Düsseldorf, Düsseldorfer Schauspielhaus, DER MENSCHENFEIND - Komödie von Moliere, IOCO

Düsseldorf, Düsseldorfer Schauspielhaus, DER MENSCHENFEIND  - Komödie von Moliere, IOCO
Düsseldorfer Schauspielhaus, Foto: ingenhoven-architects

Fassung von Botho Strauß

Regie: Sebastian Baumgarten

 Premiere – 25. 10. 2025

 

von Rainer Maaß

Schauspielhaus Düsseldorf, der Menschenfeind, Foto: Thomas Rabsch

 

Die subtile Tyrannei der Oberflächlichkeit

 

Manche Dinge brauchen einen neuen Anstrich, wenn sie in die Jahre gekommen sind. Bei der Neuinszenierung von Molieres wohl berühmtester Komödie wurde dies von Anfang an sehr wörtlich genommen. Schon beim ersten Blick auf die Bühne ist der Zuschauer in der Jetztzeit. Keine Spur von gepuderten Perücken, teuren Garderoben oder anderem Schickimicki vom Hofe des Sonnenkönigs. Stattdessen drei Anstreicher, die fleißig eine Bühnenwand bearbeiten, bis es richtig zur Sache geht.

 Was damals Molière am Hofe Ludwig XIV. aufzeigen wollte, ist auch heute wieder aktuell: die Frage der Ehrlichkeit. Wie ehrlich müssen/ sollen/können/dürfen wir Menschen sein?

  • Gibt es höfliche Lügen?
  • Muss ich wirklich immer die Wahrheit sagen?
  • Ist sie in der Liebe ein Muss oder eher hinderlich?
  • Und wie steht es mit der Wahrheit in Politik und Presse?

 Das Stück beantwortet diese Fragen auf sehr lebendige, überraschende Weise. Mal mit original Molière Texten, tagesaktuellen Einsprengseln, mit musikalischen und komischen Elementen. Sebastian Baumgarten und sein Team servieren einen Theater-Cocktail, der Extraklasse.

 

Schauspielhaus Düsseldorf, der Menschenfeind, Foto: Thomas Rabsch

Molières Held heißt Alceste (Claudius Steffens). Ein trauriger Held, der sich selbst Menschenfeind nennt, weil ihn seine Mitmenschen so nennen. Alceste ist ein Außenseiter. Ihn quält die Verlogenheit der anderen. Die heucheln, schmeicheln und lügen ohne Hemmungen. Gelästert wird nur hinter dem Rücken.

 Alceste macht da nicht mit. Er ist konsequent. Er spricht gnadenlos aus was er denkt. Selbst wenn es für ihn zum Nachteil gereicht. Egal was auch passiert. Aber er hat eine Schwäche. Er ist total verliebt, unglücklich verliebt, in die schöne Célimène (Minna Wündrich). Auch mit ihr gibt es Probleme, denn Célimène gehört genau zu dem Personenkreis, dessen Verhalten Alceste so verabscheut.

 Zu allem Unglück hat nicht nur Alceste ein Auge auf die schöne Célimène geworfen.

Es gibt einen ernsthaften Konkurrenten. Oronte (Sebastian Tessenow)! Der hat in diesem Stück sicher den spektakulärsten Auftritt: Er fällt quasi vom Himmel. Oronte hat ein Gedicht für die von beiden angebetete Frau geschrieben. Voller Inbrunst bringt er es zum Vortrag. Alceste hat dazu eine glasklare Meinung: „Ein Mann von Ansehen sollte sich beherrschen können und nicht gleich, wenn’s ihn juckt, irgendwelche Gedichte schreiben.“ Soviel Wahrheit hat natürlich eine Beleidigungsklage zur Folge.

Schauspielhaus Düsseldorf, der Menschenfeind, Foto: Thomas Rabsch

 

Nach diesem fulminanten Auftakt will Alceste die schöne Célimène der verlogenen Welt entreißen. Er ist sicher, der schlechte Umgang würde ihren guten Charakter verderben. Doch alle Bemühungen scheitern. Sie lebt nach der Devise ‚gleich herzlich sein mit jedermann‘.

Sie liebt die Schmeichellein und Komplimente und stört sich nicht an Spott und Häme. So ist das Leben halt. Am Ende will Alceste sie zwingen, sich für ihn zu entscheiden. Er bietet ihr an, gemeinsam mit ihm die Stadt zu verlassen. Raus aus dem Dickicht der Städte.

 Célimènes Antwort ist ein Highlight dieser Vorstellung: Sie verpackt sie in eine geradezu geniale Rede. In künstlicher Lautsprache. Ohne echte Worte zu sprechen, vermitteln ihre Laute was sie fühlt und was sie will. Es macht Freude dieser „Kunst-Rede“ zu lauschen. Die Zuschauer haben sie verstanden: Sie hat NEIN gesagt. Alceste wird ohne sie in die Einöde gehen, in der er und die Wahrheit ungestört sein werden.

Schauspielhaus Düsseldorf, der Menschenfeind, Foto: Thomas Rabsch

 

Der Menschenfeind in dieser Fassung und mit diesem Ensemble ist ein sehenswertes Stück.

Das Publikum der Premiere war begeistert.

 

 

 

 

 

 

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