New York, Carnegie Hall, Verpatzter Auftritt der Berliner Philharmoniker, IOCO Aktuell, 13.01.2009
November 17, 2009
Veröffentlicht unter Berliner Philharmonie, Carnegie Hall, IOCO Aktuell
Verpatzter Auftritt der Berliner Philharmoniker
Die 1891 gebaute Carnegie Hall in New York entwickelte in den letzten Jahren ein weltweit auffälliges musikalisches Angebot. Der große Konzertsaal, das Isaac Stern Auditorium, bietet mit 2.804 Sitzplätzen Raum für große Ereignisse; für kleinere Veranstaltungen werden unter gleichem Dach zwei kleinere Konzertsäle mit knapp 600 Sitzplätzen (u.a. in der Zankel Hall) geboten.
So wurde es inzwischen Tradition der großen Orchester der Welt, in diesem ehrwürdigen Haus Station zu machen. Auch die Berliner Philharmoniker treten regelmäßig in der Carnegie Hall auf. Sie gehören somit – zumindest dem Rufe nach – zu den besten Orchestern der Welt. Und so traten sie auch in diesem Jahr dort auf: Mit Brahms-Sinfonien: Am 11.11. mit der 1. Sinfonie c-Moll, die 2. Sinfonie D-Dur am 12.11., die 3. Sinfonie F-Dur und 4. Sinfonie e-Moll sollten am 13.11. den Zyklus in New York beschließen.
Doch das von IOCO besuchte Konzert am 13.11. stand unter keinem guten `Stern´: Zeitgleich zu den Berliner Philharmonikern im Stern Auditorium traten in der Zankel Hall Cap Verdische Musiker mit Verstärkern, Trommeln und Guitarristen auf. Die unwiderstehliche Sängerin Sara Tavares motivierte ihre Cap Verdischen Musiker derart erfolgreich, daß Simon Rattle und seine Berliner Philharmoniker in ihrem Brahms-Konzert fortwährend mit Hintergrundklängen afrikanischer Lebenslust zu kämpfen hatten. Welche einfach nicht zu Brahms passen wollten.
Clive Gillinson, Carnegie´s Artistic Direktor, entschuldigte sich für den Vorfall. Bestehende Kontrollen, welche genau dieses Problem hätten verhindern sollen, haben an diesem Abend nicht gegriffen. Lautstärketests, so Gillinson, seien Routine; doch augenscheinlich sei irgend etwas schief gelaufen. Was es war, das prüfe man noch.
Das Dirigat von Simon Rattle war allerdings auch lau; es zeigte keine gestaltende Führung. Rattle schien seine Philharmoniker eigenständig spielen lassen zu wollen; diese nutzten ihre Freiräume lebhaft. Denn Brahms kann dieses Orchester natürlich spielen. Und so schien dieses Konzert in der Carnegie Hall mehr ein Verbund von Individualisten sein. Nicht wie zu Karajan´s Zeiten, als die Klangfülle immer geschliffen, die Abstimmung aller Instrumente, besonders der Bläser immer pointiert, geformt war. So sprangen in diesem Konzert immer wieder, fast unpassend, individuelle, überzeichnete Instrumente hervor, welche die Geschlossenheit des Klangkörper, der ganzen Komposition störten. Rattle´s laissez-faire Dirigat führte zudem dazu, daß auch die Lautstärken einfach nicht zueinander passten: Fortissimo waren übertrieben und schlammig; Piano („p“) hat Rattle vielleicht noch erreicht; Pianissimo („pp“) waren zumindest an diesem Abend für Rattle unerreichbar.
Vielleicht war Simon Rattle an diesem Abend durch die Töne oben beschriebener Sara Tavares irritiert. Vielleicht vermissten die Berliner Philharmoniker an diesem Abend mehr Führung. Was immer es war: Große Namen, hier Simon Rattle und die Berliner Philharmoniker, bedeuten nicht zwangsläufig Qualität. Somit war aus IOCO-Sicht das Brahms-Konzert der Berliner Philharmoniker unter Simon Rattle am 13.11. in der Carnegie-Hall leider ein musikalischer Mißerfolg.
Ihr
IOCO-Team / VJ
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