Dresden, Richard-Wagner-Stätten Graupa, Dresdner Musikfestspiele mit Werken der Romantik auf Tour durch Sachsen, IOCO

3. April 2025
Die Dresdner Musikfestspiele werfen ihre Schatten voraus
Jan Vogler & Freunde spielen in den Wagnerstätten Graupa Werke von Haas, Wagner und Mendelssohn Bartholdy
Zur Einstimmung auf den dritten Jahrgang ihres Projektes „The Wagner-Cycles“ mit Richard Wagners „Ring des Nibelungen in historischer Aufführungs-Praxis“ begannen die Dresdner Musikfestspiele im April 2025 mit einem Programm um das „Siegfried-Idyll“ eine Tournee innerhalb Sachsens. Die -Konzertreihe begann am 3. April 2025 im Saal der Wagnerstätten Graupa mit einer Bearbeitung von Motiven aus dem dritten Teil des Zyklus, des „Siegfried-Idylls WWV 103“.Im Anbetracht der aufgeheizten Weltlage und zur Erinnerung an den 80. Jahrestag der Beendigung der faschistischen Herrschaft in Deutschland, aber auch im Hinblick auf Wagners Antisemitismus-Tendenzen, wurde das zentrale Stück des Konzertes von Werken jüdischer Komponisten eingerahmt, die entweder während der Nazizeit im Lande entstanden waren oder während dieser Zeit daselbst nicht gespielt werden durften.
Pavel Haas: „Studie für Streichorchester“
Der in Brünn geborene Pavel Haas (1899-1944) gehörte zu jenen jüdischen Musikern, die in das von den deutschen Faschisten für propagandistische Zwecke in Theresienstadt eingerichtete Vorzeige-Konzentrationslager für prominente und ältere jüdische Mitbürger verbracht worden waren, um dort ein „normales Ghettoleben“ vorzutäuschen. Im Konzentrationslager hatte sich Pavel Haas seit dem Dezember 1941, nachdem er eine anfängliche Depression überwunden hatte, mit anderen Musikschaffenden um die Organisation eines kulturellen Lebens bemüht. Als begabtester Schüler Leoš Janáčeks (1854-1928) begann er auch wieder Werke zu komponieren, die für eine Aufführung unter den eingeschränkten Möglichkeiten des Ghettos geeignet waren. Überliefert sind aus dieser Zeit seine Kompositionen „Al S'fod“ für Männerchor, „Vier Lieder nach Worten chinesischer Poesie“ für Bariton und Klavier sowie die „Studie für Streichorchester. Von weiteren fünf seiner Kompositionen fehlt das Notenmaterial, darunter „Variationen für Klavier und Streichorchester“ sowie „Durchwachte Nacht“ für Bläserquintett mit Chor. Von diesen Arbeiten des Pavel Haas existieren nur Berichte von deren Aufführung in Theresienstadt.
Als am 23. Juni 1944 das Vorzeige-Ghetto des Konzentrationslagers Theresienstadt von einer Kommission des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz besichtigt wurde, erfolgte vor den „Besuchern“ die Uraufführung der „Studie für Streichorchester“ von Pavel Haas durch das Lagerorchester mit dem Dirigat des gleichfalls deportierten Karel Ančerl (1908-1973). Der ebenfalls internierte Regisseur Kurt Gerron (1897-1944) wurde von der SS gezwungen, unter dem Titel „Der Führer schenkt den Juden eine Stadt“ einen Propagandafilm zu inszenieren, in dem auch Haas zu sehen ist. Im Oktober 1944 wurde Haas, wie auch Gerron nach Auschwitz gebracht und unmittelbar nach der dortigen Ankunft ermordet.
Der Musik des Pavel Haas merkte man die problematischen Umstände der Entstehung der Komposition nicht an, bleibt doch das Stück denkbar weit von jeder Niedergeschlagenheit entfernt. Kraftvoll und selbstbewusst war die Tondichtung voller lebendiger Texturen mit volkstümlichen Überlagerungen und Reflexionen. Selbst eine gewisse Ausgelassenheit war zu spüren, sollte doch die Musik die Mitgefangenen aufmuntern, unterhalten und aus ihrer Lethargie reißen. Die Streicher der Mendelssohn-Oktett-Interpretation, ergänzt durch die Kontrabassistin Antonia Hadulla, hatten sich der selten gespielten Partitur engagiert angenommen und professionell zu Gehör gebracht.
Dem folgte als zentrales Werk des Konzertes Richard Wagners „Siegfried-Idyll WWV 103“, bei dessen Darbietung dem Orchesterklang des 20. Jahrhunderts nachgespürt werden sollte. Den Streichern hatte man Darmsaiten aufgespannt und die Bläser mit aus den Arsenalen auffindbaren aufgearbeitete oder nach den Möglichkeiten nachgebaute Instrumente ausgerüstet:
Tiefe Dankbarkeit über die Geburt des Sohnes Siegfried, die Fortschritte bei der Arbeit an der gleichnamigen Oper sowie das Wissen, durch seine Familie einen idealen Schaffensraum gefunden zu haben, veranlassten den Musikdramatiker Richard Wagner (1813-1883) im Jahre 1870 sich als Symphoniker und Privatmann kompositorisch zu betätigen.