Dortmund, Theater Dortmund, Funny girl, IOCO Kritik, 26.10.2012

Dortmund, Theater Dortmund, Funny girl, IOCO Kritik, 26.10.2012
Kritik

Theater Dortmund

Einfallsreiche Musical - Choreografie  “Funny Girl“ 

Theater Dortmund / Funny Girl © Thomas M. Jauk / Stage Picture - Theater Dortmund
Theater Dortmund / Funny Girl © Thomas M. Jauk / Stage Picture - Theater Dortmund

“Funny Girl“ war eine reale Person. Funny Brice wurde als Fania Borach 1891 in New York als Kind jüdischer Einwanderer geboren. Sie war gesegnet mit viel Talent, Sinn für Komik, Sprachwitz sowie einer außergewöhnlich guten Stimme. Doch noch größer als ihre Talente waren ihr ausgeprägter Ehrgeiz und eine gute Portion “Massel“.

Theater Dortmund / Funny Girl © Thomas M. Jauk / Stage Picture - Theater Dortmund

Nach einigen Engagements an verschieden Broadway-Theatern wurde der erfolgreiche Theater-Impresario Florenz Ziegfeld auf sie aufmerksam. Ziegfelds große Erfolgsnummer waren die Ziegfeld-Follies. Die waren eine rasante Mischung aus allen gängigen Stilrichtungen, Akrobatik, Gesang, Tanz und üppiger Ausstattung. Zur Hauptattraktion darin wurden aber die Ziegfeld-Girls, langbeinige gutaussehende Tänzerinnen in knappen, üppigen Kostümen.

In einer dieser Shows, den “Follies of 1910“ debütierte Fanny Brice als Komikerin. Bei einer Vorstellung in Baltimore lernte sie Nick Arnstein kennen, verliebte sich und heiratete ihn nach einiger Zeit 1918. Arnstein war leidenschaftlicher Spieler. Er zockte in den Casinos Europas, auf Luxusdampfern und auch im Knast, den er einige Male kennen lernen musste. Fannys Gagen waren seine Bank. 1920 kam Arnstein für 2 ½ Jahre in Haft. Sie ließ sich nach seiner Entlassung scheiden und sah ihn nicht wieder.

Theater Dortmund / Funny Girl © Thomas M. Jauk / Stage Picture - Theater Dortmund
Theater Dortmund / Funny Girl © Thomas M. Jauk / Stage Picture - Theater Dortmund

Unzufrieden mit ihrer nur auf die Komikerin reduzierten Rolle versuchte sie sich als Filmstar. Doch die sechs Filme waren Flops. Sie besann sich auf ihre ursprünglichen Talente und feierte in den posthumen “Ziegfeld Follies“ von 1934 und 1936 ihre größten Erfolge.

Eine Spezialität von ihr war eine Kleinkind-Nummer “Baby Snooks“. Mit dieser Figur hatte sie eine wöchentliche Radiosendung, die bis 1951 mit großem Erfolg lief. Ein Schlaganfall im gleichen Jahr beendete ihre Karriere und wenig später starb sie.

Theater Dortmund / Funny Girl © Thomas M. Jauk / Stage Picture - Theater Dortmund

Ihr Schwiegersohn, der Filmproduzent Ray Stark wollte Fannys Leben verfilmen, aber letztendlich entschied man sich, ihre Lebensgeschichte als Musical auf die Bühne zu bringen. Man konnte Jule Styne als Komponisten gewinnen. Das Buch schrieb Isobel Lennart.

Die Uraufführung ging im März 1964 im New Yorker Winter Garden Theatre mit großem Erfolg über die Bühne. In der Rolle der Fanny debütierte die blutjunge Barbra Streisand, die für diese Rolle in der späteren Verfilmung einen Oscar gewann.

Nach Deutschland fand das Werk 1972 ins Essener Grillo-Theater. Es wird nicht sehr häufig gespielt, da der szenische Aufwand sehr groß ist. Nach Ulm in 1990er Jahren und der Produktion am Münchner Gärtnerplatz 1996 kam es nun in Dortmund heraus, als Co-Produktion mit den Opernhäusern in Chemnitz und Nürnberg.

Theater Dortmund / Funny Girl © Thomas M. Jauk / Stage Picture - Theater Dortmund

Dominierend bei dieser Produktion ist die fabelhafte, einfallsreiche Choreografie von Danny Costello. Die Tanz-Truppe ist perfekt in Ausdruck und Bewegung.

Die Statisterie zeigte sich sehr spielfreudig. Alles wurde gut zusammengehalten von der exzellenten Personenführung des Regisseurs Stefan Huber. Stilistisch gut getroffen und sehr gut bespielbar ist die Bühne von Harald B. Thor. Die schönen, üppigen Kostüme entwarf  Susanne Hubrich. Gefertigt wurden diese, wie auch die Bühnenbauten, in den Theatern Chemnitz.

Die Dortmunder Philharmoniker swingten was das Zeug hält, angefeuert von Philipp Armbruster.

Theater Dortmund / Funny Girl © Thomas M. Jauk / Stage Picture - Theater Dortmund
Theater Dortmund / Funny Girl © Thomas M. Jauk / Stage Picture - Theater Dortmund

Die Rolle der Fanny verkörperte Katherine Mehrling. Sie verfügt über eine gute Sprechstimme, ist tänzerisch perfekt und ihre kraftvolle Singstimme wäre auch ganz gut ohne Mikroport ausgekommen.

Bernhard Bettermann gestaltete die Rolle des Nick Arnstein. Ein Charmeur wie er im Buche steht, elegant, höflich, mit erlesenen Manieren. Er weiß sich zu bewegen und ist im Dialog wie auch im Gesang außerordentlich gut. Doch alles ist ein wenig distanziert. Den getriebenen, betrügerischen Zocker nimmt man ihm nicht so recht ab. Sehr gefallen konnte Marc Seitz in der Figur des lieben Fanny-Freundes Eddie.

Einfach wunderbar war Johanna Schoppa in der Partie der betulichen, energischen Mutter Rose Brice. Hannes Brock erlebte man als einen freundlichen, sympathischen “Papa“ Ziegfield. Optimal gestaltet waren alle weiteren Solo-Rollen. Insgesamt gesehen erlebte man eine sehr gute Ensemble-Arbeit.

Schade, dass so wenig Besucher diese wirklich gute Produktion sehen wollten, was sich hoffentlich in den nächsten Vorstellungen ändern wird.

IOCO / UGK / 26.10.2012

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