Hamburg, Opernloft, "Schüsse vor Shanghai", eine Krimi-Oper, IOCO

Hamburg, Opernloft, "Schüsse vor Shanghai", eine Krimi-Oper, IOCO
Opernloft ©Wolfgang Radtke
  1. November 2025

„Crime which my hobby is“ - so singt Mrs. Sedley in Benjamin Brittens Oper „Peter Grimes“. Sicherlich ist „Crime“ auch das Hobby von Susann Oberacker, Regisseurin und Co-Intendantin des Opernlofts im Hamburger Stadtteil Altona direkt an der Elbe neben dem Kreuzfahrt-Terminal gelegen.

Denn „Schüsse vor Shanghai“ ist bereits die vierte von ihr entworfene Opern-Krimikomödie – nach „Tod im Terminal“, „Mord auf Backbord“ und „Spuk auf Steuerbord“ – in der sie sich nun eine mehr oder weniger originelle, auf dem Kreuzfahrtschiff 'MS Opera' spielende Handlung erdacht und diese auf der Reise von Indien bis nach Hawaii mit passenden Arien, Songs und Schlagern zu einem vergnüglichen fernöstlichen 'Pasticcio' zusammengestellt hat, die dann auch – mehr oder weniger – ins Geschehen hineinpassen sollten.

Frederik Essunger und Aline Lettow ©Inken Rahardt

Und so startet die Reise in Indien. An Bord sind die beiden Entertainment-Offiziere, die große schlanke Jasmin (die Altistin Jasmin Désirée Schaff) und der knuffige Freddy (Frederik Essunger, ein hoher Bariton), sowie die skurile Passagierin Aline (die Sopranistin Aline Lettow), eine Art 'Miss Marple' in einem Sherlock-Holmes-Outfit, die vorgibt, sich mit Kriminalfällen gut auszukennen. Mit diesen Dreien steigen wir „in das Traumboot der Liebe“, dem Hit von Caterina Valente aus dem Jahr 1955, hier als Duett gesungen von Jasmin und Freddy.

Frederik Essunger, Aline Lettow und Jasmin Désirée Schaff ©Inken Rahardt

An Deck im Liegestuhl residiert die Passagierin Aline, hinter ihr ein paar Gäste als Statisten. Neben der Treppe zum Oberdeck ist die Bord-Band platziert: Esteban Ravanal als musikalischer Leiter am Klavier und Akkordeon, seine zwei Mitstreiter am Saxophon und Cello.

Zu Indien passen natürlich George Bizets „Perlenfischer“. Aline singt „Comme autrefois“, und da kein Tenor an Bord ist, sangen Aline und Freddy gemeinsam das Freundschaftsduett „Au fond du temple saint“, Aline übernahm auch, sehr gekonnt und schönstimmig, Nadirs berühmte Tenor- Arie „Je crois entendere encore“, und Freddy sang Zurgas Arie „O Nadir“.

Bord-Band ©Wolfgang Radtke

Zum indischen Ambiente paßt natürlich auch Leo Delibes' Oper „Lakmé“, und so durfte hier das bekannte 'Blumenduett' nicht fehlen, bei dem der leuchtende Sopran vonAline Lettow mit der dunklen Altstimme von Jasmin Désirée Schaff wunderbar kontrastierte.

Was nun die Krimi-Handlung betraf, so hörte man einen Schuß, einen markerschütternden Schrei, ein Passagier fehlte an Bord, und dies alles galt es nun aufzuklären. War der fehlende Passagier etwa eine Dame namens Lakmé?

Aline Lettow und Jasmin Désirée Schaff ©Wolfgang Radtke

Es spielt sich so einiges ab „Unter fremden Sternen“, das wußte bereits Freddy Quinn, dessen Erfolgsschlager hier nun von Bordoffizier Freddy zum besten gegeben wurde.

Mittlerweile war „Das blaue Boot der Sehnsucht“ (ein Song der Blue Diamonds aus dem Jahre 1962) im Chinesischen Meer gelandet. Was lag also näher als Franz Léhars „Land des Lächelns“ seine Aufwartung zu machen. Und so hörten wir Alines lyrisch-jugendlichen Sopran mit „Ich möcht' wieder einmal die Heimat sehen“, „Bei einem Tee à deux“, „Freunderl, mach dir nichts draus“, und Freddy schmetterte „Dein ist mein ganzes Herz“.

„Ein Schiff fährt nach Shanghai“, das war die nächste Station des Kreuzfahrtschiffes 'MS Opera' (wunderbar wurde dieser Lale-Andersen-Schlager von Jasmin und Freddy interpretiert), und wir erlebten eine „Blaue Nacht am Hafen“ (auch diesen Song sang die unvergessliche Lale Andersen 1952), hier gesungen von Jasmin und auf dem Akkordeon begleitet von Esteban Ravanal.

Jasmin Désirée Schaff und Esteban Ravanal © Inken Rahardt

Auf der Suche nach dem verschwundenen Passagier gelangten die drei Protagonisten nun in den Maschinenraum des Schiffes – per Video auf die Leinwand projiziert – und sie entdeckten tatsächlich eine dort liegende Person. Doch wer es war, wurde nicht aufgeklärt – vielleicht nur ein betrunkener Matrose. Damit wurde das gespannte Publikum in die Pause entlassen, um im zweiten Teil zunächst weiter auf die Folter gespannt zu werden.

Freddy mit seiner hohen Baritonstimme überraschte die Zuhörer im zweiten Teil mit einem durchaus gelungenen „Nessun dorma“, während Aline nun als Show-Act in einem üppigen Geisha-Kostüm in die Rolle der Cio-Cio-San schlüpfte, ein wunderschönes, innig empfundenes „Un bel di vedremo“ sang, gefolgt vom Blumenduett gemeinsam mit Jasmin, in dem beider schön timbrierten Stimmen wiederum zu reinstem Wohlklang verschmolzen, und Butterflys Todesarie „Tu, tu, piccolo iddio“.

Aline Lettow als Butterfly ©Wolfgang Radtke

Die Auflösung dieses sogenannten Kriminalfalls war dann doch etwas platt, denn es war keiner. Der Schuß war gar kein Schuß, der Schrei war kein Todesschrei, vielmehr war das alles viel Lärm um nichts. Oder doch? Aus dem Lautsprecher informierte die Kapitänin, daß ein Matrose im Golf von Bengalen über Bord gefallen sei.

Die letzten Nummern waren der Lolita-Schlager „Seemann, deine Heimat ist das Meer“, gesungen und charmant getanzt von Jasmin, und da die 'MS Opera' sich nun auf dem Wege von Japan nach Hawaii befand, sangen alle den Judy-Garland-Song „Somewhere over the Rainbow“ in der Hawaiianischen Version als Medley mit Louis Armstrongs „What a wonderful World“. Gefehlt hat hier eigentlich nur noch „Hey Käpt'n, fahr' nach Hawaii“ von den Peanuts.

Das Ensemble beim Schlußapplaus ©Wolfgang Radtke

Den Abschluß bildete dann der von allen gesungene Klassiker „Red Sails in the Sunset“, zu dem das begeisterte Publikum im ausverkauften Opernloft die drei Sänger Aline Lettow, Jasmin Désirée Schaff und Frederik Essunger für ihre eindrucksvollen gesanglichen, darstellerischen und auch tänzerischen Leistungen feierte und auch die drei Musiker in den Schlußapplaus mit einbezog.

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