Interview Bernd Runge, Musikregisseur beim Label Eterna, IOCO

Musik als Berufung und Beruf
Interview mit Bernd Runge, Tonmeister, Musikregisseur der VEB Deutsche Schallplatte und Orchesterdirektor in bewegten Zeiten
Einleitung
Die Geschichte der Schallaufzeichnung ist auch eine Folge von Innovationen und Verbesserungen. Nach dem Beginn mit akustischen Aufnahmeverfahren auf Walzen und Wachs-und Lackfolien, die ein oftmaliges Abspielen nicht zuließen, wurde mit der Entwicklung von Presswerkzeugen mit Hilfe galvanischer Prozesse der Weg frei zur Massenproduktion von Schellackplatten. Nach etwa zwanzig Jahren folgten das Radio, die elektrische Aufnahme und später das Tonband. Das brachte entscheidende Verbesserungen bei Aufzeichnung und Wiedergabe. Diese Entwicklung und die erreichten Fortschritte durch technische Innovationen lassen sich anhand historischer Aufnahmen genau verfolgen.
Neben der Technik spielte aber auch die Politik in der Geschichte der Schallaufnahmen klassischer Musik nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland eine erhebliche Rolle.
Die Teilung Deutschlands führte auch in der Tonträgerbranche zu einer Zweiteilung. Die Rückkehr in den Alltag und Vergnügen waren Ursehnsüchte der Bevölkerung. Dazu gehörten auch der Konsum von Musik und Schallplatten. Dies sorgte auch in der Sowjetischen Besatzungszone für den Wiedereinstieg in die Schallplattenproduktion. Der Antifaschist, Schauspieler, Sänger und Regisseur Ernst Busch bekam 1946 von der sowjetischen Kulturadministration die Lizenz für die Gründung der „Lied der Zeit-Schallplatten GmbH“. In Potsdam-Babelsberg gab es ein Presswerk ohne Schallplattenpressen. Alte Hutpressen, entdeckt im Erzgebirge, wurden nach Babelsberg gebracht und zu Schallplattenpressen umgebaut - eine abenteuerliche Zeit. Zunächst war das Ziel von Busch, seine Lieder zu veröffentlichen, alte Matritzen hatte er retten können.
Doch bald kam ein Notenverlag hinzu, und es entstanden 1947 die Label Eterna für klassische Musik und Amiga für Tanz- und Unterhaltungsmusik. Busch war also der Erfinder von Eterna und Amiga, gegen seinen Willen jedoch wurde der Betrieb 1953 verstaatlicht und zum VEB Deutsche Schallplatten.
Die Tontechnik hatte sich stets weiterentwickelt. Die 1950 gegründete DDR verfügte in Potsdam-Babelsberg über ein Galvanik- und Presswerk für Schellackplatten - bis 1956 waren sie das einzige Tonträgerformat. Ab 1959 wurde das LP-Format auf 33 UpM eingeführt und 1963 die 30-cm-LP. In Berlin-Johannisthal gab es eine Fertigung für Bandkassetten. Seit Anfang der 60er Jahre wurde in Stereo produziert, seit den 80er Jahren erfolgten die Aufnahmen digital.
Die DDR verfügte insbesondere im Klassikbereich über Spitzenorchester, wie das Leipziger Gewandhausorchester und die Staatskapellen Berlin und Dresden, über zwei sehr gute Rundfunkchöre und hervorragende Solisten, wie Peter Schreier und Theo Adam. Aufnahmestudios gab es in Berlin, Leipzig und Dresden. Im Jahre 1958 nahmen Karl Böhm und die Deutsche Grammophon Verbindungen zu Eterna auf und erneuerten die Verbindungen zu Dresden aus der Vorkriegs- und Kriegszeit. Es entstanden Aufnahmen der Opern Der Rosenkavalier und Elektra sowie der Alpensinfonie von Richard Strauss unter Karl Böhm mit der Staatskapelle Dresden.
Co-Produktionen und Repertoireaustausch wurden zu einem wichtigen Teil des innerdeutschen Handels und der Devisenbeschaffung der DDR. Die Vertriebsrechte eigener Produktionen wurden getauscht gegen die Rechte von Westaufnahmen für den Osten. Westliche Label wie Deutsche Grammophon, Teldec, Ariola Eurodisc, EMI Electrola und Philips produzierten in der DDR in der Regel in Form von Co-Produktionen unter Inanspruchnahme der Schnittmeister, Tontechniker, Tonregisseure, Musikregisseure und Studiotechnik von Eterna. In der DDR spielte der Zeitfaktor eine untergeordnete Rolle. So konnten Aufnahmen unter allgemein besseren Bedingungen entstehen als im Westen. Hinzu kam eine Regelung, die besagte, dass die mitwirkenden DDR-Orchester, Chöre und Solisten ihr Honorar vom VEB in DDR-Währung bekamen.

Das war vor allem bei den Orchestern und Chören ein entscheidender Kostenfaktor zugunsten der Westpartner. Die Rechte für den Vertrieb teilten sich Ost und West, das verhalf Eterna wiederum zu einem umfangreichen, interessanten Katalog. Außerdem waren mit den Co-Produktionen Deviseneinnahmen verbunden, die zum Teil dem VEB für den Kauf modernster Studiotechnik zur Verfügung standen – für beide Seiten eine Win-Win-Situation.
Die Vorstellung des Klanges ist bei den Aufnahmen von Musik ein prägender und entscheidender Faktor. In Deutschland waren die Deutsche Grammophon mit Elsa Schiller und den Aufnahmen von Ferenc Fricsay wegweisend. In England kamen Walter Legge mit Aufnahmen mit Herbert von Karajan und Wilhelm Furtwängler dem damaligen Ideal nahe. Gleiches galt für die Decca mit John Culshaw, der unter anderem Wagners Ring des Nibelungen unter Sir George Solti produzierte.
Jene Kapitel der Schallplattengeschichte sind seitens der britischen Produzenten in den Büchern von John Culshaw und Walter Legge gut dokumentiert. Die Geschichte der DDR-Schallplattenproduktion jedoch ist bisher nur marginal erzählt.
Durch ein Gespräch mit Bernd Runge einem Musikregisseur der VEB Deutsche Schallplatte möchte IOCO einen Beitrag zur Schließung dieser Lücke leisten.
Bernd Runge, studierter Dipl.-Tonmeister, mit komplexer, vielseitiger und langjähriger Ausbildung, war zunächst Tonregisseur und später Musikregisseur beim Label Eterna.
Beim Musikportal Discogs finden sich über 600 Einträge von Musikproduktionen, an denen er beteiligt war (https://www.discogs.com/de/artist/431994-Bernd-Runge?srsltid=AfmBOoo_4bD6QKUXBnY_RJJlpfoHQpv5HZPfF0-_aE1vXwgQ_8wGHmv1). Über 200 Titel zeigen die Zusammenarbeit mit Kurt Masur und dem Gewandhausorchester Leipzig. Davon sind viele heute noch als Super Audio CDs beim Label Pentatone erhältlich. Ferner betreute er die Aufnahmen von Ludwig Güttler, die gleichfalls legendäre Meilensteine der HiFi-Geschichte sind. Mit IOCO spricht er über seine Erfahrungen mit der Musikindustrie in seiner Berufslaufbahn.

IOCO: Herr Runge, wo sind Sie aufgewachsen und wie haben Sie Ihre Jugend erlebt?
Bernd Runge: Geboren, aufgewachsen und zur Schule gegangen bin ich in Ludwigslust (Mecklenburg), einem kleinen Städtchen mit einer sehenswerten Schlossanlage. Im Alter von 10 Jahren erhielt ich Unterricht in den Fächern Klavier, Theorie und Gehörbildung an der dortigen Volksmusikschule. Zu der Zeit war Ludwigslust ein kulturell sehr aktiver Ort. So war sehr früh meine begleitende und solistische Mitwirkung bei Kulturveranstaltungen der Schule, des Kulturbundes und der Stadt gefragt. Das Mecklenburgische Staatstheater Schwerin erreichten wir über einen Theaterring per Bus. Kulturell waren wir dadurch gut angeschlossen und erlebten hervorragende Schauspiel- und Opernaufführungen. Meine Musikschule schickte mich als Klaviersolisten regelmäßig zu den sogenannten Volkskunstwettbewerben. Diese fanden auf Kreis-, Bezirks- und DDR-Ebene statt. Um Erfolg zu haben, musste ich üben, üben, üben. Das fiel mir allerdings nicht schwer. Die klassische Musik war immer meine Leidenschaft, unterstützt vom häuslichen Umfeld und der guten Ausbildung an der Musikschule.
IOCO: Wie sind Sie zur Musik und zum Beruf als Tonmeister gekommen?
Bernd Runge: Mir war früh klar: mein späterer Beruf sollte etwas mit Musik zu tun haben. Meine Klavierlehrerin wollte natürlich, dass ich Pianist werde, ich hatte allerdings schon meine Zweifel. Glücklicherweise habe ich vor dem Abitur einem Professor am Schweriner Konservatorium vorgespielt; der hörte sich das an, fand mein Spiel gut und stellte dann aber eine entscheidende Frage: Warum spielst Du, für wen spielst Du, und was willst Du dem Hörer sagen? Damit war klar, Interpretation hatte mich bis dahin zu wenig bzw. gar nicht beschäftigt. Durch Zufall las ich dann in einer Zeitschrift einen Beitrag über eine Tonmeisterin am DDR-Rundfunk. So erfuhr ich das erste Mal etwas über diesen Beruf und über die Ausbildung dazu. Ein ehemaliger Absolvent unserer Oberschule, der Cheftonmeister des VEB Deutsche Schallplatten Claus Strüben (https://www.discogs.com/de/artist/425129-Claus-Str%C3%BCben?srsltid=AfmBOorHDmEU2PgYtJw0KI_eqIqD1hnrnVRLTSnKnPP6b_eTOzTE8kq3), hatte sich zum jährlichen Altschülertreffen der Oberschule angemeldet. Durch ihn bekam ich einen Einblick in den interessanten und vielseitigen Beruf.
Strebens Ausstrahlung, seine Berichte über die Begegnungen mit internationalen Künstlern bedeuteten für mich eine Art „Erweckungserlebnis“: das muss ich machen! Es folgten 1957 Bewerbung und Immatrikulation an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin. Auf mich wartete ein umfassendes, anspruchsvolles Studium der musikalischen Fächer inkl. Dirigieren, als auch der Physik, höherer Mathematik und natürlich der Studiotechnik. 1962 machte ich mein Staatsexamen als Tonmeister.
Um den Beruf und die Bezeichnung herrscht allgemein ein wenig Verwirrung. Die Berufsbezeichnung „Tonmeister" ist nicht geschützt. So gibt es heute an jedem Theater, in jeder Konzerthalle, bei jeder Band einen Tonmeister. Dem versuchte man zu begegnen, indem die Absolventen der Berliner Hochschule heute Diplom-Tonmeister sind, und in den Studios allgemein der Begriff Tonregisseur üblich ist. Im damaligen Deutschland gab es mit den Musikhochschulen in Detmold und Ostberlin nur zwei gleichwertige, auch im Lehrplan abgestimmte Ausbildungsmöglichkeiten in dieser Fachrichtung. Prof. Thienhaus, Detmold, gründete in engem Kontakt mit Prof. Mitlacher, dem damaligen Cheftonmeister des DDR-Rundfunks 1949 in Detmold das erste Tonmeisterinstitut Europas. Zwei Jahre später wurde an der Musikhochschule in Berlin eine nach ähnlichem Lehrplan arbeitende Studienrichtung aufgebaut. Mein Lehrmeister, Prof. Mitlacher, war Westberliner, ihm wurde nach dem Bau der Mauer 1961 die Rundfunkstellung gekündigt, trotzdem führte er meinen Studienjahrgang 1962 ohne Honorar zu Ende! Übrigens, Toningenieure sind meist Absolventen von Ingenieurschulen und teilweise Technischen Hochschulen.
IOCO: Wann haben Sie bei der Eterna begonnen und wie haben Sie Ihren Einstieg dort erlebt? Was waren Ihre ersten Aufnahmeprojekte?
Bernd Runge: Nach dem Diplom 1962 bewarb ich mich erfolgreich beim VEB Deutsche Schallplatten und erhielt zum 1. September einen Vertrag als Tonmeisterassistent. Bereits zwei Wochen später stand ich vor der Aufgabe einer selbst ständigen Produktion mit dem Leipziger Pianisten und Hochschulprofessor Günther Kootz (https://www.discogs.com/de/release/6564855-Ludwig-van-Beethoven-G%C3%BCnter-Kootz-Klaviersonate-Es-dur-Op-81a-Les-Adieux-Zw%C3%B6lf-Variationen-A-dur-F).
Am Anfang wurde ich mit Produktionen aller Labels des VEB beauftragt: Jazzproduktionen mit den Brüdern Kühn (https://www.discogs.com/de/release/2662491-Rolf-K%C3%BChn-Quintett-Solarius), Chanson (Ernst Busch, Gisela May), gesprochenes Wort (Schauspiel, Märchen, Brecht-Ensemble), Volksmusik, Kammermusikproduktionen (Gerhard Puchelt mit Schubert-Sonaten), das Beethoven-Septett mit dem Gewandhausensemble schon in der Doppelfunktion als Ton- und Musikregisseur. Dazu kam der Einsatz bei großen Klassikproduktionen als Assistent, der nach gemeinsamer klanglicher Einrichtung mit dem Chef die Weiterführung der Aufnahmen übernehmen durfte. Frühzeitig wurde ich Tonmeister für das Aurora-Label der Akademie der Künste und des VEB mit Ernst Busch. Gelernter Werkzeugmechaniker, Arbeiter auf der Kieler Werft, wurde Busch bald vom Statisten am Kieler Stadttheater, nach einem Jahr Gesangs- und Schauspielunterricht zum gefragten Schauspieler am Theater bei Reinhardt und Piscator in Berlin, beim Film und im Kabarett und zum Sänger politischer Lieder, zum „Barrikaden-Tauber“. Er musste vor den Nazis fliehen, kam über Holland, Paris, Wien und Moskau nach Spanien. Die dort im Bürgerkrieg entstandenen Spanien-Lieder (Canciones de las Brigadas Internationales) waren später in der DDR allgemein gültiges Liedgut.

Von Spanien ging er nach Belgien, wurde dort verhaftet und in ein Internierungslager in Frankreich verbracht, Ende 1942 von der französischen Gendarmerie verhaftet und an die Gestapo ausgeliefert. Wegen Hochverrats zum Tode verurteilt, bewirkte die Intervention von Gustav Gründgens eine Strafreduzierung auf vier Jahre Zuchthaus in Brandenburg. Dort wurde er 1945 von der Roten Armee befreit. Schon Ende 1945 war Busch wieder als Schauspieler im Hebbel-Theater, im Theater am Schiffbauerdamm und im Deutschen Theater zu erleben. Als Schauspieler wurde er gefeiert am Deutschen Theater und im Berliner Ensemble in „Faust“, „Mutter Courage“, „Kaukasischer Kreidekreis“ und „Leben des Galilei“. Zunehmend litt er unter den Folgen eines Bombenangriffs 1943 auf die Haftanstalt Berlin-Moabit, er war verschüttet, die rechte Gesichtshälfte blieb gelähmt.
Busch zog sich von der Bühne und öffentlichen Auftritten zurück, gründete mit der Akademie der Künste und dem VEB sein Label „Aurora“, für das er ca. 200 „Lieder, Balladen und Kantaten aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts“ einspielte. Er konnte sehr, sehr kompliziert sein, es gab schnell Krach. Da kam mir vielleicht zugute, dass ich als gebürtiger Mecklenburger ihm im norddeutschen Wesen verwandt war. Trotzdem hatten wir uns für ein Jahr zerstritten, fanden wieder zueinander, und ich habe seine Aufnahmen bis zum Schluss betreut. Es gab immer so lustige Anrufe: „Runge, hast du einen Moment Zeit? Dann komm mal rüber nach Pankow.“ Ich fuhr dann hin, weil er sich seine neu produzierten Aufnahmen zu Hause über seine kleine Bandmaschine und über private Lautsprecher anhörte, der Studiotechnik misstraute er immer. Da wurde diskutiert, akzeptiert oder verworfen. Busch war Kommunist und Mitglied der SED. Allerdings überwarf er sich bald mit der Führung unter Ulbricht, da aus seiner Sicht einige der Genossen aus dem spanischen Bürgerkrieg zu Unrecht in die zweite Reihe gestellt wurden. Da gab Busch aus lauter Verdruss sein Mitgliedsbuch der SED zurück. Erich Honecker hat dann später dem alten Busch ein neues Mitgliedsbuch überreicht, in dem alle Beiträge der vergangenen Jahre nachgeklebt waren. So war Busch formal nie ausgetreten, aber das war ein Akt, über den auch Busch nur lächeln konnte.

IOCO: Wie ging es dann weiter, und was hatte es mit dem berühmten Eterna-Sound auf sich?
Bernd Runge: 1964 hatte ich meine Assistenzzeit erfolgreich absolviert. Ich wollte natürlich jetzt wirklich rein in die Klassik. Schon 1962 begann man, Klassik-Aufnahmen in Stereo zu produzieren. Die Deviseneinnahmen aus Co-Produktionen und Übernahmen der Westfirmen erlaubten den Kauf eines transportablen Stereo-Regiepults, eines Stereo-Pults für das Studio am Berliner Reichstagsufer, von Bandmaschinen, Lautsprechern und der dazu gehörenden technischen Ausrüstung von Telefunken (West), Mikrofonen von Neumann (West) und Bandmaterial von AGFA. Das bedeutete nicht nur für meine Kollegen und mich, sondern vor allem für die Ingenieure und Techniker absolutes Neuland. Pannen blieben nicht aus.
Von Anfang gab es für die Tonregisseure klanglich ein strenges Strüben-Regime. Sein vorgegebenes Ziel war, den natürlichen Klang der Instrumente und Stimmen in einem gut klingenden Raum einzufangen durch geschickt aufgestellte, wenige Mikrofone, ohne zusätzlichen künstlichen Hall. Für unsere Aufnahmezentren hatten wir in Berlin, Leipzig und Dresden technisch voll ausgestattete Studios in geeigneten Kirchen. Natürlich habe ich mir zunächst etwas abgeguckt bei den großen Aufnahmen in Dresden, Leipzig und Berlin. Es galt, ein für alle Kollegen verbindliches, klangliches Ideal zu verinnerlichen.
Mit Claus Strüben nahmen wir in Dresden die Paganini Variationen mit dem rumänischen Geiger Ion Voicu auf. Er überließ mir dann die Weiterführung der Aufnahme mit der Maßgabe: Also Runge, so muss es klingen, und wehe du veränderst da was. Allen Mahnungen zum Trotz habe ich gewagt, die Solo Violine etwas „herauszukitzeln“. Das hat er in der Endabnahme wirklich gehört und hart kritisiert. Das war mir eine gute Lehre. Dieses Klangideal, auf das alle Eterna-Tonregisseure eingeschworen waren, bedeutete die Grundlage des „Eterna- Sounds“, der überall, von allen Partnerfirmen in der Welt geschätzt wurde. Im Gegensatz zu vielen westlichen Firmen, insbesondere in den USA, war unsere Sound-Philosophie: ein natürlicher Klang in einem natürlichen Raum, also: gut platzierte zwei bis drei Hauptmikrofone, wenige, nötige Stützmikrofone, um Phasenverschiebungen durch unter- schiedliche Schallwege zu vermeiden, keinen künstlichen Hall. Dieser Idee waren alle Eterna-Tonmeister verpflichtet und sorgten so für den allseits gerühmten „Eterna-Sound“.
Selbstverständlich waren die Aufnahmeräume von großer Bedeutung: Eterna nutzte in Berlin, Leipzig und Dresden sorgfältig ausgewählte Kirchen mit stationärer Regietechnik, in der Dresdner Lukaskirche sogar mit Cutterraum und Aufenthaltsräumen für die Künstler. Die Lukaskirche, zunächst kriegsbeschädigt, mit VEB-Geld wieder hergerichtet, akustisch ausgekleidet und versehen mit einer hängenden, fahrbaren Akustik- und Beleuchtungsbrücke, war unser Favorit. Dort sind viele Kammermusiken und alle Aufnahmen mit dem Kreuzchor, der Dresdner Staatskapelle und der Dresdner Philharmonie entstanden, die Kirche blieb aber für den Gottesdienst nutzbar.
Es gab Westfirmen, die sehr viele Mikrofone eingesetzt haben. Die hatten dann eine 24- oder 48-Spurmaschine dabei und konnten in der Phase der Endfertigung mischen, was sie wollten. Da blieb von dem eigentlichen Raumklang oft nichts mehr übrig. Die Aufnahmen hätten dann auch in London oder Paris fortgesetzt werden können, das wäre mit unseren Aufnahmen nie möglich gewesen.
Ich denke, dass die oft schwächeren tontechnischen Ergebnisse mancher Produktionen in den meisten Fällen an der Poly-Mikrofonierung und ungeeigneten Sälen liegen dürften. Der Ansatz, den eigentlichen Raum durch viele Stützmikrofone weitestgehend zu neutralisieren, erfordert erhebliches Geschick.
Es gab studiotechnisch viel Neuland, schon ab 1962 wurde die Klassik mit Telefunken-Technik in Stereo produziert, denn Co-Produktionen und der Repertoire-Austausch mit allen bedeutenden Firmen Westeuropas, Japans und den USA standen an oberster Stelle. Der VEB war für den Kultursektor der DDR ein wichtiger Devisenbringer. Da er auch einen Teil der Einnahmen für Investitionen in neueste Technik behalten durfte, war die Aufnahmetechnik immer auf dem aktuellen Stand und mit der Technik der internationalen Produktionspartner kompatibel.

Für mich waren die Kollegen von der Philips in Holland sehr wichtig. Ich hatte das Glück, oft mit ihnen zusammenzuarbeiten. Bei den Co-Produktionen in Dresden, Leipzig oder Berlin war meist ein Vertreter der Fremdfirmen dabei, uns war die Leitung und Durchführung der Aufnahmen bis auf wenige Ausnahmen überlassen. Sehr wichtig für uns war der persönliche Austausch mit den West-Kollegen. Die Freunde der Philips haben uns auch geholfen, durch Hinweise auf „technische Notwendigkeiten“, dass die Mehrspur-Abmischung der 1988 in Leipzig aufgenommenen „Ariadne“ unter Kurt Masur mit Jessye Norman, Edita Gruberova und Dietrich Fischer-Dieskau oder einmal ein kurzes Playback mit Barbara Hendrix unbedingt in Baarn stattzufinden habe. Die Genehmigung für zwei Wochen Abmischung oder für eine Woche Playback nach Holland reisen zu können, war für mich als DDR-Bürger eine tolle Sache. Claus Strüben und ich waren mit der Endfertigung in wenigen Tagen fertig und hatten dann sehr viel Zeit, uns im Unternehmen umzusehen, uns mit den Kollegen auszutauschen, ins Concertgebouw und in die Amsterdamer Museen zu gehen. Mit den Philips-Tonregisseuren, meistens Absolventen der Detmolder Hochschule, fanden wir fachlich sofort eine gemeinsame Sprache.
Durch den Besuch in Baarn habe ich aber auch eine Ahnung davon bekommen, was mit der Wende auf uns zukommen würde. Mir wurde klar, dass mit der Einführung der D-Mark auch die Zeit unserer Co-Produktionen vorbei sein wird, dass das System des Ost-West-Handels zusammenbrechen wird, dass viele Betriebe in der DDR in Konkurs gehen werden. Daher war ich persönlich eigentlich sehr früh darauf eingerichtet, dass ich im Fall der Fälle Pläne haben muss, eventuell eine Firma zu gründen oder ähnliches. Das Erschrecken vieler meiner Kollegen bei der Wende ist mir daher erspart geblieben.

IOCO: Wie war zu Beginn die Kooperation mit den Künstlern, die ja vielleicht nicht alle Notwendigkeiten der Studioproduktion kannten?
Bernd Runge: Mir sind eigentlich keine Künstler bekannt, die nicht wussten, welche Anforderungen die Arbeit vor dem Mikrofon mit sich bringt. Natürlich musste man gelegentlich Künstler über das Abhören im Regieraum von der Notwendigkeit einer Wiederholung überzeugen, aber letztlich erkannten auch die Musiker und Sänger, dass wir mit ihnen an einem optimalen Ergebnis interessiert waren.
Schließlich wechselte ich ins Fach Musikregie (Schwerpunkt: Arbeit mit den Künstlern). Selbstverständlich musste ich auch den Umgang mit Künstlern lernen, mich zurückzunehmen, zu erkennen, was ist ihre interpretatorische Absicht, diese eventuell vorsichtig zu hinterfragen und mich nicht als Besserwisser, sondern als Verbündeter zu sehen. Auch ein Musik- und Tonregisseur muss sich in der Vorbereitung eine interpretatorische und klangliche Meinung erarbeiten, muss diese aber in den Dienst der gemeinsamen Sache, einer für beide Seiten möglichst optimalen Aufnahme stellen.
Es gilt, ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis zu schaffen, denn nur so ist ein gutes Ergebnis möglich. Dass das in den meisten Fällen allen Eterna-Kollegen gelang, zeigt, dass ca. 90% der Eterna-Produktionen entweder von unseren Teams geleitete Co-Produktionen mit Westfirmen waren oder Eigenproduktionen, die von Westfirmen in ihr Repertoire übernommen wurden. Den Erfolg bescheinigen zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen, von der „Wiener Flötenuhr“, dem Deutschen Schallplattenpreis, dem „Echo“, dem Grammy-Award bis zu einer Ehrenurkunde der Robert-Stolz-Gesellschaft, leider dann meist unter einem Westlabel.
IOCO: Welche Produktionen und Künstler sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Bernd Runge: Die erste und für mich wichtige Erinnerung ist eine Produktion von Schuberts „Schwanengesang“ mit Theo Adam. Ich hatte mich sorgfältig auf diese Aufnahme vorbereitet, dabei viele Aufnahmen verschiedener Sänger studiert und versuchte nun, Theo Adam meinem „Ideal“ anzupassen. Theo Adam war ein großartiger Sänger auf der Opernbühne und im Konzertsaal, sehr erfolgreich auch im Westen. Wir sollten den „Schwanengesang“ von Schubert aufnehmen. Nach mehreren aufgenommenen Takes sagte er ganz trocken und freundlich: „Herr Runge, wissen Sie, ich glaube, das wird so nix. Wir passen nicht zusammen, wir lassen das.“ Er hat dann die Aufnahme später fortgesetzt mit einem Kollegen.
Die Besserwisserei ist mir durch diese Erfahrung schnell vergangen. Bei späteren Aufnahmen habe ich wieder sehr viel mit Theo Adam zu tun gehabt, wir haben über unsere erste missglückte Begegnung gelacht, es ist ein herzliches, offen kameradschaftliches Verhältnis entstanden. Er war eben kein Liedsänger wie Fischer-Dieskau. Diese Erfahrung habe ich glücklicherweise sehr früh gemacht und gelernt, die Künstlerpersönlichkeit zu akzeptieren, zu hören, was will der Künstler, für ihn Partner und Dienstleister zu sein.
Der Musikregisseur ist Leiter der Aufnahme und zuständig dafür, dass die Aufnahme gelingt. Entscheidend ist also der Kontakt zu Technik und Künstlern. Mich hat es hingezogen zur Musikregie, weil mich die direkte Diskussion mit den unterschiedlichen, oft schwierigen Persönlichkeiten interessierte. Natürlich war eine Voraussetzung, sich mit dem Werk vorher gründlich zu beschäftigen und sich eine eigene Meinung zu bilden. Wir haben ja an der Hochschule auch Partiturstudium und Dirigieren gelernt. Wichtig ist, dann als Partner die Stärken des Künstlers zu erkennen und diese in der Aufnahme heraus zu stellen.
Das, glaube ich, ist auch das Geheimnis des Berufs, dass man eine Ebene schafft, auf der eine Partnerschaft entsteht, nicht nur zu sagen, was alles falsch ist, sondern wirklich ein Partner zu sein, der mitzieht und zwar im Sinne des Interpreten. Natürlich kann und muss man hinweisen auf Dinge, die mehr beachtet werden müssen. Nach meiner Erinnerung habe ich es geschafft, mit keinem Künstler in Feindschaft auseinander zu gehen.
Allerdings eine Ausnahme gibt es, nur einmal haben wir uns ohne das gewünschte Ergebnis getrennt: Montserrat Caballé. Wir wollten Verdis „Maskenball“ aufnehmen, in Co- Produktion mit der Philips. Carreras war schon früher in Dresden, hatte seine Arien schon eingesungen, alle waren begeistert und zufrieden. Dann reiste Frau Caballé für den geplanten längeren Aufenthalt ohne Koffer, nur mit einem Handtäschchen an. Für die Aufnahmesitzung standen zwei Duette der Beiden auf dem Plan. Den ersten Take hörten sie sich an und Frau Caballé sagte: Das bin ich nicht, wir müssen andere Mikrofone nehmen. Als wir ihr sagten, diese Mikrofone verwende auch die Philips, das sei internationaler Standard, bestand sie darauf, dass die Mikroposition verändert werde oder sie selbst woanders stehen müsse. Claus Strüben und ich haben ihr alle Wünsche erfüllt. Wir kamen nicht zusammen, und dann sagte sie, ja, sie wolle doch einmal die Aufnahmen von Carreras vom Tag zuvor hören. Beide unterhielten sich katalanisch und waren sich nach dem Gespräch einig, dass sie mit uns keine Aufnahmen machen können. Auf einmal sagte auch Carreras, er höre immer ein Pfeifen im Lautsprecher. Wir haben nur den Kopf geschüttelt und gesagt, es täte uns leid, das hören wir nicht. Wir brachen die Aufnahme ab. Das Risiko war natürlich eine furchtbare Auseinandersetzung mit Philips. Aber im Nachhinein stellte sich heraus, dass es eigentlich eine Intrige war, weil der für Opern zuständige Produzent der Philips die Produktion selbst machen wollte und sich ärgerte, dass das nun im Osten ohne seine Mitwirkung stattfinden sollte. Im Nachhinein, nicht überraschend, kam es schnell mit der Philips zu einer vertraglichen Einigung. Statt der Oper produzierten wir im Auftrag der Philips Alben mit dem Dirigenten Silvio Varviso und Ingvar Wixell. Damit war auch unser Devisensoll für den VEB erfüllt.
Jessye Norman gehört mit ihrer umwerfenden Ausstrahlung und großartigen Sangeskunst zu den Ausnahmekünstlern. Natürlich galt sie als wahnsinnig aufregend und gab sich wie die Königin von Saba. Sie brauchte Platz und Raum. Ich weiß noch, wie sie den Schluss der Vier letzten Lieder von Richard Strauss so langsam sang, dass Masur einfach nicht mehr wusste, wie er das Orchester dirigieren sollte. Das Ergebnis ist eine einmalige, herrliche Aufnahme.
Dieses Volumen, die Gestaltungsfähigkeit, die Ruhe, die Piani, der Rhythmus und dieses intuitive Gespür, ihre Möglichkeit, große natürliche Bögen zu singen, wo alle dreimal Luft holen müssen - das war so abenteuerlich, so unwahrscheinlich. Letztlich hat die Philips einen Grammy für die Aufnahme bekommen.
Sie sprach ja wunderbar Deutsch mit geringem amerikanischem Akzent. Bei einer Stelle dieser Aufnahme habe ich versucht, sie vorsichtig zu fragen, ob sie nicht in der Aussprache eines Wortes etwas ändern könne. Das hat sie zwar akzeptiert. Als es dann aber an die „Ariadne“ ging, hat sie mich als Musikregisseur abgelehnt. Masur bestand darauf, dass ich es mache, und dann hat die Norman gesagt: „Okay, dann will ich aber für mich persönlich noch jemanden von der Philips haben“. Das wurde akzeptiert und von der Philips kam dann jemand. Nach den ersten Aufnahmen fragte sie: „Wie war es denn so?“ Die Philips-Kollegin fand alles fantastisch. Dann drehte sich Frau Norman lässig von oben herab zu mir und fragte: „Na, was meinen Sie denn so?“. Ich sagte ihr nach einem Lob, dass an einigen Stellen Verbesserungsmöglichkeiten bestünden. Nun, das fand sie toll. Damit war wieder alles im Reinen, ich war wieder die Kontaktperson.

IOCO: Die DDR hatte ja als führende Dirigenten unter anderem Kurt Masur, Herbert Kegel, Otmar Suitner, Heinz Rögner und Herbert Blomstedt. Was war für sie charakteristisch und wie haben Sie Dirigenten und Orchester erlebt?
Bernd Runge: Kurt Masur war von allen wohl die vielseitigste Persönlichkeit. So hat er in Leipzig führend mitgeholfen, dass die Wende als friedliche Revolution in die Geschichte einging. Er hat den Neubau des Gewandhauses statt des ursprünglich geplanten Mehrzwecksaals für die Uni und Konzerte vorangetrieben. Auch als Musiker war er ein Mensch, der eine sehr klare Meinung hatte von der Interpretation, die er abliefern wollte. Ich habe ihn als absolut integer kennengelernt.
Man musste mit ihm immer sehr vorsichtig umgehen, Wünsche immer genau und mit aller Sorgfalt formulieren. Er war ein anregender und vielseitig interessierter Mensch, sehr konsequent in seinen Beethoven-Interpretationen, sehr gut im russischen Repertoire, also bei Schostakowitsch, Mussorgski. Prokofjew. Selbstverständlich gibt es heute bei der jüngeren Dirigentengeneration in manchen Dingen eine andere Auffassung und Herangehensweise. In seinen Konzerten, bei Aufnahmen war er immer tief, mit ganzem Herzen, empfindsam und sehr sensibel dabei. Bei der Gesamteinspielung der Mozart-Klavierkonzerte mit Annerose Schmidt und der Dresdner Philharmonie, die wirklich schön und heute noch gültig ist, hatte die Solistin oft eine andere Meinung als Masur. Dabei hat Masur zum emotionalen Teil dieser Aufnahme sehr viel beigetragen. Seine Überzeugungskraft hat die Qualität der Aufnahmen enorm gesteigert.
Dem Orchester, das er dirigierte, hat er alles abverlangt und stets gefordert, dass alle ihre bestmögliche Leistung abliefern. Wenn etwas nicht klappte, wurde er oft ungeduldig.
Vor seinem Umzug in die USA durfte ich noch mit ihm in Berlin seinen Geburtstag feiern. Wir kannten uns, seit er Chefdirigent der Dresdner Philharmonie geworden war. Die erste Produktion damals war Musik der französischen Revolution. So wie zu DDR- Zeiten üblich, bekam er nicht etwa gleich ein Haus oder irgendwie eine große, schöne, geräumige Altbauwohnung. Er musste in einem Appartement in dem grässlichen, endlosen Plattenbau auf der rechten Seite der Prager Straße, die vom Hauptbahnhof in Richtung Zentrum führt, wohnen. Er lud uns nach der abendlichen Aufnahmesitzung ein und sagte: „Ach, wir können doch noch...“ und dann: „Ja, ich hab nichts anzubieten, aber ich hab hier Schmalz, und ich hab hier Brötchen. Wir essen jetzt Schmalzbrötchen und dann haben wir ein bisschen Wein.“ Es wurde ein herrlicher, anregender Abend.
Mit Kurt Masur habe ich sehr viele Aufnahmen gemacht, hervorzuheben sind „Vier letzte Lieder“ und „Ariadne“ von Strauss mit Jessye Norman, das Oratorium „Paulus“ von Mendelssohn mit Gundula Jannowitz und der „Fidelio“. Auch nach der Wende haben wir noch für die Philips die Große C-Dur Sinfonie von Schubert produziert.

Herbert Kegel bin ich früh begegnet. Mit ihm und Gisela May habe ich Weills „Sieben Todsünden“ aufgenommen. Dafür gab es später übrigens einen Grand Prix du Disque. Diese Aufnahme entstand in der alten Kongresshalle in Leipzig. Der Fußboden des Saals knarrte furchtbar, man musste immer mit unerwarteten, störenden Geräuschen rechnen. Unmittelbar vor der Kongresshalle fährt die Straßenbahn vorbei. Das hörte man in der Halle, und die Aufnahme musste nach Ausdünnung des Linienfahrplans relativ spät beginnen. Dann galt es, genau auf die Uhr zu schauen und die aufzunehmenden Takes entsprechend zeitlich zu begrenzen. Fährt eine Bahn um 22:13 Uhr, hatte man höchstens 15 Minuten Zeit bis zur nächsten, dann musste erst einmal wieder abgebrochen werden. Trotz dieser erschwerten Bedingungen sind dort viele der frühen Leipziger Aufnahmen (Abendroth, Konwitschny) entstanden.
Kegel war ein ganz anderer Typ als Masur, oft sehr autoritär. Er bezeichnete uns gern als „Meine Herren Elektriker“. Mit dem ausgezeichneten Rundfunkchor und dem Rundfunk-Sinfonieorchester Leipzig als durch ihn geprägte und auf ihn eingeschworene, ideale Partner hat Kegel große Verdienste um die Aufführung und Verbreitung nationaler und internationaler zeitgenössische Musik und ihrer direkten Vorgänger: Berg, Webern, Schönberg (hervorragend seine Schallplattenproduktion von „Moses und Aron“), von Orff (toll die Aufnahme der drei Teile von „Trionfi“), Dessau, Eisler, Henze („Floß der Medusa“), Penderecki, Goldberg und vielen anderen. Er schreckte vor nichts zurück und hat vieles gegen offiziellen Widerstand durchgesetzt. Seine Beethoven-Sinfonien, die er dann später für Capriccio gemacht hat, wirken distanzierter als Masurs Einspielungen. Er war ein bisschen kühler und analytisch in der Betrachtungsweise. Sein Wechsel zur Dresdener Philharmonie war vielleicht ein Fehler. Die Harmonie, die er sich gewünscht hatte und die er sich gerade hier vorgestellt hatte, entwickelte sich nicht.
Leipzig war damals ein Zentrum der zeitgenössischen Musik. Da gab es eine „Gruppe Neue Musik“, die unterschiedlichsten Kammermusikvereinigungen, besonders um den in aller Welt gefragten Oboisten Burkhard Glaetzner und den Pianisten Steffen Schleiermacher. Die haben die wahnwitzigsten Sachen gespielt, alles, was neu, interessant und wichtig war. Komischerweise blieben diese Aktivitäten auch von kulturpolitischen Eingriffen weitestgehend verschont. Leipzig war damals schon und ist heute noch eine weltoffene Stadt.
Bei Suitner lag der Fall wiederum anders. Die Dresdner Kapelle wollte auf gar keinen Fall einen DDR-Bürger als Chef haben. Sie holten Otmar Suitner, einen bis dahin unbekannten österreichischen Dirigenten, der noch bei Clemens Krauss studiert hatte, aus Ludwigshafen. Mit seiner charmanten Art und seinem feinen musikalischen Gespür gewann er die Zuneigung der Musiker, und es entstand sehr schnell eine enge künstlerische Partnerschaft. Auch in komplizierten Aufnahmesituationen blieb Suitner immer locker und gelöst.Konkrete Ansagen waren nicht unbedingt seine Sache, oft genügte ein „Schaun´s, da müssen wir was machen“. Sein Mozart war erstklassig. Als das Gerücht aufkam, er würde nach Berlin an die Staatskapelle gehen, sagte er: „Aber niemals zu dieser Feuerwehrkapelle, das werde ich doch nicht machen.“ Kurze Zeit später war er Chef in Berlin. Bei Aufnahmen war Suitner völlig unkompliziert, offen für alle Hinweise. Er sagte immer: „Runge, sagn´s halt an ... “ und ich machte die Ansagen für das Orchester. Die Atmosphäre bei Produktionen war immer sehr entspannt. Viele Einspielungen entstanden in Berlin. Für mich in Erinnerung geblieben sind besonders Schuberts „Alfonso und Estrella“ mit Prey und Fischer- Dieskau und die Gesamtaufnahme der Dvořák-Sinfonien.
Heinz Rögner war wirklich ein hervorragender, leider etwas unterschätzter Dirigent, der auch ausgezeichnet Klavier spielte. Noch Dirigent an der Berliner Staatsoper, sollte er mit dem Geiger Karl Suske Mozart- Sonaten aufnehmen. Es lief eigentlich alles ganz normal, doch nach der ersten Aufnahmesitzung kam Rögner in den Regieraum und sagte: „Also, meine Herren, ich muss Ihnen sagen, ich gebe meinen Vertrag zurück. Ich merke, ich bin den Anforderungen nicht so gewachsen, wie ich es mir selber wünsche und wie sie es vielleicht wünschen.“
Das fand ich groß. Das war konsequent. So etwas habe ich nie wieder erlebt.
Er konnte in einer großartigen Art und Weise dirigieren, auch in der Orchesterbegleitung war er einzigartig. Für Amiga haben wir mit der Dresdner Philharmonie und Peter Schreier und Sylvia Geszty einige Schmonzetten produziert. Die beiden Sänger konnten machen, was sie wollten, Rögner hatte das Orchester wie an einem Haken, jede Fermate, jede unerwartete Agogik fing er ab, es war einfach fantastisch. Natürlich ist das nur ein Beispiel für seine auch handwerklich außerordentliche Kunst. Nach seiner Staatsopernzeit wurde er Chef des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin, seine Bruckner-Aufnahmen sind grandios.
Seine Sensibilität (aber auch Empfindlichkeit) war sprichwörtlich. Ich kam aus dem Regieraum in die Kirche und wollte mit einer Orchestergruppe noch eine Verbesserungsmöglichkeit besprechen, ohne Rögner vorher eingeweiht zu haben. Das sah er, legte den Dirigierstab aufs Pult und setzte sich wortlos auf eine Kirchenbank. Lange Zeit passierte nichts. Irgendwann kamen die Musiker zu mir und sagten: „Ja, was sollen wir jetzt machen? Er spricht nicht mit uns, er spricht nicht mit Ihnen. Wir sitzen hier. Wir warten, Sie warten. Wir müssen irgendetwas unternehmen“. Ich ahnte, dass mein Alleingang Auslöser der Verstimmung war. Ich habe mich reumütig entschuldigt und Besserung gelobt, und alles war wieder gut. Ich hatte gelernt, anders als oft bei Suitner, Wünsche zuerst mit ihm zu besprechen. Nebenbei bemerkt, war es die erste Produktion mit Ludwig Güttler. Es gibt eine große Zahl von Aufnahmen unter Heinz Rögner im Katalog, einige davon in Co-Produktion mit dem Rundfunk entstanden.

Sehr anregend, menschlich bereichernd und einmalig war für mich die Zeit mit Herbert Blomstedt als Chefdirigent in Dresden. Ich hatte die Ehre und das lehrreiche Vergnügen, angefangen mit seiner ersten Aufnahme von Dvořák Sinfonie Nr. 8, fast alle Produktionen mit ihm und der Dresdner Kapelle über einen Zeitraum von 10 Jahren zu betreuen. Dadurch hat sich ein für mich großartiges, gegenseitiges Vertrauensverhältnis entwickelt. „Heldenleben“ und „Zarathustra“ von Strauss, „Leonore“, der Ur-Fidelio von Beethoven mit den großartigen Damen Edda Moser und Helen Donath, Dvořák VIII, Bruckner VII und die Gesamteinspielungen der Beethoven– und Schubert-Sinfonien, die Mozart-Hornkonzerte mit dem phantastischen Peter Damm, die Klarinetten-Konzerte von Weber mit Sabine Meyer und die Mozart-Flötenkonzerte mit Johannes Walter sind bis heute meine Favoriten.
Auch zu den Orchestern hat sich, soweit aus Altersgründen noch möglich, ein gutes Verhältnis erhalten. So meldete sich 2024 die Staatskapelle Berlin und lud zwei meiner ehemaligen Kollegen und mich zum jährlichen Treffen der Ruheständler ein, „...denn wir gehörten doch eigentlich dazu“. So hatten wir eine herrliche Gelegenheit, an einer Probe teilzunehmen, junge Kollegen kennenzulernen und in der „Konditorei“ in gemütlicher Runde gemeinsame Erinnerungen auszutauschen. Einige, die mich aus der Aufnahmezeit kannten, kamen auf mich zu. Einer der Geiger sagte: „Ach herrje, das ist schön, Sie wiederzusehen. Ja, Sie waren bekannt dafür, dass Sie immer sagten: „Ja, das war schon sehr gut, aber…dann kam immer noch eine Liste von Wünschen. Das war manchmal etwas quälend, aber es war richtig. Es war gut, dass Sie es so gemacht haben, letztlich hat es uns geholfen.“ Darauf bin ich stolz, ist es doch ein Zeichen gegenseitiger Anerkennung.
Ein Beipiel wäre auch Sir Neville Marriner, mit dem ich in Dresden Haydn-Messen produziert habe. Erst nannte er mich „slavedriver“, später waren wir per „Du“ und beste Freunde.
IOCO: Nach der Wende wurden die Karten bezüglich der Eterna und der Verteilung der Rechte neu gemischt. Die Wende muss ja ein kaltes Wasser gewesen sein. Wie haben Sie das die Nach-Eterna Zeit erlebt?
Bernd Runge: Turbulent, befreiend, aufregend, herausfordernd, aber für einige meiner Kolleginnen und Kollegen leider auch schmerzlich. Einige hatten nicht den nötigen Mut, sich den neuen Herausforderungen zu stellen oder sie sahen die Notwendigkeit einer Neuorientierung nicht, bzw. waren auch nicht in der Lage dazu. Ich war in gewisser Weise besser darauf vorbereitet, als mancher meiner Kollegen. Ich hatte bereits eine Ahnung davon, was uns erwartet durch meine Reisen zur Philips.
Nach der Wende gab es für unseren Betrieb zwei Probleme, nämlich den Verkauf des VEB durch die Treuhandanstalt an einen Privatinvestor und die Aufteilung der Vertriebsrechte. Was den Verkauf anging, interessierten sich die großen ehemaligen Partnerfirmen nicht für eine Fortführung des VEB-Schallplattenbetriebs. Für sie war höchstens das Repertoire wichtig, allerdings war dessen Vertriebsrechtesituation auf Grund der alten Verträge höchst kompliziert. Die Rechte für Co-Produktionen und Übernahmen waren geteilt. Der VEB hatte bis zur Wende die Rechte für den ehemaligen Ostblock, die Westfirmen die für die westliche Welt. So begann jetzt mit allen Firmen ein Tauziehen, mit einem für uns oft schmerzlichen Ergebnis. Eterna war als Teil eines Unternehmens in Treuhandverwaltung in einer schwachen Verhandlungsposition. So blieben viele der unseren Katalog auszeichnenden Co-Produktionen bei der Philips, bei EMI-Electrola, Ariola-Eurodisc, Teldec usw. oder bei Capriccio. Capriccio hat natürlich z.B. die Güttler- Aufnahmen nicht herausgerückt. So haben wir später unter „edel“ Hamburg viele der Konzerte mit Ludwig Güttler neu produziert.
Hinzu kam, dass die namhaften Klangkörper Ostdeutschlands jetzt ihre Verträge direkt mit den großen internationalen Firmen abschlossen und deren Teams die Aufnahmen machten.
Der VEB wurde schließlich an einen auf dem Geschäftsfeld ahnungslosen Autohändler und Grundstücksmakler verkauft. Der Betrieb Deutsche Schallplatten musste sich, auf dem immer noch umfangreichen Restrepertoire aufbauend, neu erfinden, unabhängig und profitabel werden. Dafür wäre natürlich auch ein neues internationales Vertriebssystem nötig gewesen. Doch erst einmal wurden die älteren, meist hervorragenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlassen. Für mich, glücklicherweise noch jung genug, fügte es das Schicksal, dass die neu ernannte Leiterin des Klassikbereichs eine mir bekannte Mitarbeiterin der Philips war. Ich wurde Chefproduzent Klassik und konnte mit ihrer Hilfe noch einige interessante Produktionen realisieren, so mit Heinrich Schiff und der Deutschen Kammerphilharmonie und den Bamberger Sinfonikern unter Manfred Honeck. Durch sie bekam ich auch rechtzeitig das Signal, dass die Firma in Schwierigkeiten kommen werde. Es ging dem Investor von Anfang an wahrscheinlich nicht so sehr um ein profitables Schallplattenunternehmen, sondern mehr um die zum Betrieb gehörenden Immobilien.

Am Ende wurden die Mitarbeiter entlassen und das Repertoire verkauft, Pop und Unterhaltung gingen an die BMG und die Klassik an die Fa. „edel“ Hamburg, die das vorher kreierte Label Berlin Classics weiterführte und bis heute weiterführt. Wo die Aufnahmen von Aurora und Litera geblieben sind, kann ich nicht sagen. Bereits im Zeichen des nahenden Absturzes hatte ich zu einem meiner noch verbliebenen Kollegen gesagt: „Wollen wir nicht eine eigene kleine Musikproduktionsfirma gründen?“ Gesagt, getan! Mit Jorgen Larsen, dem damaligen Chef, der das Ganze leitete, schlossen wir einen Vertrag, der beinhaltete, dass wir uns von der Studiotechnik aussuchen konnten was wir haben wollten. Und so stellten wir für uns eine Top-Studioausrüstung als Startkapital für unsere Firma „artephon“ zusammen. Das Darlehen für das Equipment sollten wir dann über Aufträge der Deutschen Schallplatten GmbH zurückzahlen. Wir bekamen zunächst noch ein paar Aufträge, aber dann verschob sich eine Rückzahlung auf den Sankt Nimmerleinstag.
Mit der Übernahme des Klassikrepertoires durch „edel“ ergab sich für Hamburg die Notwendigkeit, eine Klassikabteilung aufzubauen. Man „kaufte“ mich aus meiner Firma und erkor mich zum Leiter der Abteilung, zum „Head of Classic“, der nun in Berlin in einem neuen Büro eine Mannschaft für „Berlin Classics“ zusammenstellte. Im Vordergrund stand die Aufgabe, das verbliebene Repertoire neu zu präsentieren und durch Neuproduktionen zu ergänzen. So haben wir die Trompetenkonzerte mit Ludwig Güttler und seinen Ensembles neu eingespielt und die Reihe „Musik der Dresdner Hofkapelle“ fortgesetzt.
Dazu kamen ua. Neuproduktionen mit der Camerata Bern und Thomas Zehetmair, (mit einem „Echo“ ausgezeichnet), mit den Amsterdamer Bachsolisten,mit der Deutschen Kammerphilharmonie, mit Zehetmair und dem Budapest- Festivalorchester unter Iván Fischer. Auch diese Aufnahmen habe ich weiterhin als Musikregisseur betreut.
Unsere Schwachstelle war der Vertrieb. Außerdem war die Zeit der einnahmeträchtigen Klassikumsätze inzwischen vorbei. Auch die großen internationalen Firmen begannen, ihr Altrepertoire zu verramschen. Karajan-Aufnahmen konnte man für ein Spottgeld kaufen. Das alte Geschäftsmodell funktionierte nun nicht mehr und dann hat man auch in Hamburg zu mir gesagt: „Du bist ab jetzt ein Profitcenter. Sieh zu.“
Das ging über meine Möglichkeiten. Wir haben uns nach drei Jahren in aller Freundschaft getrennt. Ich war einen Moment ratlos, aber inzwischen trainiert. Das war ein weiterer Abschnitt, es musste weitergehen.
Beim Deutschlandradio habe ich gefragt, ob sie nicht ein Mann wie mich brauchen könnten. Nun, sie konnten, und ich bin als Ton- und Musikregisseur beim Rundfunk eingestiegen. Schon bei „edel“ hatte ich lernen müssen, mit einem Apple-Computer zu arbeiten, jetzt musste ich auch lernen, digital zu schneiden und sendefertige Fassungen herzustellen. Immer war mir bewusst, du darfst keine Blöße zeigen, du guckst mal hin wie die das machen, und so machst du es auch. Es hat unterm Strich sehr gut funktioniert.

Irgendwann bekam ich den Telefonanruf vom damaligen Orchesterdirektor des Berliner Rundfunk-Sinfonieorchesters, den ich noch aus Dresden kannte. Der sagte: „Runge, wollen Sie sich nicht für den Posten des Orchesterdirektors bei unserem Orchester bewerben?“ So eine Position hatte ich mir für den letzten Abschnitt meines Berufslebens immer gewünscht. Ich wohnte damals in der Bauhofstraße, dieser schmalen, alten Gasse hinter der Humboldt-Uni am Eingang vom Pergamonmuseum in einer wunderschönen Altbau-Wohnung und sagte: „Ich habe mir immer schon gewünscht, mit einer Aktentasche über den Opernplatz zu laufen, den Gendarmenmarkt zu überqueren und in mein Büro zu gehen.“
Also habe ich mich beworben und den Job bekommen, weil ich Vorschläge für Programme gemacht habe, die dem damaligen Chef Rafael Frühbeck de Burgos gefallen haben und die „Chemie“ zwischen uns stimmte. So wurde ich Orchesterdirektor. (Mit Frühbeck und der Dresdner Philharmonie habe ich 2007 als „freischaffender“ Musikregisseur meine letzten Aufnahmen gemacht.)
Wieder kamen Anforderungen auf mich zu, von denen ich bisher keine oder nur wenig Ahnung hatte. Jetzt ging es um die Konzertplanung, die Säle, die Programme, die Künstler und die Verträge, kurzfristige Besetzungsausfälle, Gastspiele, die Verwaltung eines vorgegebenen Millionen-Haushalts. Wie gewinnen wir ein neues Publikum auch im alten Westberlin, wie gewöhne ich unser Ostberliner Stammpublikum an Konzerte in der Philharmonie und, und, und. Als Teil der ROC GmbH, zu der auch das Deutsche Symphonieorchester gehört, musste ich täglich um die Existenz unseres Orchesters kämpfen. Die Situation eskalierte, als Kent Nagano Chef des DSO wurde und für seinen Orchesterhaushalt eine Million zusätzlich bekam.
Die Forderung Frühbecks nach Gleichstellung verweigerten die Subventionsgeber, also Deutschlandradio, Bundesrepublik Deutschland und RBB, damals auch noch das ZDF. Daraufhin schmiss Frühbeck hin, und ich war mutterseelenallein. Es galt, die Konzertplanung umzustellen und einen neuen Chef zu suchen. Trotz aller negativer Durchstechereien von Gerüchten einer Auflösung oder mindestens einer beabsichtigten wesentlichen Verkleinerung unseres Orchesters bei allen großen Agenturen gelang es mir, Marek Janowski zu interessieren. Wir kannten uns aus Schallplattenzeiten, er vertraute mir. Er war eigentlich so etwas wie ein Erster Gastdirigent beim DSO. Jetzt hatte er den Ehrgeiz, die besondere Qualität und die Existenzberechtigung des Rundfunk-Sinfonieorchesters zu beweisen. Er ist ein bei allen großen internationalen Orchestern gern gesehener Gast und ein hervorragender Orchestererzieher. Sein Angebot, dass ich über mein Renteneintrittsalter hinaus ihm als Orchesterdirektor zur Seite zu stehen, habe ich aus familiären und gesundheitlichen Gründen ausgeschlagen. Mit ihm habe ich noch eine große Südamerika-Tournee erlebt und ihn begleitet bei seinem Einstieg in die Chefposition.
IOCO: Worauf kam es zu Beginn Ihres Einstiegs an, und was sind aus Ihrer Sicht heute die wesentlichen Herausforderungen des Berufs?
Bernd Runge: Die Herausforderungen an meinen Beruf haben sich eigentlich nicht so sehr geändert. Für einen Tonregisseur sind umfassende, gründliche, sowohl theoretische als auch praktische Kenntnisse der Musik und des aktuellen Musiklebens wie eine profunde Kenntnis des neuesten Standes der Studiotechnik nötig. Dazu sind Empathie und psychologisches Einfühlungsvermögen für die Arbeit eine wichtige Voraussetzung. Da heute vieler meiner Kolleginnen und Kollegen selbst ständig tätig sind oder eine kleine Produktionsfirma führen, kommen natürlich Kenntnisse in Ökonomie, Steuerrecht und Wirtschaftsplanung und die ständige Bereitschaft, sich neuen Gegebenheiten zu stellen, hinzu.