Osnabrück, Theater am Domhof, Der Revisor von Nikolai Gogol, IOCO Kritik, 08.09.2016

Osnabrück, Theater am Domhof, Der Revisor von Nikolai Gogol, IOCO Kritik, 08.09.2016
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Theater Osnabrück

Boulevardesker Aktionismus aus Absurdistan von Hanns Butterhof - "In Gogols „Revisor“-Welt, die Christin Treunert als verkommene Kneipe gestaltet hat, gibt es keine guten Menschen. Jeder betrügt jeden, so gut er kann, jeder der kauzigen Typen hat Dreck am Stecken, angefangen beim Bürgermeister (Thomas Kienast), der sein Amt zur gewissenlosen Bereicherung missbraucht, über ........"

Osnabrück / Theater am Domhof © Marius Maasewerd
Osnabrück / Theater am Domhof © Marius Maasewerd

Boulevardesker Aktionismus aus Absurdistan

Der Revisor im Theater am Domhof

Flacher Einstieg für den neuen Schauspielchef Schnizer mit Gogols Komödie „Der Revisor“.  Von Hanns Butterhof

 Osnabrück / Theater am Domhof_Der Revisor_Bürgermeister und Ensemble © Marek Kruszewski
Osnabrück / Theater am Domhof - Der Revisor - Bürgermeister und Ensemble © Marek Kruszewski

Es gibt Korruption auf der Welt! Und schlechte Menschen dazu. Osnabrücks neuer Schauspielchef Dominique Schnizer hat Nikolai Gogols hundertachtzig Jahre alte Komödie „Der Revisor“ als Einstieg gewählt, um für den schlimmen Zustand der Welt zu sensibilisieren. Aber er verlässt sich zu sehr auf die ewige Aktualität des Themas. Statt es in glaubhaften Figuren lebendig werden zu lassen, liefert er kalten Kaffee aus Absurdistan.

In Gogols „Revisor“-Welt, die Christin Treunert als verkommene Kneipe gestaltet hat, gibt es keine guten Menschen. Jeder betrügt jeden, so gut er kann, jeder der kauzigen Typen hat Dreck am Stecken, angefangen beim Bürgermeister (Thomas Kienast), der sein Amt zur gewissenlosen Bereicherung missbraucht, über den bestechlichen Richter (Klaus Fischer) bis zur Leiterin des Hospitals (Cornelia Kempers), deren Patienten entweder von alleine gesunden oder ohne teure medizinische Versorgung sterben müssen.

Osnabrück / Theater am Domhof - Der Revisor und Frau des Bürgermeisters © Marek Kruszewski
Osnabrück / Theater am Domhof - Der Revisor und Frau des Bürgermeisters © Marek Kruszewski

Nur als ein Revisor aus der Hauptstadt angekündigt wird, der inkognito den Verbleib der staatlichen Zuschüsse an die Provinzstadt unter die Lupe nehmen soll, hört für einen kurzen Augenblick das Hauen und Stechen auf. Der bauernschlaue Bürgermeister organisiert eine Farce, die dem Revisor eine wohlgeordnete Stadtverwaltung vorgaukeln soll.

Es macht Spaß, Thomas Kienast im schlampigen Militärmantel und Pelzmütze zuzusehen, wie er seine Figur mit allen Facetten dörflicher Dämonie ausstattet. Autoritär bringt er seine Leute auf Kurs, andererseits kriecht er schmeichelnd vor dem vermeintlichen Revisor. Um dessen Gunst zu gewinnen, sieht er sogar darüber hinweg, dass der sich hemmungslos an seine dafür ganz offene Frau (Christina Dom) heranmacht.

Dieser Revisor ist alles andere als der erwartete. Das schmale Bürschchen im hellen Anzug,  dem Janosch Schulte eine fast sympathische Unbekümmertheit gegenüber der Wahrheit gibt, ist nur ein kleiner Beamter, der in der Stadt wegen Geldmangels gestrandet ist. Er wird erst durch die Unterstellung der übrigen, er sei der Revisor, zunehmend lustvoll zu dem, was sie sich unter einem Revisor gerne vorstellen wollen: jemand, der nicht genau hinschaut, aber genau so korrupt ist wie sie.

So ewig aktuell Korruption und Schlechtigkeit der Menschen sind, so wenig berühren die schrill überzeichneten Figuren, die bei aller heutigen Kostümierung nicht viel mehr sind als ins Absurde getriebene Stereotypen ihrer jeweiligen Schlechtigkeit. Mehr als sich über sie amüsieren, gar von ihnen eine tiefergehende Auskunft über den Zustand unserer Welt zu erhalten, ist nur bei größerer gedanklicher Anstrengung möglich.

Nach zwei bei allem boulevardesken Aktionismus nicht immer fesselnden Stunden gab es viel Beifall für das bemühte Ensemble. Von Hanns Butterhof

Der Revisor in Osnabrück: weitere Vorstellungstermine 10. und 20.9.2016 jeweils um 19.30 Uhr, am 18.9. um 15.00 Uhr.

---| IOCO Kritik Theater Osnabrück |---