Hamburg, Kammeroper, DIE LUSTIGE WITWE, F. Lehár, IOCO

Hamburg, Kammeroper, DIE LUSTIGE WITWE, F. Lehár, IOCO
Ensemble ©Patrick Sobottka
  1. Dezember 2025 Premiere

Franz Lehár (1870 – 1948) war einer der bedeutendsten Komponisten der Operettenkunst, und sein Name ist besonders mit der Erschaffung eingängiger, melodisch reicher Liebes- und Abenteuer-Operetten verbunden. Circa 40 Operetten stammen aus seiner Feder, darunter so wunderbare romantische Werke wie „Der Zarewitsch“, „Der Graf von Luxemburg“, „Das Land des Lächelns“, „Paganini“, „Giuditta“ oder „Zigeunerliebe“. Doch seine erfolgreichste, bekannteste und am meisten aufgeführte Operette ist die 1905 komponierte „Lustige Witwe“. Und mit dieser ersten Neuproduktion der jetzigen Spielzeit 2025/26 konnte die Hamburger Kammeroper ihre Operetten-Erfolgsserie der vergangenen Spielzeiten – „Land des Lächelns“, „Fledermaus“, „Orpheus in der Unterwelt“, „Csardasfürstin“ – nun nahtlos fortsetzen.

Titus Witt/Danilo und Anete Liepina/Hanna Glawari ©Patrick Sobottka

Die Inszenierung lag diesmal in den Händen von Regisseur Lars Wernecke, der das Stück für die Bühne der Kammeroper passend bearbeitet hatte, und der mit seiner pointierten, humorvollen Personenführung, mit viel Gespür für Situationskomik und mit herrlichen Revue-Einlagen das Premierenpublikum mitzureißen verstand. Höchst amüsant gelang hier besonders das von Sabine Barthelmess originell choreographierte Männer-Ballett der sechs männlichen Protagonisten beim schweren „Studium der Weiber“.

Schwungvoll ging es sogleich los mit der Ouvertüre, zu der die Solisten durch den Zuschauerraum auf die Bühne marschierten. Ettore Prandi hatte Lehárs herrlich orchestrierte Partitur wieder einmal so geschickt für sein kleines Orchester bearbeitet, daß die Streicher, nebst Oboe und Fagott, die klangliche Farbigkeit des Werkes, die vielen dahinschmelzenden romantischen Passagen, die zu einer Wiener Operette absolut dazugehörende Walzerseligkeit, in nahezu jedem Moment der gesamten Aufführung wunderbar veranschaulichen und nachzeichnen konnten.

Kathrin Kegler entwarf das funktionale, schön anzuschauende geometrische Bühnenbild mit einem die Hälfte der Bühne einnehmenden bunten Fächer und transparenten Seitenwänden im ersten Teil, dem angedeuteten Pavillon und ein paar weiße Korbsessel im zweiten Teil, je nach Szene passend und stimmungsvoll ausgeleuchtet.

Die geschmackvollen Kostüme entwarf Irène Favre. Prachtvolle Roben in schwarz-gold für Hanna Glawari und nachtblau für Valencienne, später geblümte elegante Kreationen. Auch die Herren sahen nobel aus in ihren Outfits, egal ob Frack, Smoking oder in geblümten weißen Sommer-Anzügen. Ein besonderes Augenmerk legte sie auf die Frisuren: hoch aufgetürmte Haartracht für die Damen, ein China-Zopf für Rosillon, eine kunstvoll gelegte Elvis-Haartolle für den Baron Mirko Zeta, ein Dutt für Saint-Brioche, eine Popper-Frisur für Njegus. Im Vergleich hierzu sahen Danilo und Cascada Frisuren-technisch relativ normal aus.

Paulina Ovádková/Valencienne und Anete Liepina/Hanna Glawari ©Patrick Sobottka

In gesanglicher Hinsicht war es ebenfalls ein beglückender Abend. Mit Lust und Freude warfen sich die Protagonisten in ihre Partien, allen voran Anete Liepina, eine Operettendiva par excellence, die die Hanna Glawari mit verführerischer Koketterie, mit Charme und Eleganz präsentierte – sogar ein sportliches Radschlagen vollführte sie in einer Ballettszene –, und auch gesanglich glänzte sie mit ihrem wohlklingendem, strahlenden lyrischen Sopran von Beginn an, von ihrer Auftrittsarie “Bitte meine Herren - Hab' in Paris ...“ über das gefühlvolle “Vilja-Lied“ bis zum Schlußduett mit Danilo „Lippen schweigen“.

Paulína Ovádková sang die „anständige Frau“ Valencienne – aparte Gattin des Barons Mirko Zeta mit einer Schwäche für den jungen Camille de Rosillon – temperamentvoll mit ihrem hellen, höhensicheren Sopran, gestaltete ihre Partie mit funkelnder Intensität und gefiel insbesondere auch in ihren Duetten mit Camille de Rosillon, gesungen von dem spielfreudigen Tenor Berus Komarschela, der mit lyrischem Schmelz die schönen Arien von der „Rosenknospe“ und dem „kleinen Pavillon“ zum Besten gab und auch in den vielen Ensembles herausstach.

Berus Komarschela/Rosillon und Paulina Ovádková/Valencienne ©Wolfgang Radtke

Treffend besetzt war der Graf Danilo mit Titus Witt. Diese Partie kommt nicht nur seinen stimmlichen Möglichkeiten, sondern auch seinem komödiantischen Talent wunderbar entgegen. Nicht nur seine Arie „Da geh' ich ins Maxim“, sondern auch seine Szenen und Duette mit Hanna Glawari – sehr amüsant das „Lied vom dummen Reiter“ – sowie das von ihm angeführte perfekt choreographierte Männer-Ballett waren weitere Glanzpunkte.

Pauschales Lob gilt den Sängern der weiteren Partien: Simon Thorbjörnsen als Baron Mirko Zeta, Robert Elibay-Hartog als Vicomte Cascada, und Ignacio Munoz als Saint-Brioche. Sie alle erfüllten ihre Partien mit großem Engagement und vollem Einsatz, und hier besonders in der bereits erwähnten Szene vom „Studium der Weiber“, mit der der erste Teil beendet und der zweite Teil begonnen wurde.

Auch die komische Rolle des Njegus gehörte zu dem hervorragenden Männer-Sextett, hier dargestellt und mitgesungen von dem Tänzer Henry Klein, der auch noch gemeinsam mit der erwähnten Choreographin Sabine Barthelmess als Grisettenpaar einige humorvolle Tanzszenen ausführte.

Das Ensemble beim Schlußapplaus ©Wolfgang Radtke

Der nicht enden wollende Applaus vonseiten des begeisterten Premierenpublikums zeugte davon, daß die Kammeroper mit dieser Neuinszenierung der „Lustigen Witwe“ im nicht gerade Operetten-verwöhnten Hamburg wieder einmal einen bedeutenden Erfolg verzeichnen kann.

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