Wien, Wiener Staatsoper, Opernball 2015: Kultur, Tradition, Mediales Weltereignis, IOCO Aktuell, 12.02.2015

Wien, Wiener Staatsoper, Opernball 2015: Kultur, Tradition, Mediales Weltereignis, IOCO Aktuell, 12.02.2015
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Wiener Staatsoper

Wiener Staatsoper © Starke
Wiener Staatsoper © Starke

Wiener Opernball 2015 - 12.02.2015

Mediales Weltereignis, Geliebte Tradition, Laufsteg von Eitelkeiten

Wiener Staatsoper / Opernballplakat 2015 by Kera Till
Wiener Staatsoper / Opernballplakat 2015 by Kera Till

Alljährlich ist der Wiener Opernball spektakuläres und internationales Medienereignis. Weltkriege, Skandale wie andere Widrigkeiten überlebte er weitgehend unbeschadet. Dabei stellt der Opernball nur eine Facette in der weit gefächerten Wiener Balltradition dar, welche 1814/15 im Wiener Kongress 1814/15 ihren Ursprung hat.

Doch unstreitig: Der Wiener Opernball ist medialer Höhepunkt der prächtigen, 450 Feste umfassenden Wiener Ballsaison, welche jedes Jahr zur Zeit des Fasching statt findet. Ob Akademikerball, das fröhliche Kostümfest genannt Gschnas, Bürgerball, Polizeiball, Bonbonball, Ball der Tiroler in Wien, Regenbogenball: Alle Bälle einigt die große Wiener Tradition. Der Wiener Opernball verstand sich ursprünglich als "Ball der Künstler für Künstler". Nach vielen Wirrungen gab 1877 Kaiser Franz Joseph, seine persönliche, 1869 noch verweigerte, Zustimmung zu einer Soirée im Festsaal der damaligen Hofoper, aus welcher der heutige Opernball entstand. Seine formalen Rituale wie offiziellen Namen Wiener Opernball erhielt das Künstlerfest erst 1935.

Der 58. Wiener Opernball in 2014 war künstlerisch gelungen, lebensnah aber auch turbulent: Der österreichische Bundespräsident Fischer wurde von ex-UN-Generalsekretär Kofi Annan begleitet, welcher liebenswert konstatierte: "Jeder muss einmal im Leben auf dem Wiener Opernball gewesen sein".

Wiener Opernball © Wiener Staatsoper/Michael Pöhn
Wiener Opernball © Wiener Staatsoper/Michael Pöhn

Der 59. Wiener Opernball findet am 12. Februar 2015, Gründonnerstag wie  Altweiberfastnacht statt. 5.000 Gäste werden dann feiern: Bundespräsident, Wirtschaftsbosse, Minister, Medienstars, Sternchen, Parvenüs, Spaßvögel, doch meist – man glaubt es kaum – feiern in der Staatsoper Normalbürger aus Wien. Spät-entschlossene haben keine Chance: Der Opernball seit langem ausverkauft.

Dominique Meyer und Desirée Treichl-Stürgkh © Wiener Staatsoper / Michael Pöhn
Dominique Meyer und Desirée Treichl-Stürgkh © Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

Der Opernball zieht allein in Österreich alljährlich 1,5 Mio. Menschen vor die Fernseher. Weltweit sind es viele Millionen. Dominique Meyer, Chef der Wiener Staatsoper möchte künstlerische Ansprüche hochhalten und präsentiert "eine Galerie an hochbegabten Künstlern auf einem hohen Niveau". Dabei war Begeisterung für den Opernball bei Opern-Chefs nicht immer so eindeutig wie heute: Meyer-Vorgänger, der knorrige Ioan Holender zeigte wenig Sympathie: “Ich stelle die Sinnhaftigkeit zur Diskussion, dass man 2 Millionen Euro investiert, um ein Gebäude zweckentfremdend zu nutzen.“ Doch Meyer, seit 2011 neuer Opern-Chef, outet sich offensiv entspannt als Wiener Opernball-Fan. So verwandelt sich die Wiener Staatsoper am 12. Februar 2015 zum schönsten Ballsaal der Welt. Ein übedachter, breiter roter Teppich vor dem Eingang der Staatsoper trägt den Glamour des Ball-Events sichtbar in die Öffentlichkeit. 19 Kameras des ORF und zahllose Moderatoren berichten via Radio und Fernsehen live in die Welt.

Wiener Opernball © Wiener Staatsoper/Michael Pöhn
Wiener Opernball © Wiener Staatsoper/Michael Pöhn

Desiree Treichl – Stürgkh, gelernte Mode-Journalistin, Beiname Ball-Mutter organisiert den Opernball seit 2008. Alles Walzer – heißen die von Atil Kutoglu für die Debütant/innen des Opernballs entworfenen unterschiedliche Roben. "Ich bin verliebt in die Kleider. Sie verleihen dem Opernball noch mehr internationales Flair", so Treichl-Stürgkh, alles sehend, alles steuernd. Aida Garifullina, junger russischer Shooting-Star der Wiener Staatsoper, wird ein Höhepunkt des Opernabends sein; mit der Arie Je veux vivre aus Gounods Oper Romeo et Juliette. Das Wiener Staatsopernorchester dirigiert Ingo Metzmacher.

Seit Jahrzehnten steht das Eröffnungsprogramm des Opernballes: Punkt 20.15 Uhr ertönt die FANFARE von Karl Rosner, es folgt die ÖSTERREICHISCHE BUNDESHYMNE EUROPAHYMNE von Ludwig van Beethoven. Der folgende, spektakuläre Einzug des 180 Paare umfassenden Jungdamen- und Jungherren-Komitees stellt einen der reizvollsten Höhepunkte des Opernballes dar. Die FÄCHERPOLONAISE, op. 525 von Carl Michael Ziehrer unterlegt diesen Einzug musikalisch.

Um in dieses Komitee „vorzudringen“, mussten sich die Paare am 8. November 2014 Walzer drehend qualifizieren. Denn die Aufnahmevorschrift in das Komitee verlangt: Gute Linkswalzer-Kenntnisse, Alter 17 bis 24 Jahre, maximal 1 Teilnahme, Euro 100 Gebühr, schriftliche Bewerbung mit Bild bis Anfang Oktober. Es besteht Bekleidungsvorschrift: Für Damen: Schneeweißes langes, Ballkleid (ohne Reifrock), weiße Handschuhe, weiße Schuhe. Für Herren: Schwarzer Frack, weiße Handschuhe, schwarze Lackschuhe. Rauchverbot!

120 Musiker sorgen in der Ballnacht bis 5 Uhr in der Früh für Unterhaltung. Es gibt ein Spielcasino, für Raucher gibt es zwei Rauchersalons, diverse Bars, ein Heuriger und an acht verschiedenen Lokationen kann getanzt werden. Die Logen dienen der Unterhaltung wie aber der Geschäftsanbahnung, wienerisch gerne als Landschaftspflege umschrieben. Im der Oper gegenüber liegenden Hotel Sacher wird vorgefeiert.

Meyer und Solistin Garifullina und Bezsmertna © Wiener Staatsoper / Michael Pöhn
Meyer und Solistin Garifullina und Bezsmertna © Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

Eine normale Eintrittskarte zum Opernball kostet 250 Euro. Nur damit sieht man damit nicht viel. Vielleicht mietet man sich noch einen Tisch für 6 Personen um 1.080 Euro. Doch es geht auch preiswerter. Auf der Galerie des Hauses den kleinen Opernball feiern, in dem Heurigen ein Glas Wein trinken, in einer Disco moderne Musik hören oder im Casino zocken. Dem Frackzwang des Abends begegnet der Geübte mit gemieteten Utensilien.

Neben brillantem Tanz, Kultur und Honoratioren feiert die Boulevardpresse zum Opernball gerne deren schräge Seiteneinsteiger: Alt-Bauunternehmer “Mörtel” Richard Lugner, 82, ist seit Jahren mit seinen Gästen schrulliger wie wenig seriöser Medienstar des Balles. Einer Einladung in seine Lugner-Rangloge (Preis €18.500) folgen in letzten Jahren bereitwillig Stars und Sternchen wie Brigitte Nielsen, Ruby Rubacuori, Paris Hilton, Pamela Anderson oder Stripperin Ditta von Teese (Slogan: “Der Ball ist nackt”), deren bekannte Leidenschaften weniger dem Tanz oder klassischer Musik galten. 2015 wird die Tänzerin und ex-Ehefrau von George Clooney Elisabetta Canalis als medienlauter Gast in der Lugner-Loge "auflaufen". 2014 düpierte Lugner-Gast Kim Kardashian ihren Gastgeber mit abstrusem Versteckspiel, Moderator Johannes B. Kerner fand sich in einer wüsten Prügelei wieder und Oliver Pocher überraschte nicht wirklich mit abgedrehter Pöbelei.

So meiden manch traditionsorientierte Wiener Einheimische das in ihren Augen leicht verrufene Klatschspektakel “Opernball“. Die Medialisierung des Wiener Opernballes bricht alte Balltraditionen auf und gibt dem gesellschaftlichen Leben der kulturell so reichen  Stadt Wien vielfältige neue Impulse. Und genau dies begründet das Phänomen Wiener Opernball, welcher am 12. Februar 2015 zum 59. Mal gefeiert wird und weltweite Aufmerksamkeit erfahren wird. 

IOCO / Viktor Jarosch / 06.02.2015

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