Salzburg, Landestheater, DER FLIEGENDE HOLLÄNDER – Richard Wagner, IOCO

Wagners Fliegender Holländer entfaltet in der Felsenreitschule außergewöhnliche Intensität: Carl Philip von Maldeghem und Stefanie Seitz schaffen eine klare, spannungsvolle Bildwelt, getragen von einem starken Ensemble um Derek Welton und Magdalena Hinterdobler.

Salzburg, Landestheater, DER FLIEGENDE HOLLÄNDER – Richard Wagner, IOCO
Salzburger Landestheater – Ansicht Landestheater © Anna-Maria Löffelberger

von Marcus Haimerl

Mit der zentralen Opernproduktion der laufenden Saison zeigte das Salzburger Landestheater Richard Wagners Der fliegende Holländer in der Felsenreitschule – einem jener prägnanten Spielorte der Salzburger Festspiele, den das Haus in regelmäßigen Abständen für ausgewählte Projekte bespielt. Die besondere Architektur dieses offenen Raumes, mit seinen steinernen Arkaden und der charakteristischen Tiefenwirkung, prägt jede Aufführung auf eigene Weise. Vor diesem Hintergrund entfaltet Wagners frühes Musikdrama eine atmosphärische Spannung, die sich von der normalen Bühnensituation des Landestheaters deutlich unterscheidet und der Inszenierung eine zusätzliche Dimension verleiht.

Richard Wagners Der fliegende Holländer entstand aus einer biografischen Erfahrung, die sich tief in sein Werk einschreiben sollte: der dramatischen Überfahrt auf dem Segelschiff Thetis, mit dem er 1839 vor seinen Gläubigern aus Riga floh. Die raue See, der Sturm und die Begegnung mit norwegischen Küstenorten lieferten jene atmosphärischen Eindrücke, die später den Grundton des Werkes prägen. Ursprünglich verfasste Wagner einen ersten Entwurf, den er – aus finanzieller Not – an die Pariser Oper verkaufte. Dieser Stoff wurde dort von Pierre-Louis Dietsch unter dem Titel Le vaisseau fantôme vertont; Wagners Anteil blieb jedoch marginal. Erst danach entwickelte Wagner sein eigenes Libretto und die Musik zum Holländer, der am 2. Januar 1843 unter seiner Leitung im Königlichen Hoftheater Dresden uraufgeführt wurde. Das Werk markiert jenen Moment, in dem sich Wagners musikalisch-dramatische Handschrift erstmals deutlich abzeichnet: kompakt, motivisch konzentriert und getragen von der Idee einer Erlösung, die hier noch ganz im Zeichen romantischer Seefahrt steht.

Das Werk erzählt die Geschichte des Seefahrers Daland, der in einem Sturm dem geheimnisvollen Holländer begegnet, einem Verfluchten, der ruhelos über die Meere fahren und nur alle sieben Jahre an Land darf – bis ihn die treue Liebe einer Frau erlöst. Daland sieht darin seine Chance und verspricht dem Fremden die Hand seiner Tochter Senta. Diese wiederum, die sich seit Langem in die Legende des Holländers hineinsteigert, fühlt sich ihm schicksalhaft verbunden; ihr Verehrer Erik kann sie vergeblich vor diesem Entschluss warnen. Als der Holländer glaubt, Senta könne ihm nicht treu sein, will er sich seinem Fluch ergeben, doch Sentas bedingungslose Treue führt schließlich zur entscheidenden Wendung.

Chor ©SLT - Tobias Witzgall

Carl Philip von Maldeghem erzählt den Holländer als Begegnung zweier Welten – der nüchternen Gegenwart und einer Fantasie, die sich Schritt für Schritt in die Realität hineinschiebt. Seefahrtromantik vermeidet die Inszenierung konsequent. Stattdessen rückt sie die Frage in den Mittelpunkt, woher Sentas Sehnsucht eigentlich kommt und warum sie einer Legende mehr glaubt als der Welt, in der sie lebt.

Die Bühne von Stefanie Seitz übersetzt diese Idee in ein klar gegliedertes Raumkonzept. Prägend ist eine breite, schräg ansteigende Spielfläche, die als abstraktes, funktionales Grundelement dient und die Bühne visuell strukturiert. Links davon spannt sich das weiße Segel Dalands, rechts das tiefrote des Holländers – zwei gegensätzliche Pole, zwischen denen sich die Handlung entfaltet. In der Mitte öffnet sich ein vertikaler Einschnitt, der Sentas Lebenswelt sichtbar macht: unten eine helle Fabrikhalle, in der die Arbeiterinnen Pappschachteln falten und Barcodes scannen, darüber ein schmales Jugendzimmer in warmen Erd- und Rottönen, dominiert von einem Poster des Holländers. Diese übereinanderliegenden Räume sind mehr als ein Bühnenbild – sie machen Sentas Innenleben topografisch fassbar und verdeutlichen, wie sehr ihr Rückzug in eine eigene Fantasie die reale Umgebung überlagert.

Von Maldeghem nutzt diese Struktur konsequent für die Figurenführung. Die Matrosen Dalands erscheinen als moderne Arbeiter in blauen Overalls; der Holländer dagegen bleibt eine Figur, die trotz moderner Kleidung aus einer anderen Sphäre zu kommen scheint – stets verortet im kalten Rot-Blau jener Bühnenhälfte, die seine Welt markiert. Senta steht zwischen beiden Sphären: In der Fabrik Außenseiterin, im Jugendzimmer entrückt, im Aufeinandertreffen mit dem Holländer seltsam selbstbewusst. Die Taue, die die Bühne durchziehen, werden zu sichtbaren Linien von Halt und Bindung; kaum eine Figur berührt sie, ohne dass es Bedeutung erhielte.

Stefanie Seitz' Kostüme bleiben nah an der Gegenwart und vermeiden bewusst jede romantisierende Historizität. Die Arbeiterinnen tragen funktionale Kleidung, die Matrosen robuste Schutzkleidung, Senta Alltagsmode einer jungen Frau von heute. Der Holländer ist in dunklen Tönen gehalten – schlicht, aber durch seine Präsenz deutlich als Fremdkörper markiert.

Einen letzten, starken Akzent setzt die Produktion im Finale: Auf das große weiße Segel projiziert sich ein Film, der Senta und den Holländer durch die Salzburger Hofstallgasse gehen lässt – mitten im realen Stadtbild, vor Festspielhaus und Felsenreitschule. Die berühmte Erlösungsszene verliert hier ihren Pathos und wird zu einem Bild der Selbstbestimmung: Senta befreit sich aus den engen Räumen ihres bisherigen Lebens, nicht durch Tod, sondern durch Aufbruch.

Ilia Skvirskii (Steuermann) und Martin Summer (Daland) © SLT - Tobias Witzgall

Derek Welton ist als Holländer der unangefochtene Mittelpunkt des Abends. Mit seinem dunklen Bassbariton entfaltet er vom ersten Moment an jene Mischung aus Kraft, Kantigkeit und kontrollierter Intensität, die dieser Partie ihre besondere Spannung verleiht. Nichts klingt bloß laut oder plakativ; Welton gestaltet seine Phrasen mit großer Sorgfalt und hält den Ton auch in exponierten Höhen geschmeidig und tragfähig. Darstellerisch zeigt er einen Holländer, der weniger als übernatürliches Schreckbild erscheint, sondern als zutiefst erschöpfter, von inneren Kämpfen aufgezehrter Mensch. Welton nutzt die räumliche Isolation, die ihm die Inszenierung vielfach zugedacht hat, mit eindrucksvoller Intensität: Man spürt die Schwere seines Fluchs, die Müdigkeit eines Mannes, der seit Jahrhunderten mit demselben Schicksal ringt. Gerade diese gebrochene, fast stille Würde macht seine Figur berührend. In den Szenen mit Senta öffnet sich Weltons Spiel noch einmal anders: Der Ton wird weicher, fast lyrisch, die Körpersprache vorsichtiger, tastender. Die Begegnung der beiden wirkt dadurch nicht wie ein heroisches Zusammenfinden, sondern wie der Versuch zweier verletzter Menschen, einander zu begreifen. Welton bleibt dabei stimmlich souverän und findet genau jene Balance zwischen vokaler Wucht und innerer Spannung, die seinen Holländer zu einer durchweg überzeugenden, emotional dichten Interpretation macht.

Martin Summer gestaltet Daland mit einer ruhigen Autorität, die dem Abend äußerst guttut. Sein Bass besitzt jene warme Grundierung, die der Figur sowohl Bodenständigkeit als auch eine gewisse weltkluge Berechnung verleiht. Nichts wirkt aufgesetzt oder forciert; Summer führt die Stimme mit souveräner Ruhe, phrasiert präzise und bleibt im dramatischen Zugriff stets kontrolliert. Dadurch entsteht ein Daland, der nicht als chargierender Komiker auftritt, sondern als erfahrener Seemann, der genau spürt, welche Chancen und Risiken sich ihm eröffnen. Szenisch zeichnet er den Vater Sentas als pragmatischen, manchmal allzu geschäftstüchtigen Mann, der aus einer Mischung aus Notwendigkeit und Opportunismus handelt. Summer gelingt es, diese Ambivalenz unaufdringlich, aber klar sichtbar zu machen: ein Daland, der eben nicht naiv in das Schicksal stolpert, sondern mit wachem Blick erkennt, dass sich mit dem Auftauchen des Fremden eine Tür öffnet – vielleicht zu weit, vielleicht zur falschen Zeit, aber zu verlockend, um sie geschlossen zu halten. So entsteht ein Daland, der weder ins Derbe noch ins Karikierende kippt – sondern als stimmlich solide, schauspielerisch präzise gezeichneter Charakter überzeugt. Ein Baustein, der das Ensemble stabil hält und dem Abend einen ruhigen, verlässlichen Gegenpol zum gebrochenen Holländer bietet.

Derek Welton (Holländer) und Magdalena Hinterdobler (Senta) © SLT - Tobias Witzgall

Magdalena Hinterdobler gibt eine Senta von bemerkenswerter Intensität. Ihr Sopran verbindet eine leuchtende, tragfähige Höhe mit einer klanglichen Wärme, die der Figur jene Mischung aus Verletzlichkeit und innerem Drang verleiht, die diese Rolle braucht. In der Ballade gelingt ihr eine beeindruckende dramaturgische Kurve: Die Stimme bleibt fokussiert, strahlt mit sicherer Linienführung und setzt gleichzeitig emotionale Akzente, die Sentas innere Unruhe unmittelbar spürbar machen. Darstellerisch zeichnet Hinterdobler keine entrückte, weltabgewandte Träumerin, sondern eine junge Frau, deren Sehnsucht aus einem realen Defizit heraus entsteht. Die Kopfhörer, das abseitige Stehen im Fabrikraum, das mädchenhaft eingerichtete Jugendzimmer – all das nutzt sie mit präziser Körpersprache und feinem Spiel, um Sentas Ausbruchswunsch glaubhaft zu machen. Hinterdobler spielt mit großer Ernsthaftigkeit und zugleich mit jener Zartheit, die den Kern dieser Figur ausmacht: Sie ist entschlossen und doch fragil, visionär und doch tief in ihrer eigenen Wirklichkeit gefangen. In den Begegnungen mit dem Holländer öffnet sich ihre Interpretation noch einmal auf besondere Weise. Sie singt nicht nur mit Kraft, sondern mit einer berührenden Klarheit, die aus innerer Überzeugung kommt. Die Stimme bleibt auch in den dramatischen Ausbrüchen geschmeidig. Hinterdobler gelingt es, Sentas Treueversprechen nicht als romantische Geste, sondern als authentische Entscheidung zu gestalten – und damit wird diese Senta zu einer Figur, die man ernst nimmt, deren Weg man nachvollzieht und deren finale Konsequenz weit weniger naiv wirkt, als man es aus traditionelleren Lesarten kennt.

Luke Sinclair gestaltet den Erik mit einer Eindringlichkeit, die der Rolle unerwartete Kontur verleiht. Sein Tenor besitzt jene Mischung aus Strahlkraft und kernigem Gewicht, die im großen Raum der Felsenreitschule mühelos trägt. Er formt seine Phrasen mit sicherer Atemführung und findet sowohl in den lyrischen Linien als auch in den dramatisch zugespitzten Momenten eine überzeugende Balance. Die Stimme bleibt offen, präsent und von einer Klarheit, die der Figur Glaubwürdigkeit und emotionale Direktheit verleiht. Darstellerisch zeigt Sinclair einen Erik, der nicht in der folkloristischen Tradition des ewig Klagenden verharrt, sondern als moderner, körperlich präsenter Mann auftritt – jemand, der Senta nicht nur liebt, sondern ihren inneren Rückzug mit wachsender Verzweiflung spürt. Sinclair nutzt die Impulse der Inszenierung mit großer Präzision: Jede Geste wirkt aus einer inneren Notwendigkeit heraus, jeder Ansatz zur Nähe entsteht aus echter Sorge, nicht aus dramatischer Routine. Dadurch gewinnt die Figur eine Intensität, die den Szenen eine eindrucksvolle Unmittelbarkeit verleiht. Gerade in den Szenen, in denen Erik an Senta appelliert, zeigt Sinclair eine beeindruckende darstellerische Bandbreite: Er singt nicht nur gegen ihre Fantasiewelt an, er spielt sie auch. Sein Blick sucht sie, sein Körper drängt nach Nähe, seine Stimme trägt einen Ton von Dringlichkeit, der die Figur unmittelbar greifbar macht. Damit wird Erik in dieser Produktion zu weit mehr als dem „anderen Mann“ – er wird zur tragischen Figur einer Realität, die Senta nicht mehr erreicht. Sinclairs Erik überzeugt durch stimmliche Souveränität, körperliche Intensität und eine emotionale Offenheit, die im Eindruck lange nachhallt.

Luke Sinclair (Erik) © SLT - Tobias Witzgall

Katie Coventry gestaltet die Mary mit verblüffender Klarheit und szenischer Prägnanz – eine stabile Verankerung im Ensemble, die dem großen Raum der Felsenreitschule und dem komplexen Konzeptraum der Inszenierung erstaunlich gut gerecht wird. Ihre Stimme zeigt eine wohltuende Klarheit, die sich nicht in den Vordergrund drängt, sondern im Dienst der Szene bleibt, und gerade dadurch gewinnt sie an Ausdruckskraft: Mary wird nicht zur Nebenfigur, sondern zur realen Bezugsperson in Sentas Welt. Szenisch überzeugt Coventry durch eine Haltung, die weder überzeichnet noch unterbelichtet ist: Ihre Mary hat Gewicht, bleibt aber dienstbereit und funktional – sie ist kein Farbtupfer, sondern eine glaubhafte Figur im Arbeitsmilieu. In der Zusammenarbeit mit Chor und Ensemble zeigt sie sich als verlässliche Stütze. Ihre Mary ist nicht spektakulär, aber durch und durch überzeugend – ein ruhender Pol in einer Inszenierung voller Spannungen.

Ilia Skvirskii gibt dem Steuermann eine Frische und Klarheit, die in dieser Produktion besonders willkommen ist. Sein Tenor tritt mit angenehm hellem Timbre auf, ohne sich in Effekthascherei zu verlieren – stattdessen bringt Skvirskii Präzision und Engagement in eine Rolle, die oft im Schatten größerer Charaktere steht. Die Stimme bleibt jederzeit gut geführt, artikuliert sauber, und im Zusammenspiel mit Chor und Orchester zeigt sich solide Musikalität. Darstellerisch zeichnet Ilia Skvirskii den Steuermann mit klarer Geste und einer unaufdringlichen Sicherheit. Wo die Figur eingreift, wirkt nichts überzeichnet; alles fügt sich selbstverständlich in das Ensemble ein. Gerade diese Zurückhaltung macht seine Darstellung glaubhaft: Er ist nicht der Mittelpunkt des Geschehens, doch er behält die Situation im Blick und bleibt die verlässliche Kraft an Bord. Im Gesamtbild der Inszenierung strahlt Skvirskiis Steuermann Ruhe und Bodenständigkeit aus. In einem Abend, der von starken Projektionen, klaren Farbkontrasten und symbolischen Räumen geprägt ist, setzt er einen menschlichen, greifbaren Akzent. Stimmlich souverän und darstellerisch bewusst zurückgenommen, trägt er seine Szenen mit jener subtilen Wirkung, die einer Nebenrolle Profil verleiht, ohne sie zu überladen.

Chor © SLT - Tobias Witzgall

Leslie Suganandarajah formt den Abend mit einer konzentrierten, klar durchgearbeiteten Lesart. Er verzichtet bewusst auf überzogene Klanggesten und entwickelt die Spannung aus den Strukturen der Partitur heraus. Übergänge wirken organisch, Tempi sind umsichtig gewählt, und die Sänger:innen erhalten jenen Raum, den die Felsenreitschule ihnen abverlangt. Suganandarajah hält Orchester und Bühne eng zusammen, lässt die Musik atmen und wahrt jene Balance, die in diesem akustisch offenen Raum entscheidend ist. Sein Dirigat wirkt nicht auf Effekt, sondern auf Klarheit.

Das Mozarteumorchester Salzburg folgt diesem Ansatz mit einer wohltuenden Mischung aus Präzision und klanglicher Geschmeidigkeit. Die Streicher zeichnen ein transparentes, fein abgestuftes Fundament, das dem Werk seine innere Beweglichkeit lässt. Die Bläser setzen markante Farben und bleiben auch in den dramatischeren Passagen kontrolliert und differenziert. Der Gesamtklang wirkt ausgeglichen und von einer Sorgfalt geprägt, die Wagners frühe Partitur nicht überhöht, sondern in ihrer Eleganz ernst nimmt.

Der Chor und Extrachor des Salzburger Landestheaters, ergänzt durch Mitglieder des Philharmonia Chores Wien (Einstudierung: Mario El Fakih), überzeugen mit bemerkenswerter Geschlossenheit und Klangfülle. Die Herren bringen in den großen Seefahrts- und Matrosenszenen stimmliche Kraft und klare Artikulation ein, wobei sie selbst auf der schrägen Spielfläche und zwischen den Tauen eine beeindruckend geschlossene Linie halten. Die Frauen finden sowohl im Fabrikraum als auch in den Ensemblemomenten des dritten Aktes zu einem tragfähigen, präzise geführten Klang. Insgesamt gelingt es dem Chor, die szenischen Anforderungen dieser Inszenierung mit einer vokalen Stabilität zu verbinden, die den Abend wesentlich trägt.

Diese Produktion des Salzburger Landestheaters zeigt eindrucksvoll, wie wirkungsvoll sich die Felsenreitschule als Opernraum nutzen lässt, wenn Regie, Bühne und Musik aufeinander abgestimmt sind. Carl Philip von Maldeghem und Stefanie Seitz entwerfen eine präzise Bildwelt, die Sentas Innenleben ernst nimmt, ohne psychologisch zu überzeichnen. Die Kombination der beiden Schiffe mit der vertikalen Verschränkung von Fabrikhalle und Jugendzimmer verleiht der Inszenierung eine klare dramaturgische Tiefe – konzentriert geführt, ohne dekorative Überfrachtung.

Magdalena Hinterdobler (Senta) und Derek Welton (Holländer) © SLT - Tobias Witzgall

Musikalisch überzeugt der Abend durch ein geschlossenes Zusammenwirken aller Beteiligten. Das Mozarteumorchester agiert aufmerksam und fein strukturiert, der Chor kraftvoll und präzise, und unter Leslie Suganandarajah entsteht eine musikalische Linie, die ohne Pathos auskommt und dennoch Spannung entfaltet.

Die Sänger:innen – allen voran Derek Welton, Magdalena Hinterdobler und Luke Sinclair mit einer besonders starken Darstellung – füllen die präzise geführte Struktur dieser Inszenierung mit Leben und verleihen dem Abend sein Profil. Ihre Einzelporträts fügen sich stimmig in eine Regie, die den emotionalen Kern des Werkes mit großer Klarheit freilegt. So entsteht ein Fliegender Holländer, der das Werk nicht neu erfindet, es aber mit überzeugender Deutlichkeit beleuchtet. Die Produktion setzt auf Erzählkraft statt auf Effekte und gibt einem hoch konzentrierten Ensemble den nötigen Raum, Wagners frühes Musikdrama in einer unerwartet menschlichen Dimension sichtbar zu machen.

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