Osnabrück, Theater am Domhof, GETANZTE HOMMAGEN - Ed Wubbe, IOCO

Theate Osnabrück: Mit dem Doppel-Tanzabend Holland / Le Chat Noir begeistert der holländische Choreograph Ed Wubbe das Publikum. Der langjährige Leiter des Rotterdamer Scapino-Balletts erschafft aus reinem Tanz eine so leichte wie dichte Atmosphäre, ....

Osnabrück, Theater am Domhof, GETANZTE HOMMAGEN - Ed Wubbe, IOCO
Osnabrück / Theater am Domhof © Marius Maasewerd

Getanzte Hommage an Holland und den Französischen Geist - Ed Wubbe begeistert mit dem Doppel-Tanzabend Holland - Le Chat Noir

von Hanns Butterhof

Mit dem Doppel-Tanzabend Holland / Le Chat Noir begeistert der holländische Choreograph Ed Wubbe das Publikum. Der langjährige Leiter des Rotterdamer Scapino-Balletts erschafft aus reinem Tanz eine so leichte wie dichte Atmosphäre, in der mancherlei Bilder unseres Nachbarlandes und des sagenumwobenen Fin de siècle -Cabarets Le Chat Noir Gestalt und emotionale Wirkung gewinnen.

Es sind keine Geschichten, die der Gastchoreograph mit dem elfköpfigen Ensemble der Osnabrücker Tanzcompagnie erzählt. Rein tänzerisch, eingebettet in passend gewählte Musik und stimmungsvolles Licht, setzt Ed Wubbe in Holland mit fließend ineinander übergehenden Szenen das um, was für ihn Holland ausmacht. Auf der weit offenen, bis auf ein Harmonium leeren Bühne des Theater am Domhof dominiert Dunkelheit, das Ensemble in den einheitlich männlichen Kostümen von Pamela Homoet trägt schwarze Anzüge mit weißen Ärmelschonern, wie sie in Geschäftskontoren getragen wurden und turbanartige Kopfbedeckungen wie auf manchem Selbstporträt Rembrandts.

Holland / Le Chat Noir | Trailer · Theater Osnabrück

In der ersten Szene spielt ein Mann in Schwarz vor der Projektion eines dramatisch hell-dunklen Wolkenhimmels mit dem Rücken zum Publikum auf dem Harmonium. Zu der geistlich klingenden Musik (Komposition: Fabian Smit) bewegt sich ein Tänzer mit weit ausgreifenden Armen fast wie Windmühlen-flügeln, um dann jäh die Hände zum Gebet zu falten, sie gen Himmel zu strecken und sich blitzschnell einknickend zu verbeugen. Aus häuslicher Enge, protestantischer Gläubigkeit und heimatlicher Bodenständigkeit entsteht die Atmosphäre von etwas Ur-Holländischem.

Intensität und Geschwindigkeit der oft eckigen Bewegungen, die in jähen Wendungen ihren Charakter ändern, und klare Strukturen zeichnen die Choreographien Ed Wubbes auch in den weiteren Szenen mit Ensembles, einzelnen Gruppen oder Soli aus. Zeremoniell tanzen Paare aus alter Zeit, um dann wie mit Schlittschuhen über die Bühne zu gleiten. Wenn das Ensemble wie mit Windharfen klingelnden Percussionsstäben gegürtet die Bühne quert, ist es, als zöge ein Stück unglücklicher Kolonialgeschichte vorüber. Aber das Weltmachtgebaren der Seefahrer- und Händler-Nation wird mit sanftem Humor in einer folgenden Szene kritisiert. Da reitet ein Tänzer in Cowboymanier auf einem (Erd-)Ball. Mit weitgreifenden Armbewegungen scheint er alles umfassen, besitzen und beherrschen zu wollen, und mit seinem ganzen Körper interpretiert er begeisternd die Musik der Geige, die ihn rasant antreibt.

Esaul Llopis und Emanuela Vurro in „Holland“ @ Oliver Look

Schließlich senkt sich ein mit Blumen, vielleicht Tulpen, bestückter Ball an einer langen Leine von oben herab. Die von den Seiten mit schnellem Schritt auftretenden Tänzerinnen und Tänzer setzten ihn abwechselnd wie ein Pendel in Bewegung, von anderen erstaunt betrachtet, ein schönes Bild für die rastlose Händlernation, die ihr Tätigkeitsfeld jetzt wesentlich auf die friedlichen Blumen beschränkt.

Im zweiten Stück des Tanzabends, Le Chat Noir, benannt nach dem berühmt-berüchtigten Pariser Cabaret auf dem Montmartre, fehlt das Harmonium, ansonsten bleibt die Dunkelheit der Bühne vorherrschend. Den ikonisch gewordenen, von Théophile Steinen entworfene Kater als Markenzeichen des Lokals zitiert Ed Wubbe nur unaufdringlich mit puscheligem Schwanz an manchen Tänzerinnen und Tänzern. Die Szenen sind deutlich dadurch unterschieden, dass sie durch Chansons von Édith Piaf, Jacques Brel und Jacques Offenbach strukturiert werden, die den Geist des Fin de siècle mit seiner Lebensgier und Lebenslust, auch seiner Frivolität atmen. Doch statt die Beine zu schmeißen, stampfen schwarzgekleidete Männer den Cancan mit den Füßen, die Tänzerinnen kommen erst später dazu.