Münster, Museum Pablo Picasso, Picasso / Miró – Eine Künstlerfreundschaft - Ausstellung, IOCO Aktuell, 20.03.2021

Münster, Museum Pablo Picasso,  Picasso / Miró – Eine Künstlerfreundschaft - Ausstellung, IOCO Aktuell, 20.03.2021
Kunstmuseum Pablo Picasso Muenster © Kunstmuseum Pablo Picasso
Kunstmuseum Pablo Picasso Muenster © Kunstmuseum Pablo Picasso

Kunstmuseum Münster-Pablo Picasso

 Picasso-Museum Münster -  „Picasso / Miró – Eine Künstlerfreundschaft

- Der Titan und der Gärtner -

von Hanns Butterhof

Das Kunstmuseum Pablo Picasso Münster ist wieder für Besucher geöffnet. Die aktuelle Ausstellung „Picasso / Miró – Eine Künstlerfreundschaft“ wird bis zum 25. April 2021 verlängert. Mit über 100 Gemälden, Skulpturen, Grafiken, Zeichnungen und Keramiken zeigt die Ausstellung auf zwei Etagen des Museums aufschlussreich den unterschiedlichen Umgang der beiden befreundeten katalanischen Künstler Pablo Picasso und Joan Miró mit der Wirklichkeit.

 La Colombe von Pablo Picasso © Hanns Butterhof
La Colombe von Pablo Picasso © Hanns Butterhof

Die einzelnen Räume der Ausstellung sind mit sinnvollen Übertiteln versehen. So weist der erste mit „Bestiarium“ auf Bilder mit Tiermotiven hin. An ihnen werden schon die Gemeinsamkeiten wie auch die Unterschiede der beiden Malerfreunde deutlich. Während Pablo Picassos Friedenstaube „La Colombe“ (Foto oben) nahezu altmeisterlich realistisch das luftig-leichte Gefieder der Taubenfigur aus dunklem Grund herausarbeitet, geht er schon beim nächsten Bild, „Le Crapaud“, von einer noch offenen Form durch realistische Zutaten wie die charakteristischen Glubschaugen der Kröte zur gegenständlichen Bestimmung über. Dabei bleibt er nicht stehen, sondern treibt im nächsten Bild, „Tête de Taureau“, das Motiv des Stierkopfes bis zur Grenze der Abstraktion weiter.

Bei den gegenüber hängenden Mirós ist soweit von Realismus kaum eine Spur. Joan Miró arbeitet aus einem farbigen, nur durch die Stimmung charakterisierten Grund oft durch breite schwarze Pinselstriche oder Flächen die Möglichkeit heraus, sie mit Gegenständlichem zu verbinden. So bringt er auf der hellen, farbenfrohen Radierung „Village d'oiseaux“, die zwanglos viele Assoziationsmöglichkeiten bietet, am blauen oberen Bildrand zwei unscheinbare Vögelchen an, die den Wirklichkeitsbezug herstellen. Erst der Titel macht aus dem mächtigen schwarzen Fleck auf der Aquatinta „Rat des sables“ eine Sandratte und hebt das Bild so über das rein Dekorative hinaus.

Joan Miro _ Die Sandratte © Bild-Kunst Bonn
Joan Miro _ Die Sandratte © Bild-Kunst Bonn

Im Durchlaufen der Ausstellung bestätigt sich der Eindruck aus dem „Bestiarium“, dass es bei Picasso weniger um eine Entwicklung als um das unbekümmert titanische Arbeiten mit verschiedenen Optionen geht. Bei Miró hingegen bleibt das Verfahren konservativ das eines pflegsamen Gärtners, der mehr oder weniger leichthändig Wirklichkeit an einen ungegenständlichen Grund bindet.

Interessant sind dabei einige Ausnahmen, nahezu Umkehrungen von Mirós Verfahren. Im großen Saal des ersten Obergeschosses mit dem Titel „Picasso, Miró und der Surrealismus“ zeigt Mirós Lithographie „La demoiselle du téléphone“ auf fotorealistischem Grund das ältere Modell eines Wandtelefons. Dass die kräftigen abstrakten Pinselstriche davor das Telefonfräulein vor Augen rufen, ist wieder fast nur die Leistung des Titels. Bei Picasso bleiben solche Überraschungen aus, da er grundsätzlich alle Anregungen undogmatisch als Optionen wahrnimmt. Das zeigt sich wieder deutlich in seriellen Variationen wie der „Femme au fauteuil“, die in allen Gestaltungen immer ein vollendeter Picasso sind. Als Motiv einer Frau im Lehnstuhl jedoch ist es für Picasso nie vollendet gemäß seinem Ausspruch, „ein Bild zu vollenden, heißt es zu töten.“

Im zweiten Obergeschoss reizen vor allem die bei aller Phantasie realitätsprallen Lithographien Picassos zu den Themen Atelier und Bühne neben  Mirós Radierungen zur Commedia del Arte mit kaum figurativen Bildern, in denen das Schwarz dominiert. Es sind Gegensätze, wie sie sich etwa auch bei den Illustrationen Picassos zum Gedichtzyklus „Der Gesang der Toten“ von Pierre Reverdy und den Illustrationen Mirós zu „Parler seul“ von Tristan Tzara zeigen. Während sich Picasso völlig vom Text löst und nur seine Zeilenstruktur mit kräftigem roten Pinselstrich begleitet, setzt Miró zeichenhaft verkürzte Vögel, Gestirne und Figuren in Beziehung zum Text.

 Pablo Picasso _ Fussball 1961 © Bild-Kunst Bonn
Pablo Picasso _ Fußball 1961 © Bild-Kunst Bonn

Die lebenslange Freundschaft zwischen Picasso (1881 – 1973) und dem zwölf Jahre jüngeren Miró (1893 - 1983) begann 1920, als Miró, so wird erzählt, dem katalanischen Landsmann einen Kuchen von der Frau Mama nach Paris mitbrachte. Dass diese Freundschaft über die Jahre hielt, ist neben ihren gemeinsamen heimatlichen Wurzeln wohl vor allem dem Umstand zu danken, dass sie sich künstlerisch nicht ins Gehege kamen. Auch wenn Picasso in recht seltenen Fällen stilistisch an Miró erinnert, so bedient er sich auch hierbei souverän einer der ihm verfügbaren Optionen diesseits der Grenze zum Abstrakten, die beide Künstler nicht überschritten haben. So atmet Picassos farbenfrohe Lithographie „Football“ (Fußball - Foto oben) Miró-Stimmung, ist aber bei aller reduzierten Realität so unmiróisch präzise, dass man erkennt, dass es sich bei den Silhouetten der Sportler um Rugby-Spieler und nicht um Fußballer handelt, wie der deutsche Titel „Fußball“ nahelegt.

Es ist der aufschlussreiche Ausstellung „Picasso / Miró – Eine Künstlerfreundschaft“ zu wünschen, dass sie die sinnvollen Lockerungen des Lockdowns bis zum 25. April nutzen kann und für das Publikum geöffnet bleibt. Über den hier folgenden Online-Ticketshop der Webseite des Museums Pablo Picasso können vorab Zeitfenstertickets für den Ausstellungsbesuch erworben werden.

 www.kunstmusem-picasso-muenster.de

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