Karlsruhe, Badisches Staatstheater, 48. INTERNATIONALE HÄNDEL-FESTSPIELE, IOCO
Die 48. Internationalen Händel-Festspiele Karlsruhe (20.2.–8.3.2026) präsentieren 28 Veranstaltungen rund um Händels Oper Tamerlano, ergänzt durch Konzerte, Lesungen, Orgelrezitale, Film, Cross-Over und den renommierten Farinelli-Wettbewerb.
von Uschi Reifenberg
PROGRAMM DER 48. INTERNATIONALEN HÄNDEL – FESTSPIELE - KARLSRUHE
VOM 20. FEBRUAR BIS 8. MÄRZ 2026
Auch wenn Georg Friedrich Händel persönlich nie in Karlsruhe war, ist sein Name seit fast einem halben Jahrhundert mit der Fächerstadt verbunden: Alljährlich spüren im Badischen Staatstheater Tausende von Menschen aus aller Welt seinem Geist nach. Im Rahmen eines vielfältigen Angebots mit unterschiedlichsten Formaten wird internationalen Größen (nicht nur) der Barockszene ebenso ein Podium geboten wie vielversprechendem Nachwuchs.
Die Künstlerische Leitung der 48. Internationalen Händel-Festspiele 2026, die vom 20. Februar bis 8. März 2026 in Karlsruhe insgesamt 28 Veranstaltungen präsentieren, liegt erneut in den Händen von Operndirektor Christoph von Bernuth als Künstlerischem Leiter, der Leitenden Opern- und Konzertdramaturgin Stephanie Twiehaus als Kuratorin für das Konzert- und Rahmenprogramm und Orchesterdirektor Oliver Kersken: „Da Händel uns mit seiner Musik und Geisteshaltung noch immer viel zu sagen hat, stehen die Internationalen Händel-Festspiele 2026 wieder unter einem Motto aus der zentralen Festspieloper – Tamerlano –, das diesmal um Wege der Befreiung aus Diktatur und Despotismus kreist ‚Standhaftigkeit und Verachtung sind Waffen gegen die Tyrannei‘ Als Inspiration zieht es sich durch viele Programmierungen, konkret inhaltlich, oder im abstrakten Sinne als künstlerische Selbstbestimmung und Befreiung aus einem starren Regelwerk: Sei es in einer kammermusikalischen Lesung oder in groß besetzten Konzerten mit Staraufgebot, sei es in einem Orgel-Rezital oder in einem hochenergetischen Cross-Over-Projekt. Verstärkt treten wir durch die Wahl unserer Aufführungsorte in den Städtischen Raum und intensivieren unsere Kooperationen, natürlich mit der Händel-Gesellschaft und der Internationalen Händel-Akademie, aber auch mit der Karlsruher Kirchenmusikszene, mit Landesbibliothek und Schauburg. Uns ist wichtig, dass die Händel-Festspiele als städtisches Ereignis wahrgenommen werden und wir laden alle Karlsruherinnen und Karlsruher herzlich ein, zu zweieinhalb an- und aufregenden Wochen – voller Musik, Esprit und internationalem Flair!“

OPERNPROGRAMM
Premiere: Tamerlano
Dramma per musica in drei Akten von Georg Friedrich Händel
Im Zentrum der Händel-Festspiele 2026 steht Händels 1724 uraufgeführte Oper Tamerlano, musikalisch erarbeitet von René Jacobs, mit dem Freiburger Barockorchester und einem erlesenen Cast. Diese Händeloper ist nicht nur für René Jacobs eine der dramaturgisch stärksten und galt schon zur Entstehungszeit als politisches Statement im Hinblick auf Herrschaftsverständnis.
Die Oper wird von Allrounder Kobie van Rensburg in Szene gesetzt, der vielerorts ebenso mit seinem ungewöhnlichen, theatralen Einsatz von Videokunst begeistert. – Diese Oper wird nur bei den Festspielen 2026 gespielt und 2027 nicht wiederaufgenommen.
Wiederaufnahme: Rinaldo
Opera seria in drei Akten (1731) von Georg Friedrich Händel
Mit der Zauberoper Rinaldo legte Händel 1711 den Grundstein für seine beispiellose Londoner Opernkarriere: Nicht nur die Rezeptur der Handlung – Liebe, Wut und Leidenschaft inmitten fantastischer Szenenwechsel, Feuer speiender Monster und blühender Zaubergärten – war ein Erfolgsgarant, auch die Musik traf genau den Nerv des Publikums. Zwanzig Jahre später überarbeitete (und komprimierte) der Komponist seine Oper. Diese selten gespielte Fassung machten Rinaldo Alessandrini und Hinrich Horstkotte zu einem barocken Bühnenspektakel: „Bezaubernd, hintergründig und bildgewaltig“ (BNN). An drei Terminen wird die Oper mit der gleichen Besetzung wieder aufgenommen.
Atalanta
Dramma per musica von Georg Friedrich Händel – konzertant
Händels 1736 in London uraufgeführte italienische Pastoraloper ist eine der wenigen Opern, die seit Gründung der Händel-Festspiele noch nicht in Karlsruhe gespielt wurden. Lars Ulrik Mortensen bringt in der Christuskirche zusammen mit den Deutschen Händel-Solisten die arkadische Welt zum Klingen, in der nicht nur die Verwandlung eines Hirten in die Prinzessin Atalanta zu erleben ist, sondern auch manch angehender Star, darunter Dennis Orellana, der „Farinelli“-Sieger 2025.
Konzerte & Rahmenprogramm
Das Konzertprogramm wird traditionell eröffnet von den Deutschen Händel-Solisten, die bei den vergangenen Festspielen ihr 40-jähriges Bestehen als eigens für die Internationalen Händel-Festspiele Karlsruhe gegründetes internationales Spezialorchester feierten: Im Galakonzert mit Maayan Licht unter Leitung von Attilio Cremonesi singt Starsopranist Maayan Licht Arien voller Bravour und Sentiment von Porpora, Vivaldi und Händel. Sie sind eingebettet in Orchesterwerke von Benjamin Britten, Ralph Vaughan Williams und Arvo Pärt, die ihrerseits ihre Inspiration und Kraft aus der Musik alter Zeiten schöpfen.
Traditionellerweise präsentieren sich einzelne Händel-Solisten in einem Kammerkonzert auch solistisch. „Machtvoll durch Geisteskraft, Überzeugung und innere Stärke.“ – So sehen die diesjährigen Kammermusiker:innen die ausgewählten Triosonaten von Händel, Bach und Telemann, die sie ins Zentrum ihres Konzertes Forza segreta in der Kleinen Kirche Karlsruhe stellen.
Die Deutschen Händel-Solisten spielen auch im glanzvollen Festkonzert mit Andrea Marcon, auf dessen Programm „Concerti, Arien, Duette zwischen Tyrannei und Versöhnung“ stehen. Der gefeierte Alte-Musik-Spezialist Marcon bringt dafür drei Gäste mit nach Karlsruhe: die junge Sopranistin Benedetta Zanotto und den Altus Andrea Gavagnin – beide auf dem Sprungbrett in eine internationale Karriere – sowie einen langjährigen künstlerischen Partner: den renommierten Barockgeiger Gianpiero Zanocco, der u. a. Konzertmeister des Venice Baroque Orchestra war.
Zur Feier des 341. Geburtstags von Georg Friedrich Händel laden die Festspiele erneut zu einem Geburtstags-Salon in den historischen Räumlichkeiten des Stadtpalais Solms, zu einem ungezwungenen Beisammensein in bester Salon-Manier – und mit künstlerischer Inspiration. Zu Beginn des Abends eröffnet Bernhard Hentrich, Händel-Solist und leidenschaftlicher Grammophonexperte, mit vielen Klangbeispielen und einer guten Prise Humor die faszinierende Welt historischer Aufnahmen von Händelwerken. Anschließend sorgen Jazz-Pianist Joe Dinkelbach und Saxofonist Dirk Piezunka mit ihrem eigens für diesen Abend kreierten Händel-Programm für Stimmung. Und zu einer gelungenen Geburtstagsfeier gehören natürlich auch Getränke, Fingerfood und eine Geburtstagstorte, die im Preis inbegriffen sind.
Auch ein trauriger Jahrestag wird programmatisch aufgegriffen:
Am 24. Februar, dem Tag des russischen Überfalls auf die Ukraine, spielt die aus Lwiw stammende und seit Kriegsausbruch in Potsdam lebende Organistin Nadiya Velychko in der Christuskirche ein beziehungsreiches Orgel-Rezital: Ihr Programm vereint Händel-Transkriptionen mit Werken ukrainischer Komponisten von Klassik bis Gegenwart. Darunter auch das titelgebende Werk Libera me, in dem Komponist Svyatoslav Lunyov die Stimme für Freiheit und Demokratie erhebt. Zuvor wird die Organistin kurz in das Konzertprogramm einführen.
In der Evangelischen Stadtkirche ist die große Bandbreite kirchenmusikalischer Werke zu erleben: im Chorkonzert Glanz und Stille sind Händels dramatisches Dixit Dominus, seine festliche Hymne Zadok the Priest, ein Orgelkonzert und Auszüge aus Arvo Pärts meditativer Berliner Messe zu hören. Es singen Solist:innen des Staatstheaters und der Karlsruher CoroPiccolo, der damit auch sein 30-jähriges Bestehen feiert.
Der Historiker Prof. Dr. Markus Koller – Professor für Osmanische Geschichte an der Ruhr-Universität Bochum – beschäftigt sich schon seit Langem mit Timur Lenk, dem faszinierenden historischen Vorbild von Händels Titelfigur Tamerlano.
Im Festvortrag Tamerlan: Eroberer und Mäzen veranschaulicht er die Bedeutung und den komplexen Charakter dieses oft als grausam bezeichneten Herrschers mit großem Kunstverständnis: spannender Stoff auch für eine anschließende Diskussion.

Die musikalische Lesung Die Kunst der Flucht in der Landesbibliothek knüpft an das Thema der politischen Gefangenschaft an und zeigt, auf welche beeindruckende Weise es trotz Haft und Folter möglich sein kann, die innere Flucht anzutreten und Haltung zu bewahren: Nicht selten hat dabei auch (Galgen-)Humor eine entscheidende Funktion. Neben beeindruckenden persönlichen Schilderungen aus Gefängnissen von Sibirien bis Guantánamo, aus China, der Türkei und Deutschland – gelesen von Schauspielerin Antonia Mohr – lässt ein Streichquartett der Deutschen Händel-Solisten mit einer Auswahl aus Bachs meisterhafter Kunst der Fuge spüren, wie wiederum ein Komponist Reglementierungen so ausreizt, dass sich neuer Freiraum eröffnet.
Eine beliebte Tradition der Händel-Festspiele sind die „Cross-over“-Konzerte, in denen Genregrenzen überschritten werden. In diesem Jahr erwartet das Publikum mit Janoska-Ensemble: Revolution! eine musikalische „Revolution“ der ganz besonderen Art. Mit unbändiger Spielfreude und atemberaubender Virtuosität führen die Musiker der aus Bratislava stammenden Familie an Geige, Kontrabass und Flügel bekannt geglaubte Werke von Beethoven bis zu den Beatles in eine neue Dimension. Seit ihrer 2016 erschienenen ersten CD mit Goldstatus gilt ihr „Janoska-Style“ als einzigartig. Auch eine Kooperation mit dem Filmtheater Schauburg ist wieder Teil des Programms: Auf Großleinwand zu erleben ist diesmal Stanley Kubricks mit mehreren Oscars ausgezeichnetes Filmkunstwerk Barry Lyndon von 1975, das anlässlich seines 50. Bestehens aufwendig restauriert wurde.
Fortsetzung eines einzigartigen Gesangswettbewerbs: 2. Farinelli-Wettbewerb für Countertenöre
Mit den Internationalen Händel-Festspielen 2025 wurde vom Künstlerischen Leiter Christoph von Bernuth der weltweit erste Gesangswettbewerb für Countertenöre ins Leben gerufen, dessen Online-Stream mit annähernd 18.000 Aufrufen weltweit und nachhaltig Aufsehen erregte. Mit Spannung erwarten nun Fachwelt und Fans die zweite Runde: Wieder werden 24 Kandidaten vor einer fünfköpfigen Fachjury gegeneinander antreten. Einige von ihnen konkurrieren bereits um den Sonderpreis für Neue Musik, der diesmal im Kleinen Haus ebenfalls in einem öffentlichen Wettbewerbs-Finale vergeben wird. Beim anschließenden Händel-Brunch gewähren Festspielleitung und Wettbewerbs-Jury spannende Einblicke in die Hintergründe des Wettbewerbs.
Zwei Tage später gehen alle Finalisten mit ihrem Barockrepertoire und begleitet von Luca Quintavalle und dem Karlsruher Barockorchester in das Große Finale im Großen Haus, das von der feierlichen Preisverleihung gekrönt wird: Ein spannungsgeladener Abend voller Virtuosität und Emotionen – und auch diesmal weltweit im Livestream auf totalbaroque.com mitzuerleben.
Die Jury 2026 besteht aus Staatstheater-Intendant Christian Firmbach und Mezzosopranistin Vivica Genaux, sowie dem Leiter der Göttinger Händel-Festspiele Jochen Schäfsmeier, der Künstlerischen Leiterin der Innsbrucker Festwochen für Alte Musik Eva-Maria Sens und dem Casting-Experten des Festival d’Aix-en-Provence Cameron Arens.
Folgende Preise werden im Wettbewerb vergeben:
Erster Preis 5.000 Euro (Preis der Händel-Gesellschaft Karlsruhe e. V.)
Zweiter Preis 2.500 Euro (Preis der Händel-Gesellschaft Karlsruhe e. V., Preisstifterin Susanne Freytag (Stellv. Vorsitzende) in Memoriam Christian Freytag)
Dritter Preis 1.000 Euro (gestiftet von Max Emanuel Cencic)
Nachwuchspreis (U25) 1.500 Euro (gestiftet von Yps Knauber/Wordsinmotion)
Publikumspreis 1.000 Euro (Preis gestiftet von den Badischen Neuesten Nachrichten)
Preis für Neue Musik 1.000 Euro (gestiftet von Dr.Ludovit Szabo).
Die Ausschreibungsunterlagen sind auf der Webseite des Badischen Staatstheaters zu finden.

Händel-Gesellschaft Karlsruhe e.V. und Internationale Händel-Akademie
Die Händel-Gesellschaft Karlsruhe e.V. mit inzwischen über 550 Mitgliedern besteht seit 37 Jahren und versteht sich als Schnittstelle zwischen den Händel-Institutionen in Karlsruhe und mit den Händel-Fans national und international. Mit einem Internationalen Händel-Jugendwettbewerb fördert sie seit über 30 Jahren den musikalischen Nachwuchs. Zu dem bisherigen Einzugsgebiet Baden-Württemberg, Südpfalz und dem angrenzenden französischen Département sind seit diesem Jahr in Frankreich die Lorraine und Franche Comté, die Nordwestschweiz und das österreichische Vorarlberg hinzugekommen. Die Preisträger:innen präsentieren sich und ihre vielversprechenden Talente ganz persönlich im Rahmen des Preisträgerkonzerts im Kleinen Haus. In diesem Rahmen wird auch erstmals der Klaus-Froboese-Jugendpreis der Händel-Gesellschaft Halle (Saale) verliehen.
Auch der Ökumenische Festgottesdienst in Kooperation mit der Evangelischen Stadtkirche bleibt eine feste Größe im Programm der Festspiele. Auf dem musikalischen Programm des Gottesdienstes unter Leitung von Kirchenmusikdirektor Christian-Markus Raiser stehen Auszüge aus Händels frühem Kirchenwerk Dixit Dominus, während Liturgie und Predigt sich aus biblischer Perspektive den Festspielen nähern. Der Gottesdienst wird zusätzlich im Livestream übertragen. Außerdem sorgt die Händel-Gesellschaft für zusätzlichen Glanz und Festspielatmosphäre im Theater und in der Stadt u. a. mit Blumenschmuck für die Künstler:innen, Festspielbeflaggung und Händel-Melodien beim Glockenspiel am Marktplatz.
Die Internationale Händel-Akademie ist längst als Forum für international renommierte Künstler:innen und junge Musiker:innen aus aller Welt etabliert, auf dem historische Aufführungspraxis erlernt und neue Ansätze erprobt werden. In diesem Festspieljahr feiert sie ihr 40-jähriges Bestehen und trägt aus diesem Grund ein ganz besonderes Projekt zum Festspielprogramm bei: Unter professioneller Anleitung entwickeln sechs junge Sängerinnen und Sänger gemeinsam mit der Leitung der Händel-Akademie eine Oper auf der Grundlage des Tamerlano-Librettos von Agostino Piovene (1710). Für dieses neue Werk werden dem künstlerischen Profil der Mitwirkenden entsprechende Arien nach historischen Vorbildern zu einem Pasticcio zusammengestellt. Bajazet e Tamerlanowird im Rahmen der Festspiele im Kleinen Haus zur konzertanten Aufführung kommen. Eine Erzählstimme führt durch die Handlung und bringt den Tamerlano-Stoff auch einem jüngeren Publikum (ab ca. 12 Jahren) nah.
Service
Der Vorverkauf für ausgewählte Vorstellungen ist bereits gestartet, ab dem 13. November gehen alle Veranstaltungen in den regulären Verkauf (Mitglieder der Händel-Gesellschaft Karlsruhe e.V. erhalten ein Vorkaufsrecht).
Tickets können vor Ort beim Kartenservice im K. oder online erworben werden. Die Tageskasse des Staatstheaters befindet sich im K., direkt am Ettlinger-Tor-Platz 1.
Das vollständige Programm der Internationalen Händel-Festspiele 2026 ist hier veröffentlicht: https://www.staatstheater-karlsruhe.de/programm/haendel-festspiele/
Dort finden Sie auch den Programmflyer als PDF zum Download.