Paris, Théâtre de l'Athénée, LES LUNDIS MUSICAUX - Liederabend, IOCO

Mark Padmore - Tenor, Julius Drake - Klavier: Zwei britische Freunde interpretieren ein Programm zwischen Romantik und Moderne: Robert Schumann, Clara Schumann, Benjamin Britten und Gabriel Fauré und ..... . Der Tenor Mark Padmore zeichnete sich vor allem.....

Paris, Théâtre de l'Athénée, LES LUNDIS MUSICAUX - Liederabend, IOCO
Théâtre de l'Athénée @ Wikimedia Commons

Im Rahmen der Serie LES LUNDIS MUSICAUX - ZWISCHEN ROMANTIK UND MODERNE - Liederabend, Mark Padmore - Tenor, Julius Drake - Klavier

 von Peter Michael Peters

Zwei britische Freunde interpretieren ein Programm zwischen Romantik und Moderne: Das Robert Schumann (1810-1856), Clara Schumann (1819-1896), Benjamin Britten (1913-1976) und sogar Gabriel Fauré (1845-1924) und anderes auf den Plan bringt. Der Tenor Mark Padmore zeichnete sich vor allem in Franz Schuberts (1797-1828) Winterreise, D. 911 (1827) aus und stellt im Duett mit dem Pianisten Julius Drake, der ihn bereits seit mehreren Jahren begleitet, erneut die Breite seines Repertoires unter Beweis.

IN DREI SPRACHEN DURCH  DIE WUNDERBARE WELT DES LIEDES…

TIGER TIGER

Tyger Tyger, burning bright,

In the forests of the night;

What immortal hand or eye,

Could frame thy fearful symmetry?

 (Auszug aus dem Song Tiger Tiger von R. Clark / W. Blake)

Wunderkind und Starpianist…

Clara Schumann-Wieck wuchs in einem sehr musikalischen Umfeld auf. Ihr Vater, Friedrich Wieck (1785-1873), ist ein renommierter Pianist und Lehrer in der Leipziger Region. Er setzte seine Tochter schon sehr früh an das Klavier und die junge Clara war eines dieser Wunderkinder, die die musikalische Sprache lernten, bevor sie sich mit Worten ausdrücken konnte. Nachdem ihre Mutter sie im Alter von 5 Jahren verlassen hatte, widmete sie sich noch mehr der Musik und folgte dem anspruchsvollen Programm ihres Vaters. So sehr, dass sie im Alter von 6 Jahren ihr erstes Konzert mit einer damals sehr berühmten Pianistin gab: Emilie Reichhold (1805-1835) und ihren ersten großen Erfolg erzielte. Von Konzert zu Konzert, von Stadt zu Stadt baute sich Clara einen großen Ruf als Pianistin auf. Von der europäischen Öffentlichkeit verehrt, erweckte jeder ihrer Auftritte auf der Bühne die Bewunderung von Zuschauern und Persönlichkeiten ihrer Zeit:

CLARA SCHUMANN Büste @ IOCO

 "Wir haben die kleine Wieck in Leipzig gehört. Sie ist ein wahres Wunder! Zum ersten Mal in meinem Leben bewunderte ich begeistert ein frühreifes Talent. Perfekte Ausführung, tadelloses Maß, Kraft, Klarheit, mit Glück überwundene Schwierigkeiten aller Art […]. Das Klavier unter ihren Fingern nimmt Farbe und Leben an.“ Karl Alexander, Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach (1801-1901) im Jahr 1831. Auch Kritiker schwärmten von ihrem Spiel. 1839 erklärte der französische Kritiker Henri Blanchard (1778-1858), sie sei, „der musikalische Löwe der Gegenwart“.

Von vielen Komponisten bewundert…

Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847), Franz Liszt (1811-1886), Frédéric Chopin (1810-1849), Niccolo Paganini (1782-1840) … Claras Weg wird sich mit einigen großen Namen der Romantik kreuzen. Viele Komponisten werden die Musikerin sehr bewundern, z. B. Liszt wird von einer „großen Priesterin der Kunst“ sprechen, Paganini wird sagen: „Sie hat die Berufung zur Kunst, weil sie das Gefühl dafür hat“. Viele Künstler werden auch das Talent der Komponistin hervorheben! Chopin, der den Werken ihres zukünftigen Mannes nicht sehr empfänglich gegenüberstand, sprach mit viel Begeisterung und Bewunderung, nachdem er sich die 3 kleinen Klavierstücke (1838) der jungen Frau angehört hatte. Aber es waren ihre Musikalischen Abende, Stücke die zwischen 1834 und 1836 entstanden, die die volle Unterstützung ihrer Zeitgenossen fanden, dass Liszt sie zwei Jahre nach ihrer Komposition mit viel Erfolg in Wien spielte.

Claras erste Lieder stammen aus dem Jahr 1831/32 mit zwei Gedichten von Justinus Kerner (1786-1862) – eine der Inspirationen von Robert aus dem Jahr 1827. Im Jahr 1834 wirbelte Walzer nach einem Gedicht von Johann Peter Lyser (1803-1870) über das Klavier im Style von Papillons, Op. 2 (1829/31) von Robert, der nicht versäumen wird, plötzlich aufzutauchen. Denn im Jahr 1840 ermutigte Robert seine Frau in dem Geist, der ihn selbst auch dazu drängte, viele Gedichte anzusammeln und diesen Weg weiter zu beschreiten. Jedoch antwortet sie verzweifelt: „Ich kann nicht komponieren und manchmal macht mich das sehr unglücklich, ich kann einfach nicht komponieren, ich bin nicht gut genug darin […]. Und außerdem ein Gedicht, das ich absolut noch nicht kenne. Einen Text zu vertonen, ihn in seiner ganzen Füller zu verstehen, mein Verstand reicht einfach nicht aus!“ Aber ihre Lieder werden zum Ausdruck bringen, wie sehr sich das anspruchsvolle junge Mädchen selbst schwer verunglimpft hatte, und dass ohne Grund. So wird das turbulente Lied Am Strande (1840) mit einem Gedicht von Robert Burns (1759-1796), übersetzt von Wilhelm Gerhard (1780-1858), ein leidenschaftliches Echo an das erhabene Intermezzo aus Der Faschingsschwank aus Wien, Op. 26 (1839) von Robert: „Ich habe Clara ein Gedicht von Burns zum Komponieren gegeben, aber sie wagt es nicht, es zu unternehmen.“ Außerdem  vertonte sie auch das Volkslied (1840) nach einem Gedicht von Heinrich Heine (1797-1856), so ein sanftes schwermütiges mit sehr depressiven Nachspiel. Treue zu Heine – während Robert seinerseits endgültigen Abschied von dem geliebten Dichter nahm – komponierte  sie noch Lorelei (1843), einem Drama über eine einzigartige Flucht in den inneren Stil von Schubert.

Clara und Robert Schumann, Bonn @ wikimedia commons / Hans Weingarten

Kaum verheiratet, kehrt Robert daher zu dem Auftrag zurück, von seiner jungen Frau drei Beiträge, die  Nummern 2, 4 und 11 zu den zwölf Nummern des Zyklus Liebesfrühling, Op. 37 (1840) nach Gedichten von Friedrich Rückert (1788-1866) zu erhalten, um diese in seinem eigenen Zyklus zu integrieren, während sie ihren Zyklus Liebesfrühling, Op. 12 (1841) auch mit Gedichten von Rückert fortsetzt: Heute Abend wird daraus nur das Lied Liebst du um Schönheit, Op. 12, N° 4 interpretiert. Wie er hat sie eine Vorliebe für tiefe Töne und respektiert die von ihrem Mann gewählte Ton-Polarität A-Dur. Mit einem wunderschönen pianistischen Rahmen, getaucht in sanfte Komplimente im Eusebius-Stil. Die Sechs Lieder, Op. 13 (1843) vereinen Lieder von 1840 bis 1843 immer samtig und zart, sie beginnen mit zwei Liedern nach Rückert Ich stand in dunklen Träumen, Op. 13, N°1 und Sie liebten sich beide, Op. 13, N°2 und Der Mond kommt still gegangen, Op. 13, N° 4 nach einem Gedicht von Emanuel Geibel (1815-1884).

Vertonung einer elliptischen Geschichte…

Schumanns Fünf Lieder, Op. 40, Hans Christian Andersen Lieder: Komponiert in seinem plötzlich sehr hektischen Liederjahr 1840, in dem die meisten seiner bekanntesten Zyklen und Einzellieder komponiert wurden. Die Übersetzungen stammen von Adalbert von Chamisso (1781-1839), außer N°5, dieses wurde von Chamisso nach einer schon existierenden französischen Übersetzung von Claude Charles Fautiel (1772-1844) neu-übersetzt. Zuvor hatte er sich fast ausschließlich auf das Schreiben von Klaviermusik beschränkt, die oft auch sehr poetisch ist, da sie von Gedichten inspiriert ist. Dennoch betrachtetet er Lieder als eine minderwertige Form von Musik. Was zu seinem Interesse für das Lied als Genre beitrug, war zweifellos seine enge Verbindung mit Clara. Er schrieb die Hans Christian Andersen (1805-1875) – Lieder im Juli in Leipzig zusammen mit mehreren anderen Zyklen, kurz nachdem er eine seiner bekanntesten Lieder-Zyklen fertiggestellt hatte: Dichterliebe, Op. 48.

Robert Schumann Büste @ IOCO

Eine musikalische Offenbarung zwischen zwei Weltkriegen…

Die britische Komponistin Rebecca Clarke (1886-1979) erreichte 1919 das, was sie später als „meinen Hauch von Erfolg“ bezeichnete, als ihre Sonate für Viola und Klavier in einem von Elizabeth Sprague Coolidge (1864-1953) gesponserten Wettbewerb den ersten Platz belegte. Clarke verbrachte einen Großteil ihres Lebens in den USA! Ihre Musik besticht durch Leidenschaft und Kraft und umfasst eine Reihe von Stilen des 20. Jahrhunderts, darunter Impressionismus, Postromantik und Neoklassik. Obwohl sie fast 100 Werke schrieb, darunter Lieder, Chorwerke, Kammerstücke und Musik für Klavier, wurden zu ihren Lebzeiten nur 20 Stücke veröffentlicht und als sie 1979 im Alter von 93 Jahren starb, waren alle davon schon lange vergriffen. Folgende Lieder werden von unseren Künstlern heute Abend interpretiert: Tiger Tiger 1929) nach William Blake (1757-1827), Lethe (1941) nach Edna St. Vincent Millay (1892-1950), The Seal Man (1922) nach John Masefield (1878-1967) Eight O‘Clock (1928) nach Alfred Edward Housman (1859-1936).

Ein Poet unter den Musikern…

Als erster großer Erfolg von Fauré, einem Zyklus vor den großen Zyklen vereinen fünf Melodien aus dem Jahr 1891, Cinq Mélodies de Venise, Op.58 mit Texten aus Fêtes galantes (1869) und den Ariettes oubliées (1891) von Paul Verlaines (1844-1896). Fauré schrieb sie für die Princesse Winnaretta Singer de Polignac (1865-1943), deren Gast er während einer Reise nach Venedig war. Für ihn bilden sie eine Art musikalische Suite, eine wahre Chronik einer Liebe, deren letztes Kapital, wie er bedauert, nicht wahr ist. Die musikalische Zyklus-Struktur der Töne und der Wiederkehr melodischer oder pianistischer Themen ist sehr hörbar!

Mark Padmore, Tenor @ Les Lundis Musicaux

Eine unterschwellige Tendenz zur extremen Intoleranz…

Die Chansons grises sind ein kurzer Zyklus von Reynaldo Hahn (1874-1947) aus dem Jahr 1893 über sieben Gedichte von Verlaine. Fauré hatte damals die Cinq Mélodies de Venise abgeschlossen und arbeitete an La Bonne Chanson, Op. 61 (1892/94): Die Beliebtheit des Dichters war daher unter Musikern auf dem Höhepunkt angelangt! Der Fall Claude Debussy (1862-1918) wird etwas anders sein, da er dem Dichter viel treuer bleibt, denn bei  Hahn und Fauré können wir tatsächlich nur von einer Periode Verlaine sprechen. Eher eine Gedicht-Sammlung denn ein Zyklus, präsentieren die Sept Chansons grises kein Argument, keine Geschichte, sondern rufen eine Sensibilität voller Sinnlichkeit hervor, ganz im Sinne des Fin de Siècle.

Julius Drake, Klavier ((c) Les Lundis Musicaux

Winter Words und vieles mehr…

Diese acht von Thomas Hardy (1840-1928) entlehnten Lyrics and Ballads Winter Words, Op.52 wurden im Harewood House erstmals 1953 von Peter Pears (1910-1986) und dem Komponisten gegeben. Sie kennzeichnen sich durch ein Wechsel in der Art von Britten, denn wenn diese Texte  alle vom selben Autor entlehnt sind, der aber im Allgemeinen nach Einheitlichkeit im Ton strebt, wählte er hier aufgrund der Charakter-Kontraste: Notation, umgangssprachlich, malerisch, manchmal umgangs-sprachliche Ausarbeitungen und abwechslungsreiche Stimmbehandlung. Doch hinter der scheinbaren Leichtigkeit des Themas verbirgt sich ein leidenschaftlicher Diskurs über den Konflikt zwischen der Korruption der Welt und der Unschuld der Kindheit, den der Komponist in der Oper The Turn of the Screw (1954) unmittelbar im Anschluss an diesen Zyklus komponierte und behandelte.

PROGRAMME:

Clara Schumann: Sechs Lieder, Op. 13 (Auszüge) Ich stand in dunklen Träumen N°1, Sie liebten sich beide, N°2, Der Mond kommt still gegangen, N°4. Volkslied ; Lorelei ; Liebesfrühling, Op. 12 (Auszug) Liebst du um Schönheit, N°4 ; Robert Schumann: Fünf Lieder, Op. 40, Hans Christian Andersen Lieder Märzveilchen, N°1, Verratene Liebe, N°2, Muttertraum, N°3, Der Soldat, N°4, Der Spielmann, N°5 ; Rebecca Clark: Tiger, Tiger ; Lehte ; Eight O’Clock ; The Sealman. Gabriel Fauré: Cinq Mélodies de Venice, Op. 58 (Auszüge) Mandoline, N°1, En Sourdine, N°2 ; Reynaldo Hahn: Sept Chansons grises (Auszüge) Chanson d’automne, N°1, Tous deux, N°2, L’allée sans fin, N°3, En sourdine, N°4, L’heure exquise, N°5 ; Benjamin Britten: Winterwords, Op. 52  At day-close in November, N°1, Midnight on the Great Western, N°2, Wagtail and Baby, N°3, The little old table, N°4, The Choirmaster’s Burial or the Tenor man’s Story, N°5, Proud Songsters (Trushes, Finches and Nightingales), N°6, At the Railway Station Upway, Or The Convict and Boy with the Violin, N°7, Before Life and after, N°8

Mark Padmore (rechts) und Julius Drake @ Les Lundis Musicaux

 

ZWISCHEN ROMANTIK UND MODERNE - Liederabend im Théâtre des l’Athénée Paris - 6. Mai 2024

Clara und Rebecca: Ein Drang nach Leidenschaft…

Schon seit langem teilen die beiden Musiker die gleiche Liebe zur Musik und Poesie, die in jedem ihrer Interpretationen unüberhörbar ist. Das hier angebotene Programm reicht von deutschen Liedern mit Clara und Robert Schumann über die französische Melodien von Gabriel Fauré und Reynaldo Hahn bis hin zu englischen Songs von Benjamin Britten und der endlich wiederentdeckten Rebecca Clarc.

Letztere, Komponistin und Bratschistin, hat viele inspirierte Seiten für ihr Instrument geschrieben. Ihr melodisches Erbe wird auf dem Kontinent noch sehr wenig erforscht, aber das ändert sich langsam! Ihre Vokalmusik stellt eine eindrucksvolle Verbindung zwischen den klanglichen Impressionismen her, die beide Seiten des Ärmelkanals inspirierten, mit maritimer Kraft und einer gewissen Klangtransparenz. The Sealman, die berühmte Melodie erinnert auf farbenfrohe und kraftvolle Weise an den tragischen Tod einer jungen Frau, die von einem Seeungeheuer, halb Mensch, halb Tier, in die Wellen gezerrt wird: Die Komponistin erkundet mit ihrer expressiven Musik dunkle und grausame tiefe Wasserwelten. Auch Tiger, Tiger ist nach einem besonders gequälten zerrissenen Text von William Blake geschrieben und mit seinen chromatischen Dissonanzen und seinem von der Melodie unabhängigen Klavierpart im Kontrast zu seiner Atmosphären-Inszenierung: Ist es unweigerlich ein weiterer Schritt in einen noch weiteren gequälten absonderlichen ungewissen Abgrund!

Insbesondere bei Clara Schumann und der Lorelei handelt es sich immer noch um ein verratenes junges Mädchen oder vielleicht um eine glitzernde schuppige nasse Rhein-Nymphe mit prächtiger melancholischer Musik, die auf den Wurzeln der deutschen Romantik fußt. Mit den Fünf Liedern von Robert Schumann nach Gedichten des dänischen Dichters Hans Christian Andersen und übersetzt ins Deutsche von  Adelbert von Chamisso, bei dem fünften Lied von Claude Charles Fauriel – nähert sich der Zuhörer dem Thema Intimität und Sensibilität mit Spannung, ohne jedoch den Bereich des Wassers aus den Augen zu verlieren und das in allen seinen Formen.

Der englische Tenor ist eine bekannter Interpret der Passionen  von Johann Sebastian Bach (1685-1750), der gefeierte Künstler Mark Padmore, hat nun die Schwelle von sechzig überschritten. Wenn die Stimme im Ton klar und mutig bleibt, zeigt sie doch schon viele Kratzer, die die Zeit hinterlassen hat. Mit einer Unterstützung, die in den vielen überlangen Sätzen dazu neigt, zu verschwinden oder weniger durchsetzungsfähige Sanftheit und  gebrochenen unschöne Klänge in den Höhen zeigt. Und natürlich auch – und das schon in den jungen Jahren – er singt fast alles mit der Kopf- und Bruststimme. Man muss leider sagen, seine Interpretation klingt zu degeneriert, zu Dekadent: Ja! Wir würden sagen zu künstlich. Es kommt fast nie eine natürliche gesungene Phrase heraus! Für die französischen Melodien von Gabriel Fauré: Mandoline  und En Sourdine, aber auch die von Reynaldo Hahn: Chanson d’Automne, En Sourdine und L’heure Exquisite, trotz eines gut kanalisierten englischen Akzents, der die Gedichte von Paul Verlaine nicht beeinträchtigt: Der gesamte Ton lässt wirklich keine Finesse oder poetische Unmittelbarkeit in der Wiedergabe erkennen. 

Benjamin Britten Büste in Aldeburgh @ IOCO

Sobald sich der Tenor dagegen dem Winter Words-Zyklus von Benjamin Britten nähert, die Leidenschaft und Einzigartigkeit ausstrahlen, kehrt der Interpret  zu seinen Wurzeln zurück. Die Stimme findet dann abwechslungsreichere Farben, auch ihre Breite und vor allem einen präziseren Biss. Dann tauchen doch ab und zu große Emotionen in den acht Songs des Zyklus auf, manchmal mit einer Prise von Humor und Distanz: The Little Old Table oder ernster gesagt in Before Life and After.

Für uns war die grosse Entdeckung die äußerst interessante Komponistin Rebecca Clarc, es ist immer wieder eine wahnsinnige Freude, vergessene oder übersehende Werke zu entdecken: Aber es wird fast zur Sensation, wenn es sich um eine Komponistin handelt und dazu noch um ein großes Talent. Es hat uns Geschmack nach mehr gemacht!

Der Pianist Julius Drake unterstützt seinen Partner sehr aufmerksam und beweist dabei eine durchsetzungsfähige Musikalität und ein Tastgefühl, das der Singstimme besonders  entgegenkommt. Das Publikum im Théâtre de l’Athénée Paris hieß die beiden Interpreten, die in ihrem gemeinsamen Ansatz absolute Aufrichtigkeit bewiesen, mit großer Herzlichkeit willkommen. Es war hinsichtlich der gewählten Werke und Komponisten einmalig und wie schon erwähnt, es war auch besonders einfallsreich wegen der zwei Komponistinnen: Clara und Rebecca! Ja, es war großartig von der mutigen Konzeption…, aber leider sehr enttäuschend von der Ausführung… (PMP/15.05.2024)