Hamburg, Opernloft, FUSSBALLOPER - Inken Rahardt, IOCO

OPERNLOFT - Hamburg: Kurz vor dem Ende der jetzigen Spielzeit 2023-24 und rechtzeitig vor Beginn der Fußball-Europa-Meisterschaft hat das Hamburger Opernloft am 31.5.2024 ein vergnügliches Projekt in den Spielplan aufgenommen, nämlich eine sogenannte „Fußball-Oper“ ....

Hamburg, Opernloft, FUSSBALLOPER - Inken Rahardt, IOCO
Hamburg Altona / OPERLOFT © Opernloft

 von Wolfgang Schmitt

Kurz vor dem Ende der jetzigen Spielzeit 2023-24 und rechtzeitig vor Beginn der Fußball-Europa-Meisterschaft hat das Hamburger Opernloft am 31.5.2024 ein vergnügliches Projekt in den Spielplan aufgenommen, nämlich eine sogenannte „Fußball-Oper“. Auch wenn man sich als Opernliebhaber  möglicherweise  nicht so sehr für Fußball interessiert, so hatte man als solcher ebenfalls seinen Spaß an dem gebotenen Spektakel auf dem grünen Rasen, der im Zuschauerraum des Opernlofts ausgerollt wurde mit den links und rechts angedeuteten Toren, während vorn und hinten die Zuschauertribünen – Ostkurve und Westkurve – aufgebaut waren.

Fußballoper vor Premiere - im Opernloft youtube - Hamburg 1 Fernseheen

Hausherrin Inken Rahardt führte Regie und bot eine 90-minütige rasante Fußball-Show, voller Energie und Kampfgeist, in die sie alles hineinlegte, was sich während zweier Halbzeiten so alles auf einem Fußballfeld ereignen kann: Angriff, Sturm, Anrempeln, Foul, Elfmeter, gelbe Karte, rote Karte, und immer wieder Tore, Tore, Tore. So viele Ideen und Gags wurden aufgeboten, daß man sich gar nicht alle merken konnte, um sie hier wiederzugeben. Und zwischendurch gab es immer wieder die „Olé-Olé“-Gesänge.

Die Fußball-Mannschaft bestand zwar nur aus drei Spielern und drei Spielerinnen, aber diese boten allen Ehrgeiz auf, den großen Sieg davonzutragen. Und das nicht nur im sportlichen Sinne, sondern vor allem auch, was das gesangliche Programm in diesen 90 Minuten anging.

Aline Lettow und Freja Sandkamm, Sopran, Johanna Bretschneider, Mezzosopran, Ljuban Zivanovic, Tenor, Jeffrey Herminghaus, Bariton und Bruno Vargas, Bass, gefielen als wahre Champions und bewiesen über beide Halbzeiten Dynamik, Kraft sowie sportliche und sängerische  Leistungsfähigkeit.

Unter der musikalischen Leitung von Amy Brinkman-Davis, die mit ihrem kleinen Ensemble das große ehrgeizige Programm so unterschiedlicher Musikrichtungen bewältigte, zeigten die sechs Protagonisten neben ihren sportlichen Talenten ihr ganzes gesangliches Können auf, egal ob im Bereich Oper, Musical oder Pop, so daß der Abend fast zu einem „Greatest Hits“-Event wurde: von Mozart über Verdi und Puccini bis Richard Strauss, von Vivaldi und Händel über Weber bis Carl Orff.

OPERLOFT - FUSSBALLOPER hier die Solisten @ Wolfgang Radtke

Überraschend war die Zusammenstellung der einzelnen Nummern, z.B. wenn auf Osmins Arie „Oh wie will ich triumphieren(Bruno Vargas) gleich Siebels „Blumenarie“ aus Gouods „Faust“ und  Harlekins „Lieben, hassen, hoffen, zagen“ aus „Ariadne auf Naxos“ folgte, danach die englische und die französische Nationalhymne gesungen wurde, und daran anschließend „Ritorna vincitor“ aus „Aida“ und "Queen's „We are the Champions“.  Oder wenn Aline Lettow die wunderschöne Butterfly-Arie „Un bel di vedremo“ sang und die anderen Solisten dann gemeinsam „O Fortuna“ aus Orffs „Carmina burana“ anstimmten.

Originell war der ironisch persiflierende Auftritt von Freja Sandkamm als geldgierige Spielerfrau mit Pelzjäckchen, blonder Langhaarperücke und großer Sonnenbrille, bei dem sie ein Medley aus Marilyns „Diamonds are a Girl's best Friend“, James Bond's „Diamonds are forever“, Madonnas „Material Girl“, und den Beatles-Hit „Lucy in the Sky with Diamonds“ sang.

Das Ende der ersten Halbzeit bildete Freja Sandkamms witzig komische Persiflage auf  den Wencke-Myhre-Hit von 1969, „Er steht im Tor“.

Der sportliche Charakter dieser Show stand auch in der zweiten Halbzeit im Vordergrund unter den Augen der gestrengen Schiedsrichterin, die großzügig gelbe und rote Karten verteilte.

Jeffrey Herminghaus empfahl sich mit der Arie des Escamillo „Votre toast“ für die im Opernloft in der kommenden Spielzeit geplante Carmen-Neuinszenierung, und ebenso tat dies Johanna Bretschneider mit Carmen's Arie „L'amour est un oiseau rebelle“.  

Ljuban Zivanovic glänzte im Verlauf de Abends mit der Arie des Max aus dem Freischütz „Nein, länger trag' ich nicht die Qualen“, „Nessun dorma“ aus Turandot, und „E lucevan le stelle“ aus Tosca.

Aline Lettow war als Fußball verkleidet, sie trug einen weißen Ballonrock mit schwarzen Punkten und mußte sich oft ins Tor schießen lassen. Neben der Butterfly-Arie sang sie „Dich teure Halle“ aus Wagners „Tannhäuser“, Eliza Doolittles „I could have danced all Night“ aus My fair Lady“, sowie die Mozart-Duette „Bei Männern welche Liebe fühlen“ aus der „Zauberflöte“ und „Reich mir die Hand mein leben“ aus „Don Giovanni“  mit ihrem Bariton-Kollegen Jeffrey Herminghaus, der noch „Mein Sehnen, mein Wähnen“ aus Korngolds „Die tote Stadt“, Malatestas Arie „Bella siccome und angelo“ aus Donizettis „Don Pasquale“, sowie ein Duett aus Irving Berlin's „Annie get your Gun“ gemeinsam mit Johanna Bretschneider zum Besten gab.

Bruno Vargas hatte große Momente mit Kaspars Arie „Schweig, schweig, damit dich niemand warnt“ aus Webers „Freischütz“, mit Mephistos „Vous qui faites l'endormie“ aus Gounods „Faust“, und mit einer Vivaldi-Arie.

OPERLOFT - FUSSBALLOPER - Szenefoto @ Wolfgang Radtke

Ihre Vielseitigkeit stellte Freja Sandkamm unter Beweis, indem sie im Verlauf des Abends einerseits die Arie der Königin der Nacht, „Der Hölle Rache“ (originell als gackerndes Huhn), andererseits Salome's „Ich habe deinen Mund geküßt“ und „Pace Pace“ aus Verdis „La Forza del Destino“ vortrug und als trommelnde Schiedsrichterin mit frenetischem Applaus belohnt wurde.

Gemeinsam stimmten die sechs Sänger noch den Jägerchor aus Webers „Freischütz“ an, ebenso die italienische, die serbische und die deutsche Nationalhymne. Auf Queen's „We will rock you“ folgte Wagners „Walkürenritt“.

„You'll never walk alone“ hat sich besonders bei den Fans des Hamburger Fußballclubs FC St.Pauli zur Vereinshymne entwickelt, und sicherlich wissen die wenigsten, daß dieses Lied aus dem Musical „Carousel“ von Richard Rodgers und Oscar Hammerstein stammt.

Beendet wurde dieser großartige Abend mit Beethovens „Ode an die Freude“, aber unter dem enthusiastischen Applaus sowohl des Fußball- als auch des geneigten Opern-Publikums gab es noch eine Zugabe, sozusagen als der „Rausschmeißer“ in Form von „Libiamo, Libiamo“ aus Verdis „La Traviata“,  das paßt immer, zu jedem Anlaß !!

                                                                                                                               Wolfgang Schmitt