Wien, Volksoper Wien, Der Zauberer von Oz verzaubert Wien, IOCO Kritik, 17.12.2014,

Wien, Volksoper Wien, Der Zauberer von Oz verzaubert Wien, IOCO Kritik, 17.12.2014,

Volksoper Wien

Wien / Volksoper Wien bei Nacht © IOCO
Wien / Volksoper Wien bei Nacht © IOCO

Der Zauberer von Oz an der Volksoper   Bunter Musicalzauber mit Anleitung zum Erwachsen werden 

US-Amerikanern ist

The wonderful Wizard of Oz (Der Zauberer von Oz)

was Deutschen, Österreichern oder Schweizer ihre Hänsel und Gretel ist: Ein Märchen, welches kindliche Phantasiewelten übersprudeln lässt. Großen wie kleinen Amerikanern wurde der Zauberer von Oz zum lebendigen Teil ihres Menschseins.

Wien / Zauberer von OZ / Intendant Meyer als Zauberer © Barbara Palffy / Volksoper
Wien / Zauberer von OZ / Intendant Meyer als Zauberer © Barbara Palffy / Volksoper

Lyman Frank Baum schuf 1900 das Märchen um das junge Mädchen Dorothy, welches in Kansas mit Fantasiegestalten, dem Blechmann, dem Löwen und der Vogelscheuche viele aufregende Abenteuer durchläuft. Harold Arlen schuf in den 30er Jahren mit Song Texter E.Y. Harburg das Musical Oz. Die Verfilmung des Wizard of Oz mit Judy Garland als Dorothy wurde 1939 zu einem der größten Erfolge der Kinogeschichte. In vielen Facetten wurde Oz nach 1939 verfilmt, auch mit Michael Jackson, als Vogelscheuche. Durch die allgegenwärtige Vertrautheit mit Oz werden in den USA dessen Figuren immer wieder allegorisch verwendet. Somewhere over the Rainbow wurde zur populären Erkennungsmelodie, die magischen roten Schuhe der bösen Hexe wurden sichtbares Symbol des Musicals.

 Wien / Volksoper_Zauberschuhe im Eingang © IOCO
Wien / Volksoper_Zauberschuhe im Eingang © IOCO

Große rote Schuhe vor dem Eingang der Wiener Volksoper kündigen an: Das dreistündige Musical öffnet in Wien weite Räume für Phantasie und Träume von Klein wie Groß. Die spektakuläre Inszenierungsvielfalt (Regisseur Henry Mason) orientiert sich mit stationären wie fliegenden Kulissen, mit grell-bunten Kostümen (Jan Meier) liebevoll am filmischen Original: Vom Schnürboden herabschwebende Kansas-Farmhaus-Fassade, Pferdewagen, Maisfelder. Wenn das Märchen Oz auch ursprünglich nur Kinder einfangen wollte, inzwischen erfasst es alle Altersgrenzen. Ein Jahr dauerte die Vorbereitung der Volksopern-Produktion: 42 Kinder und Jugendliche bilden den Jugendchor, welcher mit Puscheln tanzend, singend Dorothy in Munchkin City begrüßt („Ding, dong, die Hex ist tot“) oder in seinem blendend einstudierten Jitterbug-Tanz (Lucio Golino, Brigitte Lehr) mitreißt. Farbig, phantasieanregend für Kleine ohnehin, werden in der Volksoper auch die Großen von Dorothy und ihren Traumwelten verzaubert.

Wien / Der Zauberer von Oz, Vogelscheuche, Dorothy, Löwe und Blechmann © Barbara Palffy / Volksoper
Wien / Der Zauberer von Oz_Vogelscheuche, Dorothy, Löwe und Blechmann © Barbara Palffy / Volksoper

Oz handelt von den großen Nöten der Kleinen in ihrem Erwachsen werden. Das kleine Mädchen Dorothy fühlt sich auf ihrer Farm in Kansas von Miss Gulch schlecht behandelt. Als auch noch der innig geliebte Hund Toto („dieser Hund ist eine Gefahr“) abgenommen werden soll, kein Erwachsener steht ihr bei, beschließt Dorothy wegzulaufen. Ein Sturm zieht auf und wirbelt Dorothy nach Munchkin City im Land Oz. Sie befreit die dort lebenden Munchkins von der „bösen Hexe des Ostens“ und erlangt deren magische rote Schuhe. Dorothy möchte wieder zurück nach Kansas. Die gute Hexe Glinda schickt Dorothy zum Zauberer von Oz in die Smaragdstadt. Auf dem Weg dorthin schließt Dorothy Freundschaft mit der Vogelscheuche, welche sich ein Hirn wünscht („Jetzt hol ich mir ein Hirn“), dem Blechmann, welcher ein Herz möchte („um ein Munchkinmädel zu lieben“) und dem ängstlichen Löwen, der mutig sein möchte („ich mache mir sogar selbst Angst“).

Gegenspielerin von Dorothy auf allen Wegen ist die Westhexe, Herrscherin über das versklavte Volk der Winkies ( großartig das „Winkie Marschlied“), packend tanzende rot-schwarze Jitterbugs und fliegende Affen. Zum guten Ende des Musicals entdecken alle, dass der Zauberer von Oz („Ich bin ein guter Mensch nur ein schlechter Zauberer“) nicht zaubern kann, dass sein angepriesener Zauber nur Betrug, Humbug ist: Die Kraft des Lebens, so lehrt das Musical zärtlich, ruht in der eigenen Person: Blechmann, Vogelscheuche und Löwe finden mit dieser Erkenntnis wieder zu wahrer Persönlichkeit, Dorothy mit Toto zurück zu ihrer Familie: „Es ist nirgends so schön wie zu Hause“.

Lorenz C. Aichner und das Orchester der Volksoper schufen das einem Musical eigene musikalische Flair. Die großen Chöre wurden perfekt geleitet, der Schwung von Handlung  und Emotionen grandios übertragen. Johanna Arrouas gestaltet die trotzige junge Dorothy mit schön timbrierter Stimme   lebendig und unaufdringlich. Ihrem allzeit präsenten Hund Toto verleiht Daniel Jeroma Seele und Bewegung. Ex-Burgschauspieler Robert Mayer lebt seine Partien des Professor Marvel und des Zauberer von Oz mit komödiantischer Kraft. Regula Rosin nötigt Dorothy zunächst als Tante Em und dann als gute Hexe Glinda.

Wien Romantischer Zauberer von Oz an der Volksoper © IOCO
Wien / Romantischer Zauberer von Oz an der Volksoper © IOCO

Doch auch die weiteren Solisten des Ensembles tragen die Produktion stimmlich und mit darstellerischer Kraft: Wolfgang Gratschmeier als Wächter der Smaragdstadt, Peter Lesiak als Vogelscheuche, Oliver Liebl als Blechmann und Martin Bermoser als stets verzagter Löwe. Christian Graf stellt gibt Miss Gulch aber noch mehr der Westhexe auf einem schrägen Easy-Rider-Motorrad coolen Hexenflair.

Nicht nur zur jetzt so kühlen und dunklen Weihnachtszeit ist der Der Zauberer von Oz der Volksoper in Wien ein überlaufender, belebender Emotionsbrunnen für Klein und Groß. Die unverstellte, dem Original so nahe Inszenierung von Henry Mason lässt schnell ahnen, warum Der Zauberer von Oz vielen Amerikanern nicht allein lustiges Musical ist sondern auch Held der Träume junger Jahren. Das zumeist erwachsene Wiener Premieren-Publikum reagierte jungendlich emotional, es war stürmisch laut.                      

IOCO / Viktor Jarosch / 16.12.2014