Hagen, Theater Hagen, Jesus Christ Superstar - Andrew Lloyd Webber, IOCO Kritik, 18.01.2014

Hagen, Theater Hagen, Jesus Christ Superstar - Andrew Lloyd Webber, IOCO Kritik, 18.01.2014
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Theater Hagen

Theater Hagen bei Nacht © Stefan Kuehle
Theater Hagen bei Nacht © Stefan Kuehle

Jesus Christ Superstar - Andrew Lloyd Webber

Die letzten sieben Tage Jesu -  Moderne Rockoper

von Viktor Jarosch

Andrew Lloyd Webber, 22.3.1948, Komponist von Jesus Christ Superstar war musikalisch vorbelastet:

 

Vater Komponist, Mutter Pianistin. Mit 9 Jahren schrieb er eine erste Suite. Am etablierten Londoner Royal College of Music lernte Webber Gesang und Kompositionslehre. Bald danach sollte er der populärste Musical-Komponist der Welt sein.

23 Jahre alt und unbekannt war Webber, als er am 12. Oktober 1971 mit Jesus Christ Superstar seinen ersten und bis heute populären Welterfolg landete. Weitere Erfolge folgten: Evita, Cats, Starlight

 

Express, Phantom der Oper und mehr. Geschickte Vermarktung der Musicals machten Webber zum Milliardär. Mit viel Geld engagiert sich Webber für die Erhaltung verfallener, alter Kirchen in England.

Theater Hagen / Jesus Christ Superstar / Ensemble und Jesus © Kuehle
Theater Hagen / Jesus Christ Superstar / Ensemble und Jesus © Kuehle

Jesus Christ Superstar ist keine locker, flockige Bühnenshow um Herz, Schmerz mit garantiert glücklichem Ausgang. Webber zeichnet recht bibelgetreu die letzten sieben Tage Jesu nach, vom Einzug in Jerusalem bis zur Kreuzigung. Webbers Ziel: „Christus aus der luftigen Höhe der Kirchenfenster herabholen“. Die Sicht des Apostels Judas treibt die Handlung: Judas ist darin kein leichtfertiger Verräter, welcher Jesus für ein paar Silberlinge ausliefert. Judas fürchtet vielmehr, dass die grenzenlose Bewunderung der Bevölkerung Jesus von der Mission für Liebe und Brüderlichkeit abbringt; er warnt Jesus vor Kaiaphas. Judas´ Seelenpein und Zweifel sind in dieser Rockoper die Ursachen für seinen Verrat. Im Vatikan sah man das Stück, offizielle Äußerungen dazu klangen sehr entspannt..

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Weitere Vorstellungen Jesus Christ Superstar  am Theater Hagen: 24. Januar 2014, 29.1.2014, 15.2.2014, 21.2.2014; 1. März 2014, 16.3. 2014; 1. April 2014;  6.4.2014; 17.4.2014; 30.4.2014; 4. Mai 2014; 9. Mai 2014

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Webber komponiert diese Rockoper mit großer Partitur. Und das Theater Hagen produzierte eine große Rockoper reinsten Wassers. Eine Rockband mit drei E-Gitarren, E-Bass, Schlagzeug, Klavier und Synthesizer füllt das Theater mächtig zur Ouvertüre. Um sich in später mit dem großen philharmonischen orchesterhagen (4 Hörner, 3 Posaunen, 3 Trompeten, Harfe, Kontrabass…) zu mischen und eine hoch emotionale Klangwelt zu schaffen. Neunzehn Musiknummern charakterisieren prägnant wie sensibel jede Leidensstation Jesu, jede Handlung. Zum orchestral klanglichen Höhepunkt wird im letzten Bildes der Oper die Grablegung Jesus Christ. Verdeckt im hinteren Bühnenteil platziert, leitet Dirigent Steffen Müller-Gabriel 40 Musiker, steuern Tontechniker 64 Mikrophone und schaffen gemeinsam am Theater Hagen ein rockig emotionales Klangerlebnis besonderer Art.

Die Inszenierung der Passionsgeschichte gestaltet Regisseur Thilo Borowczak facettenreich wie stringent: Lichteffekte (Beleuchtung Hans-Joachim Köster) begleiten die Handlung von naivem Sommerhimmel zur Ouvertüre über drohende Lichtkegel hin zu tragischem Sterbelicht. Modern lässige, klassische wie skurrile Ausstattung und Kostüme (Lena Brexendorff) differenziert die Protagonisten der Handlung wirkungsvoll lebendig auf einer ansonsten unauffälligen Drehbühnenkonstruktion. Jesus Christ im weißer Freizeitkleidung ist durchtätowiert, die Hohepriester und Kaiaphas verurteilen in klassisch-dunklen Straßenanzügen während Herodes mit Gespielinnen von Drogen vollgedröhnt über die Bühne rappt und Jesus verspottet. Das Volk Judäas, die Jünger mit Strickmützen und moderner Freizeitkleidung zeigen Jesus Christ Superstar optisch als Teil unserer Gegenwart.

Theater Hagen / Jesus Christ Superstar / Herodes © Kuehle
Theater Hagen / Jesus Christ Superstar / Herodes © Kuehle

Dominiert wird die Premiere am Theater Hagen von der großen Kraft des Ensemble, welches wie im Rausch singt, tanzt, leidet. Hannes Staffler lebt den Jesus mit hoher Rocktenorstimme, drückt die Ambivalenz des vom Volksheld zum Gekreuzigten gestürzten, blutvoll aus. Carsten Lepper, lebt

 

den „undankbaren“ Widerpart des Judas in dunkler Tönung; fordert Jesus mit seinem „Heaven on their minds“, „Damned for all Time“ heraus. Frappiert bewundert man immer wieder die Breite wie Leistungsfähigkeit des Hagener Ensembles: Marylin Bennet, in vielen verschiedenen Partien am Theater Hagen bewundert, bringt die Partie der Maria Madgalena stimmungsvoll mitleidend, ihr großes Lied „I don´t know how to Love him“ in sentimentalem Musical-Timbre. Rainer Zaun liefert in weißen Anzug die perfekte Charakterstudie eines innerlich zerrissenen Pontius Pilatus. Anders Richard von Gemmert, ebenfalls Hagener Ensemblemitglied, welcher mit dem hagenballett in einer bizarren wie großartig abgedröhnten Gesangs- wie Tanzeinlage frei aller Zweifel Jesus auffordert,  Wasser in Wein zu verwandeln oder zu verschwinden. Orlando Mason mit schwarzem Bass lenkender und sehr präsenter  Kaiaphas und seine Hohepriester sehen durch Jesus den Staat in Gefahr; sie sind Jesus´ wahre Gegenspieler: Jesus must die (Jesus muss sterben) leben, singen und befehlen die Hohepriester in grauen Geschäftsanzügen kühl, konsequent wie mitreißend, die Gefährlichkeit „Jesus“ für ihre Priesterkaste sachlich befindend.

Theater Hagen / Jesus Christ Superstar/ Jesus Pilatus Kaiaphas © Kuehle
Theater Hagen / Jesus Christ Superstar/ Jesus Pilatus Kaiaphas © Kuehle

Jesus´ Ende ist bekannt. Auch im Theater Hagen siegt am Ende die Nomenklatura: Polizei in Kampfanzügen verhaftet Jesus. Judas, Holzbläser und die Harfe des großen orchesterhagen begleiten ergreifend das Sterben Jesus und beenden eine lebendige wie authentische Premiere von Jesus Christ Superstar am Theater Hagen. Das ausverkaufte Haus war aus dem Häuschen und feierte Ensemble, Regisseur. Viele ausverkaufte Jesus Christ Superstar Vorstellungen werden folgen, ist man sicher, ohne Weissagungen - von wem immer -  gehört zu haben.

Theater Hagen / Jesus Christ Superstar / Ensemble nach Premiere © IOCO
Theater Hagen / Jesus Christ Superstar / Ensemble nach Premiere © IOCO

Dem zur Premiere wegen Krankheit verhinderten Intendanten Norbert Hilchenbach, oberster Vater dieses erneuten Erfolgs,  gratuliert  IOCO heftig herzlich.

IOCO / Viktor Jarosch / 20.01.2014

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Weitere Vorstellungen Jesus Christ Superstar  am Theater Hagen: 24. Januar 2014, 29.1.2014, 15.2.2014, 21.2.2014; 1. März 2014, 16.3. 2014; 1. April 2014;  6.4.2014; 17.4.2014; 30.4.2014; 4. Mai 2014; 9. Mai 2014

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