Mailand, Teatro alla Scala, Wachablösung mit Alexander Pereira, IOCO Aktuell, 08.06.2013

Mailand, Teatro alla Scala, Wachablösung mit Alexander Pereira, IOCO Aktuell, 08.06.2013
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Salzburger Festspiele

Aufbruch - Abbruch? Alexander Pereira folgt Lissner
Teatro alla Scala © Jean-Christophe Benoist
Teatro alla Scala © Jean-Christophe Benoist

Pereira: In Salzburg gescheitert, in Mailand geheuert

Das Mailänder Teatro alla Scala, an der Piazza della Scala gelegen, wurde 1776 auf dem Gelände der Kirche Maria della Scala erbaut. Mit 2300 Plätzen ist die „Scala“ heute eines der größten Opernhäuser Europas. „Bauherrin“ der Scala war die damalige Kaiserin von Österreich, Maria Theresia. In der Folge des Spanischen Erbfolgekrieges war, 1714, Mailand österreichisch geworden.

Mit der Kathedrale ist die Scala für Mailand das, was das Colosseum und der Petersdom für Rom oder der Canale Grande und San Marco für Venedig sind: Identität und Aushängeschild der Stadt, absoluter Anziehungspunkt. Doch seit den von Silvio Berlusconi ausgelösten Kürzungen kommunaler Kulturetats befindet sich das Teatro della Scala in schwierigem Fahrwasser. Das wirtschaftliche Selbstverständnis italienischer  Theater wurde gekippt, Spielplankürzungen und Streiks sind aktuelle Folgen. Die Scala muss seither über 50% ihres Etats privat erwirtschaften. Im deutschen Sprachraum beträgt der Selbsterwirtschaftungsgrad  kommunaler Theater meist nur 9 - 25%.  Auch das Gehalt des Intendanten Stéphane Lissner wurde massiv gekürzt, von fast € 1 Mio auf € 450.000/Jahr.  Lissners Abgang ist die profane Folge einer Gehaltskürzung.

Teatro alla Scala Zuschauerraum © Stefan Neudeck
Teatro alla Scala Zuschauerraum © Stefan Neudeck

Die Suche nach Lissners Nachfolger läuft seit Mitte April 2013, am 23. Mai fiel die Entscheidung durch den Scala-Aufsichtsrat unter Vorsitz von Mailands Bürgermeister Pisapia. Der Aufsichtsrat bestellte darin ab 2015 den noch-Intendant der Salzburger Festspiele, Alexander Pereira, 66, zum neuen Intendant. Bürgermeister Pisapia zeigte sich hoffnungsvoll mit dieser Entscheidung: "Pereira ist die Person, die unserer Ansicht nach am geeignetsten ist, unser Juwel zu verwerten." Pereira verkündete seinerseits bereits, daß der nächste Musikdirektor der Scala ein Italiener sein werde. Womit er wohl den in Mailand geborenen Ricardo Chailly meint und gleichzeitig für 2015 das Vertragsende des derzeit herrschenden Daniel Barenboim ankündigte. Doch alles schwebt, irritierend, noch ein wenig: Schriftliche, belastbare Erklärungen der Stadt zur Bestellung Pereiras fehlen bisher.

Erst 2012 kam Alexander Pereira aus Zürich mit hohen Erwartungen als Intendant zu den Salzburger Festspielen. Die Aura eines Finanzgurus begleitete ihn und die Erwartung, durch mitgebrachte Sponsoren den Festspielen ein finanziell wie strukturell solides Fundament zu geben. Doch Pereiras Zeit in Salzburg war künstlerisch lau und finanziell enttäuschend, belastet von Misstönen und Streitigkeiten. Statt Sponsoren zu bringen, forderte Pereira von Stadt und Land höhere Zuschüsse und drohte wiederholt mit Rücktritt. Nach seiner Bestellung zum Scala-Intendanten wird man in Salzburg aufatmen. Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden, ohnehin über die Zusammenarbeit frustriert, hatte eine Verlängerung des Pereira Vertrages über 2016 hinaus bereits strikt abgelehnt. 

Salzburg, Festspielhauskomplex © Andreas Praefcke
Salzburg, Festspielhauskomplex © Andreas Praefcke

In Salzburg krachend gescheitert bastelt Pereira an seinem profitablen Abgang nach Mailand und verkündet in der "Presse" larmoyant: "Ich erfülle meinen Vertrag (NB. in Salzburg) bis zum bitteren Ende. Ich lasse Salzburg nicht im Stich. Ich bleibe verfügbar bis 2016...". Bürgermeister Schaden wiederum hält dagegen: "In Salzburg gibt es keine Nebenbei-Festspiele....will ihm keine Steine in den Weg legen....Aber 2014 (NB: mit Pereira) kann ich mir schwer vorstellen... Pereiras Arbeit für Mailand beginnt genau jetzt". Schaden betont auch, dem am 11. Juni 2013 tagenden Festspiel-Kuratorium  nicht vorgreifen zu wollen. Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller äußert sich ähnlich drastisch gegenüber der APA: "Ziel ist eine saubere Lösung mit Pereira, der ja bis 2016 in Salzburg unter Vertrag steht....Eventuell noch die Festspiele 2013, 2014 und dafür höchstens die halbe Gage.. Eine klassische Doppelfunktion schließe ich aus."

Alexander Pereira: In Salzburg als Hoffnungsträger gekommen, als Albtraum geendetNun ist Pereira Hoffnungsträger des Teatro alla Scala in Mailand.

IOCO / Viktor Jarosch / 8. Juni 2013

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