Osnabrück, Theater am Domhof, DER VETTER AUS DINGSDA - Eduard Künneke, IOCO
Wenn der Falsche der Richtige ist
Schrille Künneke-Erfolgsoperette „Der Vetter aus Dingsda“ gefällt im Theater am Domhof
Von Hanns Butterhof
OSNABRÜCK. Silvester rückt heran, und auch dafür steht eine Operette auf den Spielplan des Osnabrücker Theaters am Domhof: Eduard Künnekes „Der Vetter aus Dingsda“ aus dem Jahr 1921 mit dem Libretto von Hermann Haller und Rideamus.
In dem von Christian Thausing tendenziell schrill inszenierten Stück geht es wesentlich um das Erwachsenwerden, um Schein und Sein, um richtig oder falsch. Timo Dentler hat dazu als Einheitsbühne einen etwas abgeschabten Saal mit genug Türen für flotte Auftritte und Abgänge geschaffen, in der sensationell der Mond aufgehen kann. Okarina Peter hat das Ensemble quietschbunt kostümiert, und das Osnabrücker Symphonieorchester unter Benjamin Huth bringt Künnekes eingängige Melodien eindringlich zu Gehör.

Im Mittelpunkt der Handlung steht Julia de Weert, die junge Erbin eines großen Vermögens. Sie steht noch unter der Vormundschaft ihres Onkels Josef Kuhbrot (Jan Friedrich Eggers). Dem dickbäuchigen Choleriker und seiner Frau Wilhelmine, einer überhoch toupierten Blondine (Nadia Steinhardt), geht es nur darum, möglichst lange das Vermögen Julias im Wortsinn verzehren zu können. Gleich zu Beginn sieht man das Paar, wie es sich über mächtige Portionen Fleisch und Wein hermacht, geflissentlich von dem Dienerpaar Hans (Silvio Heil) und Karl (Stefan Kreimer) versorgt.
Julia (Susanna Edelmann) ist eine etwas romantische junge Frau mit regenbogenfarbigem Rock und etwas Rosa im Haar. Sie träumt davon, dass ihr Vetter Roderich zurückkommt, mit dem sie sich vor sieben Jahren ewige Treue geschworen hatte, als er nach irgendwie Dingsda in Asien auswanderte. Noch täglich schickt sie ihm via „Strahlender Mond“ ihre Liebesgrüße.
Julia denkt keine Spur daran, Onkel Josefs Absichten zu folgen und dessen Neffen August zu heiraten, den Josef in kupplerischer Absicht eingeladen hat. Und sie macht sich über die Avancen des reichlich unreifen Egon von Wildenhagen (Daniel Preis) in seinem Anzug mit kurzen Hosen und Rosenmuster lustig.
Als sie von Egon die Mitteilung erhält, dass sie das Vormundschaftsgericht für volljährig erklärt hat, spielt sie voller Übermut mit ihrer kessen, bunt und bauchfrei gekleideten Freundin Hannchen (Marlene Metzger) einem zufällig hereingeschneiten jungen Mann (Florian Wugk) vor, in einem Spukschloss zu sein. Er wird reichlich mit Speise und Trank versorgt und schließlich sogar zum Übernachten eingeladen. Den beiden Frauen gefällt er sehr, lässt sich aber nicht mehr über sich entlocken, als dass er „Nur ein armer Wandergesell“ sei.

In einer netten Anspielung auf Richard Wagners „Lohengrin“ befragt ihn Julia so intensiv, wer er sei, bis sie am Ende zu wissen meint, er sei der ersehnte Roderich. Doch als sich das als falsch herausstellt, entzieht ihm Julia jäh ihre Liebe. Dass er darauf beharrt, um seiner selbst geliebt zu werden, nützt ihm nichts. Julia ist zwar für volljährig erklärt, hat aber die Reifeprüfung in dieser Situation nicht bestanden. Und als dann der richtige Roderich (Dominic Barberi) im silberglänzenden Raumanzug aus einer Rakete steigt, hat Julia ein Problem. Denn der Ersehnte denkt überhaupt nie an sie, sondern ist entschieden zu Freundin Hannchen hingezogen. Doch es gibt für Julia eine zweite Chance.
Christian Thausing hat die Operette gediegen und unterhaltsam inszeniert. Sein Ensemble ist rundum gut besetzt, beweglich und mit schönen Stimmen. Weil Susanne Edelmann und Marlene Metzger singen und tanzen müssen, sind sie oft bis an ihre Grenzen gefordert, wo Florian Wugk die seinen sportlich überspringt. Jan Friedrich Eggers zeigt sein großes komödiantisches Talent und gibt mit Nadia Steinhardt und Daniel Preis viel zu lachen. Silvio Heil und Stefan Kreimer gefallen als Dienerduo.
So stimmig das Osnabrücker Sinfonieorchester unter Benjamin Huth die eingängigen Melodien Künnekes vorträgt, so wenig trägt es die Gesangsstimmen und macht das Verstehen der Gesangstexte zu einer echten Aufgabe.
Nach zweieinhalb Stunden langer Beifall des begeisterten Publikums.
Die nächsten Termine: 27. 12. um 19.30 Uhr, 31.12. um 15.00 und 19.00 Uhr. 18.1. und 29.1. um 19.30 Uhr.