Osnabrück, Theater am Domhof, Das Abschiedsdinner von Delaporte und Patellière, IOCO Kritik, 09.09.2016

Osnabrück, Theater am Domhof,  Das Abschiedsdinner von Delaporte und Patellière, IOCO Kritik, 09.09.2016
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Theater Osnabrück

Das Abschiedsdinner von Hanns Butterhof:  "Die Haustür knallt zu, der Jugendfreund zieht tief beleidigt ab. Die Gastgeber prosten sich zu, denn sie scheinen ihr Ziel erreicht zu haben........  Doch dann kehrt der vermeintlich Abservierte zurück, und „Das Abschiedsdinner“ geht in eine zweite Runde."

Osnabrück / Theater am Domhof © Marius Maasewerd
Osnabrück / Theater am Domhof © Marius Maasewerd

Die Kunst der stilvollen Trennung

Das Abschiedsdinner von Delaporte und Patellière

Im Theater am Domhof wird die Komödie „Das Abschiedsdinner“ begeisternd wieder aufgenommen.  Von Hanns Butterhof

Die Haustür knallt zu, der Jugendfreund zieht tief beleidigt ab. Die Gastgeber prosten sich zu, denn sie scheinen ihr Ziel erreicht zu haben, sich für immer aus einer unergiebig gewordenen Beziehung zu verabschieden. Doch dann kehrt der vermeintlich Abservierte zurück, und „Das Abschiedsdinner“ geht in eine zweite Runde.

Osnabrück / Das Abschiedsdinner - Antoine kämpft um Pierre © Maik Reishaus
Osnabrück / Das Abschiedsdinner - Antoine kämpft um Pierre © Maik Reishaus

Die pointenreiche Komödie von Matthieu Delaporte und Alexandre de la Patellière spielt im Wohnzimmer der Verlegerfamilie Lecœr, das Martin Kukulies mit einer schicken Sitzgruppe möbliert hat. Hier ziehen Pierre (Oliver Meskendahl) und seine Frau Clotilde (Stephanie Schadeweg) das Abschiedsdinner für Antoine Royer (Martin Schwartengräber) durch. Mit dem Ritual wollen sie sich stilvoll von dem Jugendfreund Pierres trennen: Sie kredenzen Wein aus dessen Geburtsjahr, legen seine Lieblingsmusik auf, und nach dem Dinner soll Schluss sein für immer. Martin Schwartengräber spielt die Bombenrolle Antoines begeisternd aus. Versteht man anfangs den Versuch der Lecœrs, den ungewaschen müffelnden, großsprecherischen Selbstdarsteller loszuwerden, wird er fast liebenswert in seinem zum Schreien komischen Kampf um Pierre; in einem therapeutischen Rollentausch treibt er ihn buchstäblich bis zur Selbstentblößung. Am Ende steht ihre Freundschaft so fest wie nie; der Schuss der Lecœrs geht nach hinten los.

Osnabrück / Das Abschiedsdinner - Pierre und Claudine Lecœr planen stilvolle Trennung © Maik Reishaus
Osnabrück / Das Abschiedsdinner - Pierre und Claudine Lecœr planen stilvolle Trennung © Maik Reishaus

Oliver Meskendahl lässt bei der tragikomischen Figur des Pierre gerade dort, wo er witzelnd zur Hochform aufläuft, unaufdringlich durchscheinen, wie wenig authentisch er ist. So hat er seine Freundschaft mit Antoine runderneuert, während seine Frau nicht dabei war. Nach Antoines zweitem Abgang kommt sie voller Befriedigung über die vermeintliche Standfestigkeit ihres Gatten in das Wohnzimmer zurück; seine unnachgiebige Haltung dem Freunde gegenüber sei wichtig für ihrer beider Beziehung. An Pierres betretenem Gesicht ist abzulesen, dass er verstanden hat: mit einem nachgiebigen Waschlappen wollte sie nicht länger verheiratet sein – und er könnte das Opfer des nächsten, diesmal von ihr veranstalteten Abschiedsdinners werden. Von Clotilde, die Stephanie Schadeweg beeindruckend als mit beiden Beinen auf dem Boden der Realität stehend spielt, ist sogar eine weniger stilvolle Trennung zu erwarten.

„Das Abschiedsdinner“ zieht in der zurückhaltenden Regie Henning Bocks mit dem äußerst spielfreudigen Ensemble jede Menge Witz aus der Persiflage von modischen Psycho-Trends, Avantgarde-Theater oder Selbstoptimierungs-Strategien. Wie jede gute Komödie balanciert es aber auch dicht am Rande der Tragödie. Doch die ereignet sich erst in den Köpfen des Publikums, wenn im Theater am Domhof nach eindreiviertel Stunden mitreißender Unterhaltung der Vorhang gefallen ist. Von Hanns Butterhof

Theater am Domhof - Das Abschiedsdinner: Weitere Vorstellungen:16.9.,14.10., 25.12.2016, 07.01.2017  jeweils um 19.30 Uhr

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