theater Ulm einen lebensfrohen Platz in seinem lokalen Umfeld. Mit wohltimbrierter Stimme sichern besonders Dominik Nekel als dominante Mamma Agata und Michael Weiger mit dem Philharmonischen Orchester das von Donizetti gesuchte Gleichgewicht von italienischem Belcanto zu überbordenden Humor. IOCO / Viktor Jarosch / 19.05.2016