Paris, Opéra Comique, MACBETH UNDERWORLD – Pascal Dusapin, IOCO Kritik, 17.11.2023

Paris, Opéra Comique, MACBETH UNDERWORLD – Pascal Dusapin, IOCO Kritik, 17.11.2023
Opéra Comique Paris / MACBETH UNDERWORLD hier Szenenphoto mit Katarina Bradic (Lady Macbeth), Jarrett Ott (Macbeth) © Stefan Brion
l´Opéra Comique Paris © Sabine Hartl, Olaf-Daniel Meyer
l´Opéra Comique Paris © Sabine Hartl, Olaf-Daniel Meyer

l´Opéra Comique Paris

MACBETH UNDERWORLD (2019) – Pascal Dusapin

– Oper in acht Kapiteln nach einem Original-Libretto von Frédéric Boyer; nach MACBETH von William Shakespeare –

von Peter Michael Peters

  • MACBETH ODER DIE GÖTTERDÄMMERUNG IN DER UNTERWELT…
  • On the night we saw voices
  • Woman and man still falling
  • And because they feel that they are falling
  • Oh, they fall, fall in the night.

Die Ermordung von Lincoln…

Die Nachrichten vom April 1865 in Paris sind wie immer, auf jeder Seite übervoll von unserer gewöhnlichen Welt-Geschichte, voller vielfältiger und widersprüchlicher Ereignisse, bei denen das Triviale und das Willkürliche mit dem Dramatischen zusammentrifft.

Der Kaiser Louis-Napoléon Bonaparte III. (1808-1873) bereitet sich auf einen längeren Aufenthalt in Algerien vor und kündigt an, dass Kaiserin Maria Augustina de Montijo (1826-1920), deren wachsender Einfluss seit dem Tod des Grafen Charles Louis de Morny (1811-1865) gefürchtet wird: Die gesamte Macht als Regentin übernehmen wird! Die laute Aufregung um die bevorstehende Eröffnung des neuen Kaufhaus Printemps erstickt die stillen Gerüchte über eine neue Cholera-Epidemie. Die Ermordung des amerikanischen Präsidenten Abraham Lincoln (1809-1865) am 14. April 1865 in Washington löste eine Schockwelle aus, die stark genug war um Studenten-Demonstrationen auszulösen, die „einen offenen Brief der Pariser Studenten an die amerikanische Nation“ richteten, worauf zahlreiche Verhaftungen folgten.

MACBETH UNDERWORLD – Opéra Comique, Paris

Opéra Comique, Paris
[ Mit erweitertem Datenschutz eingebettet ]

Wenige Tage nach der Ermordung von Lincoln in seiner Loge im Ford-Theatre in der amerikanischen Hauptstadt wird ein weiteres politisches Attentat stattfinden. Dieses Mal auf der Bühne des Théâtre Lyrique de Paris: Dasjenige, das die Geschichte von Macbeth (1847) erzählt und zwar in der Vertonung von Giuseppe Verdi (1813-1901). Das Echo dieses traurigen Zufalls wird für die Pariser Öffentlichkeit keine besondere Resonanz finden, selbst in dem Moment der Ermordung von König Duncan, einem König wie Abraham, einem Lamm das auf dem Altar des Pathos und der Macht geopfert wurde. Diesmal wird die Musik von Maestro Verdi keine Emotionen erwecken: Nicht einmal die geringste Träne! Die Leidenschaft des Risorgimento sind nur eine altmodische Geschichte, somit wird das überfüllte Haus in dumpfer Langeweile versinken. Kein Lärm, nicht einmal ein Schimpfwort, um irgendeine Ähnlichkeit zwischen der faszinierenden Manipulatorin Lady Macbeth und der Regentin Kaiserin Eugénie hervorzurufen!