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Hamburg, Allee Theater, Der Liebestrank – in der Hamburger Kammeroper, IOCO Kritik, 06.10.2021

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Wolfgang Schmitt
06. October 2021
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Allee Theater Hamburg / Kammeroper und Theater für Kinder © Dr Joachim Flügel
Allee Theater Hamburg / Kammeroper und Theater für Kinder © Dr Joachim Flügel

Allee Theater Hamburg

 DER LIEBESTRANK  –   in der Hamburger Kammeroper

von Wolfgang Schmitt

Ein Besuch der Hamburger Kammeroper im Allee Theater ist immer wieder ein höchst erfreuliches Erlebnis, wenn man feststellt, mit wie viel Engagement, Liebe und Phantasie diese kleine Bühne sich auch an die größeren Klassiker der Opernliteratur herantraut.

Die Spielstätte der 1996 aus der Taufe gehobenen Hamburger Kammeroper ist das Allee-Theater an der Max-Brauer-Allee im Hamburger Stadtteil Altona. Das Allee-Theater mit seinen 215 Plätzen ging hervor aus dem 1968 ins Leben gerufenen „Theater für Kinder“. Nach der Gründung der Kammeroper firmiert dieses charmante kleine Theater mit der rot-goldenen Bestuhlung nunmehr unter „Allee-Theater“ – Eine Bühne, zwei Welten -, nachmittags gibt es Stücke für Kinder wie Rumpelstilzchen, Der Zauberer von Oz, Däumelinchen, Karneval der Tiere, abends gibt es dann Große Oper.

Liebestrank – in der Hamburger Kammeroper
youtube Trailer Allee Theater Hamburg
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Zu Beginn dieser neuen Spielzeit stand nun Gaetano Donizettis komische Oper Der Liebestrank auf dem Spielplan. Für die amüsante Inszenierung zeichnete der jetzige Hausherr, Intendant Marius Adam persönlich verantwortlich, und was er hier, zusammen mit seiner Bühnenbildnerin Monika Diensthuber sowie der Kostümbildnerin Hannah Petersen auf die Bühne zauberte war höchst beachtlich und originell. In dieser von Barbara Hass erarbeiteten deutschen Textfassung ist Nemorino ein „Baywatch“-Bademeister irgendwo an der italienischen Adria-Küste, Adina und Giannetta sind zwei Strandschönheiten, Dulcamara ein Strandverkäufer, und Belcore ein schneidiger Marineoffizier. Blauer Himmel und Meer, Palmen, eine Strandbar mit Restaurant, Liegestühle, Sonnenschirme, sogar eine echte Dusche, das waren Requisiten, die beim Betrachter gute Stimmung und Urlaubsfreude aufkommen ließen. Nemorino in weißem Tennisdress, dezent tollpatschig und verklemmt, schüchtern und gehemmt, aber anrührend, wie er um die Liebe seiner angebeteten Adina wirbt, wurde von dem australischen Tenor Paul Sutton überzeugend gefühlvoll dargestellt. Seinem höhensicheren, perfekt und ebenmäßig geführtem lyrischen Tenor entlockte er Glanz und weiche Phrasierungen. Seine Arien „Welche Schönheit, welche Anmut“ und besonders natürlich „Oh wie so innig lieb’ ich sie“ (Una furtiva lagrima) brachten ihm den frenetischen Beifall des Publikums ein. 

Allee Theater Hamburg / Kammeroper - Der Liebestrank - hier: Nemorino und Adina © Dr Joachim Fluegel
Allee Theater Hamburg / Kammeroper – Der Liebestrank – hier: Nemorino und Adina © Dr Joachim Fluegel

Seine von ihm angeschmachtete Adina, die er mit Liebesgaben wie einem Teddy oder mit einem Plastik-Hai zu gewinnen sucht, wurde von Natascha Dwulecki ansprechend gesungen. Sie verfügt über einen geschmeidigen, wendigen lyrischen Sopran mit warmer Höhe, gestaltete die Partie zunächst gelangweilt und genervt von Nemorinos Werben, macht sich lustig über die Geschichte von Isolde und ihrem Zaubertrank, bis sie schließlich doch dem Charme des durch den Trank nun selbstbewußt auftretenden Nemorino erliegt und endlich einwilligt ihn zu heiraten, was hier allerdings wohl weniger an dem Trank lag – hier war es Himbeersaft – als an der Erbschaft von seinem verstorbenen Onkel. Die Partie ihrer Freundin Giannetta sang Anne Elizabeth Sorbara mit blitzsauberem, perlenden Koloratursopran, sie gab sich quirlig, kokett und äußerst spielfreudig. Ihre Partie wurde hier ziemlich aufgewertet mit zwei durchaus passenden Einlagen, so wurde für sie eine Arie aus Donizettis „Linda di Chamonix“ (Tardi troppo) eingefügt, ebenso ein Song aus dem Musical Cabaret, Money makes the World go round, welches sie als Duett mit dem ebenfalls in die Handlung eingebauten Kellner der Strandbar, Nino (Alexx Grimm), amüsant vortrug.

Allee Theater Hamburg / Kammeroper - Der Liebestrank - hier: Nemorino und Adina © Dr Joachim Fluegel
Allee Theater Hamburg / Kammeroper – Der Liebestrank – hier: Nemorino und Adina © Dr Joachim Fluegel

Ein weiteres Highlight dieses Abends bot Robert Elibay-Hartog als eitler, selbstherrlicher, von sich überzeugter Belcore, ganz der Casanova in schneidiger Marineoffiziers-Uniform. Gleich bei seinem ersten Auftritt legte er einen Strip hin und stellte sich unter die am rechten Bühnenrand installierte Dusche, sehr zum Vergnügen des Publikums. Er verfügt über einen virilen, kräftigen Kavaliersbariton und bot wie seine Kollegen Gesang auf hohem Niveau. Titus Witt, langjähriges Ensemblemitglied der Kammeroper, in schlampigem Trenchcoat gewandet, sang den liebenswerten, schlitzohrigen Strandverkäufer Dulcamara souverän mit sonorem Bassbariton, spielfreudig, jedoch niemals mit übertriebenem, aufgesetztem komödiantischem Gebaren. Ettore Prandi war Dirigent des sehr kleinen Orchesters; er leitete den Abend routiniert, inspiriert und in diesem Rahmen auch durchaus temperamentvoll.

Am Ende gab es lang anhaltenden Beifall des amüsierten Publikums für alle Mitwirkenden

Der Liebestrank an der Hamburger Kammeroper, Vorstellungen bis 17. Oktober 2021, Buchbar auch mit 4-Gänge Opernmenü  (bitte mindestens drei Tage im Voraus buchen)

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