Wien, Theater an der Wien, Wozzeck von Alban Berg, IOCO Kritik, 31.10.2017

Wien, Theater an der Wien, Wozzeck von Alban Berg, IOCO Kritik, 31.10.2017
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Theater an der Wien

Theater an der Wien, Linke Wienzeile © IOCO
Theater an der Wien, Linke Wienzeile © IOCO

 Wozzeck von Alban Berg

Libretto nach einem Dramenfragment von Georg Büchner

Von Marcus Haimerl

Für die Produktion von Alban Bergs Wozzeck im Theater an der Wien entschied man sich für eine reduzierte Orchesterfassung (musikalische Bearbeitung von Eberhard Kloke). Auch das Bühnenbild von Gideon Davey für die Regie von Robert Carsen bleibt hier eher reduziert. Zwei tarnfarbige Säulenformationen mit Seilen bespannt, an welchen ebenso in grünbraunen Tarnfarben gehaltene Vorhänge den Bühnenraum verkleinern oder vergrößern und rasche Szenenwechsel ermöglichen. Die restliche Ausstattung ist ebenso eher klein gehalten und begnügt sich mit Sesseln oder einer Matratze. Schließlich wird auch kein Schilf geschnitten, stattdessen streichen Andres und Wozzeck den Kasernenboden. Hier liegt der Fokus auf den Figuren, dem erniedrigten, verhöhnten Wozzeck, dem Hauptmann, dem Doktor und dem Tambourmajor, seinen Peinigern und natürlich auf Marie, welche in dieser Produktion an der Nadel hängt, um der Realität wenigstens kurzfristig entfliehen zu können. Konsequent bleibt die Regie. So wird am Ende für Maries Knabe ein Gewehr zum Steckenpferd, auf welchem er einsam den anderen Kindern zur Leiche seiner Mutter hinterherhopst. Ein zukünftiges Opfer einer grausamen Welt…

Theater an der Wien / Wozzeck von Alban Berg - hier Florian Boesch als Wozzeck © Werner Kmetitsch
Theater an der Wien / Wozzeck von Alban Berg - hier Florian Boesch als Wozzeck © Werner Kmetitsch

Florian Boesch ist ein unglaublich intensiver Wozzeck, mit unterdrückter Aggression, verzweifelt und hilflos und verfügt auch über das stimmliche Potenzial dieser gebrochenen Figur. Lise Lindström singt die Marie leidenschaftlich und berührend. Sie hat sich hier in ihr Schicksal gefügt und arrangiert sich mit ihrer Umgebung. Dämonisch und ohne Mitgefühl singt Stefan Cerny den Arzt mit sonorem Bass und beeindruckt im Publikum nachhaltig. Auch auf hohem Niveau John Daszak als Hauptmann und Aleš Briscein als Tambourmajor. Aufhorchen ließ Kristján Jóhannesson in der Partie des zweiten Handwerksburschen. Im Dezember wird der junge isländische Bariton die Partie des Gunther in Wagners Ring-Trilogie im Theater an der Wien singen. Beachtliche Leistungen aber auch vom Rest des Ensembles: Benjamin Hulett als Andres, Juliette Mars als Margret, Lukas Jakobski als erster Handwerksbursche und Erik Årman als Narr.

Leo Hussain leitete die Wiener Symphoniker mit starker Hand, wusste mit dem Orchester kraftvoll die Kontraste in Bergs Partitur herauszuarbeiten und war auch den Sängern stets ein optimaler, rücksichtsvoller Partner.

Qualitäten die auch das Publikum zu schätzen wusste und mit entsprechendem Jubel und Applaus quittierte.

Wozzeck im Theater an der Wien  Keine weiteren Vorstellungen in der Spielzeit 2017/18