Hamburg, Kanzlei Dr. Strate, Lesung Michael Göring, Seungyeon Lee, Klavier, IOCO

Hamburg, Kanzlei Dr. Strate, Lesung Michael Göring, Seungyeon Lee, Klavier, IOCO
Seungyeon Lee, Michael Göring copyright Diana Princeataia 

  1. Mai 2025

Eine eindrucksvolle Lesung und Klaviersoiree veranstaltete Dr. Gerhard Strate in den Räumen seiner Kanzlei. Michael Göring las aus seinem neuen Roman Algund. Seungyeon Lee präsentierte am Flügel Kompositionen von Rachmaninow und Schubert, die im Roman Erwähnung finden.

Neben seinem Wirken als Schriftsteller ist Michael Göring insbesondere als früherer Leiter der ZEIT-Stiftung und durch sein Wirken als Professor für Kultur- und Medienmanagement an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg bekannt.

 

Sein schriftstellerisches Werk hat er mit seinem fünften Roman erweitert. Algund ist ein Rückblick und ein Einblick in die Seelenzustände der Protagonisten. Er beschäftigt sich mit Themen wie den Prägungen in der Jugend, dem Einfluss von geschichtlichen Begebenheiten, aber auch den äußeren Zeitumständen wie Krieg in Europa auf die eigene Entwicklung, die Befindlichkeit und die Veränderung von Standpunkten.

Hauptfiguren des Romans sind zwei Jugendfreunde und ihre Frauen. Die Paare haben sich mehr als zehn Jahre nicht gesehen, entfremdet und wollen nun aber 50 Jahre nach ihrem Abitur der Freunde in Algund in Südtirol einen einwöchigen Urlaub erleben.

Michael Göring copyright Diana Princeataia 

 

Lutz und Tom und ihre Frauen erleben in der gemeinsamen Woche eine Zeit voller Rückblicke und unerwartete Dynamiken. Michael Göring begann die Lesung mit der Anreise von Lutz und seiner Frau. Dort verfällt Lutz in die Erinnerungen an die kriegsversehrten Lehrer und sein Wiedersehen mit Tom auf einem Klassentreffen. Diese setzt er dann mit Rückblicken auf Sylt-Ferien der Freunde und den weiteren Lebensweg bis zur Heirat fort. Plastisch gelingen Schilderungen von tragischen und glücklichen Momenten, die prägende Momente der Männer erzählen. Anschaulich und emotional mitreißend nahm Michael Göring die Hörer mit seiner literarischen Phantasie und der Kraft seines Vortrages in die jeweiligen Erlebnisse mit. Durch seine Vortrage wurde die Ausdruckskraft des Textes noch suggestiver vermittelt. So erlebten die Besucher die Anfälle der Lehrer oder die Reiserelbenisse der Jugendlichen noch intensiver mit und mancher dürfte an ähnliche Jugenderinnerungen gedacht haben.

 

Göring setzte diese Episoden mit der Lesung einer Wandertour des Quartetts fort. Dort entwickelt Lutz plötzlich Höhenangst. Sobald sie sich in einem Gasthof befinden hebt eine Diskussion über den Ukraine-Krieg an, der sich in der Gaststube ausbreitet.

Auch diese Passage wirkte nach, weil Göring die Diskussionen in vielen Familien komprimiert und pointiert zusammenfasst. Daran schloss sich eine Episode einer ungewöhnlichen Flucht einiger Landwirte am Schalsee an. Hintergrund war ein ein Gebietstausch von Briten und Russen im Herbst 1945. Da die Grenze zwischen beider Zonen nicht gerade war wurde jener Austausch von Gebieten vereinbart, den die Landwirte von Lassahn zum Opfer fielen. Binnen eines Tages mussten sie entscheiden, ob sie „sowjetisch“ werden oder die Flucht über den vereisten See mit ihren Tieren antreten wollen. Göring las auch diese Episode aus seinem Roman, mit der er das das Schicksal jener fast 3000 Menschen und ihre Umsiedlung in die britische Zone beschrieb. Anrührend und eifühlsam wurde diese außergewöhnliche Fluchtgeschichte anrührend und packend beschrieben und gelesen.

Gebannt und konzentriert folgte ihm das Publikum. Durch seine Lesung bestärkte er den Eindruck, dass er mit Algund ein überaus lesenswertes Buch vorgelegt hat, das alle Generationen betrifft und berührt. Themen der Vergangenheit, die noch heute in uns nachwirken und drängende aktuelle Fragen werden in die Szenerie eines Ferienaufenthaltes eingebettet und erörtert.

Diese und die weiteren gelesenen Auszüge aus dem Roman machten auf die Leser einen starken Eindruck. Görings modulierter und involvierter Vortrag, seine Gedanken über die Kriegsenkelgeneration und den ihr mitgegebenen Rucksack voller Erinnerungen und Traumata machten nachdenklich und wirkten fort. Großer Applaus dankte für die Lesung.

Ein weiterer Höhepunkt des Abends waren die musikalischen Beiträge der Pianistin Seungyeon Lee. Sie interpretierte Ausschnitte aus den „Moment Musicaux“ von Rachmaninow die Nr. 3 op. 16 und das Impromptu Nr. 3 Op.90 von Schubert.

Seungyeon Lee copyright Hildegard Demgenski

Düster und rabenschwarz nahm sie Rachmaninows Komposition. Trotz des kurzen gespielten Ausschnittes vermittelte sie einen intensiven Eindruck in die Abgründe und die Schwärze des Werkes. Ihre Wandlungsfähigkeit und interpretatorische Reife zeigte erneut bei Schuberts Impromptu Nr. 3 Op.90. Flink und behend perlten Schuberts Noten durch den Saal. Weiche Anschläge paarte sie mit Energie und Poesie. Dadurch gelang es ihr, das Leuchten und die Größe der Komposition vollendet strahlen zu lassen. Gerade für Schubert ist sie durch ihr anmutiges und fein austariertes Spiel besonders geeignet.

Das Publikum dankte ihr mit großem Applaus.

Read more

Hamburg, Staatsoper, "PIQUE DAME", Tschaikowsky, 3. Mai 2025

Hamburg, Staatsoper, "PIQUE DAME", Tschaikowsky, 3. Mai 2025

Peter Tschaikowskys (1840-1893) Oper „Pique Dame“ ist eine faszinierende und tiefgründige musikalische Adaption des gleichnamigen Romans von Alexander Puschkin. Ein beispielhaftes Werk russischer Opernkunst, welches durch seine musikalische Schönheit und seine intensiven Charakterstudien besticht. „Pique Dame“ zählt neben seinem „Eugen Onegin“ und seinen Balletten „Schwanensee“ und „Der Nussknacker“ zu den

By Wolfgang Schmitt