München, Gärtnerplatztheater, LES MISÉRABLES - Musical - C.M. Schönberg, IOCO

von Daniela Zimmermann

Endlich in München, was für ein Erfolg für Josef E. Köpplinger, Intendant des Gärtnerplatztheaters und Regisseur des Musicals Les Misérables der sich  Jahre lang intensiv  bemüht hatte, eine Aufführungs-Lizenz für  dieses weltbekannte Musical, zu bekommen. Nach mühseligen Verhandlungen, ist es endlich gelungen. Gratulation!

Claude Michael Schönberg und Alain Boubil schrieben die Musik und das Libretto. Die Liedtexte stammen von Herbert Kretzmer. Die deutsche Übersetzung von  Heinz  Rudolf Kunze. Mit musikalisch gestaltend waren Trevor Nun und John Caird. Ihnen allen ist ein herausragendes Musik-Theater gelungen. Entsprechend sind die gesungenen Texte sehr aussagefähig und anspruchsvoll.

Und der Erfolg ist riesig groß. Eine rundum gelungene Inszenierung mit ad hock “standig Ovations“ bis hinauf in den 3. Rang. So etwas habe ich in diesem Theater noch nicht erlebt. Die Begeisterung der Zuschauer ging zu Herzen.

Das Musical Les Miserables basiert auf den bekannten französischen, historischen Roman von Victor Hugo, der erstmals 1862 veröffentlicht wurde. Es umfasst die Zeitspanne von 1815 bis ca.1832. Während dieser Zeit erleben wir die Lebensgeschichten, unterschiedlichster Charaktere. Sie alle sind mit den Umbrüchen in Frankreich, den Nachwirkungen der französischen Revolution, und mit den sozialen und politischen Auswirkungen konfrontiert.

Les Miserables erzählt die Geschichte des Ex-Häftlings Valjean  (gesungen von Daniel Prohaska a.G.). Valjean ist die zentrale Person, der jahrelang wegen eines Not-Brot-Diebstahls im Gefängnis verbrachte und nach seiner Freilassung, sein Leben verwandelt. Die helfende Großherzigkeit des Bischofs von Digne, Myriel, ermöglicht ihm sein Leben von Grund auf zu ändern. „Kommet zu mir, ihr Mühseligen und Beladenen, ich will Euch erquicken.“ Er nimmt eine neue Identität an und wird zum einem erfolgreichen Geschäftsmann und Bürgermeister von Montreuil-sur -Mer.  Valjean übernimmt Verantwortung für die junge Cosette (Kristine Emde), Tochter der verstorbenen Fantine (Wietske van Tongeren).  Valjean repräsentiert die Fähigkeit des Menschen, sich zu verändern, Mitgefühl zu zeigen und Selbstlos zu reagieren.

Ihm gegenüber steht eine gnadenlose Gesellschaft. Ganz vorn der Inspektor Javert, (Fillippo Strocchi) ein ehemaliger Gefängniswärter, der ihn erkennt und verfolgt. Valjean wird immer wieder von ihm herausgefordert, aber letztendlich wählt er immer den Weg des Mitgefühls und der Güte.

Eine wichtige Figur in diesem Musical ist Fantine. Sie verkörpert die Opfer, die viele Frauen, während der schrecklichen Unruhen im 19. Jahrhundert bringen mussten. Sie ist eine mutige junge Frau und entscheidet sich, nachdem sie geschwängert und verlassen  wurde, für  ihr Kind. Als herauskommt, dass sie ein uneheliches Kind hat, verliert sie ihre Arbeit, wird  verstoßen und dem absoluten Elend ausgeliefert. Kurz vor ihrem Tod, greift Valjean helfend ein. Ein ergreifender  Höhepunkt Fantines Sterbeszene „Ich hab geträumt vor langer Zeit von einem Leben, das sich lohnte.“ Sie lebt! Ihm vertraut die sterbende Fantine ihre kleine Tochter Cosette an. Valjean muss Cosette  aus den Fängen der Thendiers mit einer beträchtlichen Summe frei kaufen, um sie aus ihrem missbräuchlichen  Zuhause zu befreien und sie zu adoptieren. Cosettes Befreiung aus der Obhut der Thenadiers markiert einen wichtigen Wendepunkt in der Geschichte und zeigt Valjeans edlen Charakter.

Die Thenadiers, ein Menschenbild aus dieser Zeit, skrupellose und opportunistische Gauner, die über Leichen gehen und stets nur ihren Vorteil suchen. Sie sind aber auch gleichzeitig mit einer gewissen Komik ausgestattet. Sie sind Schurken, die durch ihre humorvollen Darstellungen und ihrer dynamischen Beziehung zueinander eine gewisse Menschlichkeit zeigen. Das Ehepaar wird ausgezeichnet verkörpert durch Dagmar Hellberg und Alexander Franzen.

 Ein zentrales Element in diesem Musical sind die Barrikaden. Sie symbolisieren den Widerstand gegen die Unterdrückung und Ungerechtigkeit, während der Pariser Juniaufstände 1832. Sie werden von den revolutionären Studenten errichtet, angeführt von Enjolras (Merlin Fargel ) und Marius (Thomas Hohler), um gegen das korrupte Regime zu kämpfen. Die Barrikaden sind ein wichtiger Schauplatz für viele dramatische Momente. Während dieses Kampfes fallen fast alle Studenten. Die Thenandiers verlieren ihre beiden Kinder an einem Tag, ihren kleinen Sohn Gavroche (Gustav Knopp, aus dem Kinderchor), er spielt souverän das Kind der Straße . „Bist Du arm, bist Du Tier“ und ihre mittlerweile erwachsene Tochter Eponine (Katia Bischoff ). Trotz ihres schwierigen Umfelds, zeigt Eponine Mitgefühl und Liebe, insbesondere für Marius, in den sie verliebt ist. Letztendlich riskiert sie für Marius ihr Leben und stirbt in seinen Armen.

Inzwischen ist Cosette zu einer jungen Frau herangewachsen. Aus der Zufallsbegegnung  mit Marius entsteht die große Liebe. Valjean gelingt es Marius verletzt aus dem Kriegsgeschehen zu retten. Javert sieht sich wieder mit der Güte des ehemaligen Sträflings konfrontiert, und wählt, persönlich damit nicht zurecht kommend, den Freitod. Auch Valjean stirbt, während Cosette und Marius mit ihrer Hochzeit ein Gefühl der Hoffnung aufkommen lassen. Die Botschaft, dass selbst in den dunkelsten Zeiten, das Gute und die Menschlichkeit sich durchsetzen. Der Tod der Anderen, soll versöhnen und zu einer neuen Chance für die Überlebenden werden.

In diesem Musical spielt auch der Chor des Gärtnerplatztheaters eine wichtige Rolle, indem er die Stimmung und die Atmosphäre der Handlung wiedergibt und unterstützt. Der Chor ist die Stimme des Volkes und kommentiert die Ereignisse mit vielen Solo-Partien, unterstützt auch von Solisten aus dem Ensemble. Seine Emotionalität und Dynamik, der Gesang und die Bewegungen gehören zur Inszenierung und verdeutlichen die sozialen und politischen Spannungen der damaligen Zeit. Einstudierung Doville Siupenyte, Choreographie und Co- Regie Ricarda Regina Ludigkeit.

Alle Künstler sind erstklassig, sowohl von ihrem Gesang als auch von ihrer schauspielerischen Leistung. Ein großes Kompliment an alle Mitwirkenden!

Für die Bühne war wieder Rainer Sinell verantwortlich. Die ganze Dynamik dieses Musicals, auch mit dem damit verbundenen Tempo hat Josef E. Köpplinger mit Hilfe der Drehbühne arrangiert. Der Stimmung entsprechend grau als vorherrschende Farbe und oft auch nur schwarz und sonst nichts. Entsprechend Sinells Bühnenbild, sehr zurückhaltend, oft im Hintergrund andeutend den Moment in grau. Aufwendig   die Gestaltung der Barrikaden. Kostüme Uta Maneen.

Am Pult begleitet musikalisch Andreas Partilla diese Aufführung. Das erstklassige Orchester des Staatstheaters unter seiner präzisen und einfühlsamen Leitung, unterstützte  die bewegende Atmosphäre der Aufführung. Partilla unterstützt gekonnt  die emotionale Botschaft der Songs, die Dynamik der Höhepunkte und die ruhigen Momente mit seinem sensiblen Dirigat.

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