Osnabrück, Theater am Domhof, Die Möwe von Anton Tschechow, IOCO Kritik, 02.04.2016

Osnabrück, Theater am Domhof, Die Möwe von Anton Tschechow, IOCO Kritik, 02.04.2016
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Theater Osnabrück

Osnabrück / Theater am Domhof © Marius Maasewerd
Osnabrück / Theater am Domhof © Marius Maasewerd

Schauspiel  Die Möwe  von Anton Tschechow Figuren ohne Leben und Möwen aus Papier

Annette Pullen inszeniert Tschechows Tragikomödie Die Möwe im Theater am Domhof als Groteske.    Von Hanns Butterhof

Osnabrück / Theater am Domhof - Die Möwe mit Arkadina © Marius Maasewerd
Osnabrück / Theater am Domhof - Die Möwe mit Arkadina © Marius Maasewerd

Anton Tschechows Tragikkomödie Die Möwe aus dem Jahr 1896 treibt vor allem das Unglück des verfehlten, ungelebten Lebens. Annette Pullen hat das immer aktuelle Thema entsprechend zeit- und ortlos im Theater am Domhof als Groteske inszeniert.  Auf der sonst kulissenlosen, schwarz ausgeschlagenen Bühne (Jörg Kiefel) steht kaum merklich eine etwas abschüssige, kniehohe zweite Bühne. Auf der zelebriert eine sommerliche Urlaubergesellschaft routiniert die Komödie ihres leeren Lebens.

Zentrum dieser Gruppe ist die Schauspielerin Arkadina, die Monika Vivell mit großer Geste als Diva spielt. Sie ernährt sich unersättlich von erpresster Bewunderung und schreckt weder vor hysterischem Weinen noch vor körperlicher Gewalt zurück, um ihren Willen durchzusetzen; es ist eine unheimliche Freude, ihr dabei zuzusehen. Sie kämpft um ihren charakterschwachen Liebhaber, den ausgelaugten Dichter Trigorin (Thomas Kienast). Der zerstört beiläufig auf der kurzen, oberflächlichen Suche nach seinen verlorenen echten Gefühlen das Leben einer jungen Frau, der er erst ein Kind macht und sie dann sitzen lässt.

Osnabrück / Theater am Domhof - Die Möwe Ensemble © Marius Maasewerd
Osnabrück / Theater am Domhof - Die Möwe Ensemble © Marius Maasewerd

Andrea Casabianchi ist dieses unglückliche Gutsherrentöchterchen Nina mit der großen Erwartung, ein Leben als Künstlerin oder zumindest an der Seite eines Künstlers müsse reines Glück sein. Doch der anfangs noch in Arkadinas dichtenden Sohn Konstantin (Niklas Bruhn) verliebte Backfisch endet als drittklassige Provinzschauspielerin. Sie liebt Trigorin noch immer so aussichtslos, wie sie auf die Erfüllung ihrer Glückserwartung oder wie Konstantin auf ihre Liebe, seine Anerkennung als Dichter oder echte Zuwendung von seiner Mutter hofft.

Osnabrück / Theater am Domhof - Die Möwe Ensemble © Marius Maasewerd
Osnabrück / Theater am Domhof - Die Möwe Ensemble © Marius Maasewerd

Den Figuren um sie herum geht es nicht besser. Alle stehen neben sich und wollen, was sie nicht bekommen. Wenn sie es doch bekommen, wie der naive Lehrer (Patrick Berg) die wiederum unglücklich in Konstantin verliebte Mascha (Anne Hoffmann), dann bedeutet das doppeltes Unglück.

Das sind recht konstruierte Konstellationen, und Konstantins aus leeren Manuskriptseiten gefaltete Papiermöwen sind das passende Symbol für die ziemlich papierenen Figuren. Annette Pullens Regie überspielt deren Mangel an interessanter Substanz, indem sie auf Realismus verzichtet, einzelne Szenen ins Groteske überzeichnet und alle nette symbolische Pirouetten drehen lässt. Aber aus den für sich unterhaltsamen Szenen wird kein Stück, das dem Publikum nahe kommen und ihm etwas Neues über sich erzählen könnten.

Die Möwe im Theater am Domhof:    22.5.2016, 28.5.2016, 09.6.2016

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