Hamburg, Elbphilharmonie, Rotterdam Philharmonic Orchestra, IOCO Kritik, 17.03.2017

Hamburg, Elbphilharmonie, Rotterdam Philharmonic Orchestra, IOCO Kritik, 17.03.2017

Elbphilharmonie Hamburg

Elbphilharmonie Hamburg / Lasershow zur Eröffnung © Ralph Lehmann
Elbphilharmonie Hamburg / Lasershow zur Eröffnung © Ralph Lehmann

Das Rotterdam Philharmonic Orchestra

 Bernstein - Chopin - Rachmaninow

Von Sebastian Koik

Der erste Auftritt des Rotterdam Philharmonic Orchestra am 15.3.2017 in der Elbphilharmonie beginnt mit der Symphonischen Suite „On the Waterfront“ von Leonard Bernstein. Die Suite basiert auf der einzigen Filmmusik, die Bernstein schrieb und für den Oscar nominiert wurde. Auf Deutsch heißt der Film mit Marlon Brando „Die Faust im Nacken“. Film und Musik porträtieren das raue Milieu der New Yorker Hafenarbeiter. Es passiert musikalisch sehr viel und sehr Verschiedenartiges in den 20 Minuten der Suite. Es ist ein sehr lebendiges, vielfältiges, interessantes Stück, reich an Klangfarben, Stimmungen, Rhythmen, Tempi, Dynamik. Es ist teilweise sehr perkussiv, extrem rhythmisch. Teilweise sehr zärtlich, vor allem in den Geigen und der Querflöte. Teilweise sehr melancholisch-schwelgend. Es gibt wunderbar flirrende Streicher zu hören und Schlagwerke, die sich austoben können. All das großartig gespielt vom Orchester! Sie spielen Biss und knackiger Präzision, bauen große Spannung auf und spielen in den lauten und massiven Stellen mit größtem Selbstbewusstsein und Mut.

Das zweite Stück des Abends ist das Klavierkonzert Nr. 1 e-Moll von Frédéric Chopin. Das Orchester gefällt hier weniger als zuvor, spielt nicht kraftvoll, nicht lebendig, nicht knackig genug. Etwas blass. Es wirkt leicht träge, etwas zu langsam, etwas verschleppend. Auch der Pianist Jan Lisiecki, sicherlich ein Könner, den auch schon großartig in Hamburg gehört wurde, überzeugt heute nicht ganz. Der Klang des Flügels strahlt und funkelt nicht so schön, wie er könnte. Im Spiel von Lisiecki wird in diesem Konzert für mein Empfinden ein Teil vom Klangpotential und vom möglichen Farbreichtum verschluckt. Auch hat Jan Lisiecki schon präziser und sauberer gespielt. Natürlich ist das Kritik auf sehr hohem Niveau. Im zweiten Satz baut das Orchester von Beginn an gute Spannung auf und zieht das durch, kommt aber dennoch etwas bieder rüber, erst recht im Vergleich zum Bernstein-Stück zuvor. Im dritten Satz ist schon der Beginn nicht energisch und bissig genug. Das Orchester klingt hier nicht entschlossen genug. Das Publikum ist dennoch begeistert. Als Zugabe spielt Jan Lisiecki das c-Moll-Nocturne op. 48/1 von Chopin, ein lange sehr langsames und leises und am Ende lautes und massives Stück, das der junge Pianist mit viel Gefühl und Tiefe spielt. Nicht perfekt, aber sehr gut.

Elbphilharmonie Hamburg / Konzertsaal der Elbphilharmonie © Iwan Baan
Elbphilharmonie Hamburg / Konzertsaal der Elbphilharmonie © Iwan Baan

Nach der Pause als letztes Stück Sergej Rachmaninows letztes vollendetes Werk, die Sinfonischen Tänze op. 45. Das Orchester spielt energisch, präzise, selbstbewusst. Zu Beginn wird eine unschuldige, idyllisch-paradiesische Welt von den Holzbläsern hinaufbeschworen. Dann kommen himmlisch-weiche Streicher. Teilweise ist viel Licht in der Musik, das ist ein wunderschönes Hörerlebnis! Durchweg ist das Spiel des Orchesters packend und spannungsgeladen. Voller Überzeugung. Ob kraftvoller, vorwärtstreibender Rhythmus oder zartere und auch melancholische Klänge, über weite Strecken nahe an der Vollkommenheit. Der Dirigent Yannick Nézet-Séguin dirigiert das Konzert mit seinen Armen und seinem Körper, ohne Taktstock und begeistert das Hamburger Publikum mit seiner Leidenschaft.

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