Plauen, Theater Plauen Zwickau, Romeo und Julia Ballett: Attraktiv für Auge und Ohr, IOCO Kritik, 01.10.2015

Plauen, Theater Plauen Zwickau, Romeo und Julia Ballett: Attraktiv für Auge und Ohr, IOCO Kritik, 01.10.2015
theater_plauen_zwickau.jpg

Theater Plauen Zwickau

Theater Plauen-Zwickau © Theaterfotograf Peter Awtukowitsch
Theater Plauen-Zwickau © Theaterfotograf Peter Awtukowitsch

Attraktive Premiere im Vogtlandtheater: Romeo und Julia Ballett

Vorspann: Die anrührende und schönste Liebesgeschichte der Welt – ohne diesen Superlativ geht es nicht bei Romeo und Julia – in Bewegung verwandelt und zu einem Ballett vereint; dazu Musik von Sergej Prokofjew und choreografiert von Torsten Händler. Theaterfreund, was willst du mehr?

Es ist eher von Vorteil, dass die Handlung bekannt ist und der tragische Ausgang keinen überrascht. Wir alle wissen, die Familien Montague und Capulet sind verfeindet. Doch entgegen aller Konventionen und Zwänge: Romeo Montague und Julia Capulet sehen sich und lieben sich. Das mag banal klingen, ist aber nicht aufzuhalten (und soll sich auch im wirklichen Leben zutragen). Diese grenzenlose Liebe fragt nicht nach Gründen, denkt nicht an das Morgen, stört sich nicht an der Familienfehde und findet Erfüllung schon in der Gegenwart des anderen. Am Ende sind beide tot. Und dieses unerbittliche Schicksal ist von gleicher Wucht wie die Macht dieser Liebe. Wie es zu diesem blutigen Finale kommt, ist dramaturgisch etwas holprig, aber für das alles ist bereits Meister Shakespeare zuständig. Julia nimmt einen Schlaftrunk, der sie wie eine Tote auf dem Bett zurücklässt. Um sie trauert die Familie, mit weißen Lilien symbolisch bekräftigt. Romeo findet die scheinbar Tote, greift ebenfalls zum Giftfläschchen und stirbt nun wirklich. Als Julia erwacht, den toten Geliebten sieht, ersticht sie sich.

Theater Plauen / Romeo und Julia © Theaterfotograf Peter Awtukowitsch
Theater Plauen / Romeo und Julia © Theaterfotograf Peter Awtukowitsch

Shakespeares Tragödie Romeo und Julia reizt die Choreografen seit langem. Bekanntestes Beispiel ist das Ballett in drei Akten, dreizehn Bildern und einer Ballett-Musik von Sergej Prokofjew, das 1938 in Brno (Brünn) uraufgeführt wurde. Für uns ist wichtig zu wissen, dass Prokofjew neben der Ballett-Musik auch drei Suiten komponiert hat, konzipiert als Werbekonzerte für das Ballett. Diese Suiten klingen wie ein „Exzerpt der Liebe“ (Sophie Walz im Programmheft) und werden zur Plauener Aufführung des von Torsten Händler choreografierten Balletts der eigentlichen Ballett-Musik vorgezogen. Die Damen und Herren des Philharmonischen Orchesters, geleitet von Lutz de Veer, nehmen sich der Suiten an und musizieren aufs Vortrefflichste. Das vor allem, neben den tänzerischen Leistungen, macht die besondere Attraktivität dieses Balletts aus und wurde am Samstag vom Premierenpublikum auch ausgiebig beklatscht.

 Theater Plauen / Romeo und Julia © Theaterfotograf Peter Awtukowitsch
Theater Plauen / Romeo und Julia © Theaterfotograf Peter Awtukowitsch

Eindrucksvoll schon der Beginn: die Kraft der wuchtigen Musik verleiht den Auftritten der Tänzerinnen und Tänzer einen besonderen Glanz. Hervorzuheben sind die Leistungen von Yurie Matsuura als Julia und Sebastian Uske als Romeo. Sie tanzt mit einer Leichtigkeit, die alle Gesetze der Schwerkraft aufzuheben schein; er ist kraftvoll, leidenschaftlich und so zart, wie ein Mann zu einer Frau nur sein kann. Auch das Ensemble zeigt Beachtliches. Für mich immer wieder eine Freude: Ekaterina Tumanova als Mutter Julias, in Schwarz und in ihrer Trauer sehr eindrucksvoll, und Elena Tumanova, die als Julias Amme auch ihre komödiantischen Seiten zeigen kann. Federico Politano (Graf Paris) macht als verschmähter Bräutigam eine sehr gute Figur. Eine Augenweide die beiden Freundinnen Julias: Lousia Poletti und Nicole Stroh. Und so müssen unbedingt die Kostüme, deren Schönheit die Aufbruchsstimmung der Renaissance widerspiegeln, und die Bühne, alles verantwortet von Manuela Geisler, gebührend gelobt werden. Das Bühnenbild zeigt sich so schlicht wie überzeugend: ein die Bühne nach hinten abgrenzender Vorhang aus Ketten, ein Podest als berühmtester Balkon Veronas und der perfekte Einsatz des Lichts, mehr braucht es nicht, wenn es funktioniert. In Plauen passte alles! Nicht zu vergessen die beiden Freunde Romeos: Keigo Nozaki als Mercutio und Esteban A. Barias Garrido als Benvolio, wobei Ersterer von Tybalt (sehr gut Vincenzo Vitanza) ermordet und dann selbst von Romeo mit einer Kette erwürgt wird. Pater Lorenzo wurde in Plauen mit dem zwölfjährigen Valentin Popow in einer Komparsenrolle besetzt.

 Theater Plauen / Romeo und Julia © Theaterfotograf Peter Awtukowitsch
Theater Plauen / Romeo und Julia © Theaterfotograf Peter Awtukowitsch

Ballettmeister Thomas Hartmann hat mit viel Geschick die Inszenierung, die in Zwickau in einer Kirche gegeben wurde, für das Vogtlandtheater Plauen neu eingerichtet. Er sparte zur Premierenfeier nicht mit Lob für alle Akteure und hob Inspizientin Anca Höppner als „weltbeste Stage Managerin“ hervor; das Englisch musste sein, weil nicht alle Tänzerinnen und Tänzer gleich gut Deutsch verstehen. Freuen wir uns über ein leistungsstarkes und engagiertes Ballettensemble am Vogtlandtheater Plauen. Es ist auch augenfälliger Ausdruck der Weltoffenheit des Hauses. Diese Premiere von Romeo und Julia war großer Kunstgenuss.                    Lutz Behrens / 30.09.2015

Weitere Aufführungen: 3.10.2015, 7. 10.2015, 11 Uhr, 18. 10.2015, 18 Uhr, 30. 10.2015 19.30 Uhr, 21.11.2015, 28.11.2015, 8.12.2015, 26.12.2015

---| IOCO Kritik Theater Plauen Zwickau |---