Düsseldorf, Tonhalle Düsseldorf, Mozart oder Die Leiden eines Kritikers, IOCO Aktuell, 29.02.2016

Düsseldorf, Tonhalle Düsseldorf, Mozart oder Die Leiden eines Kritikers, IOCO Aktuell, 29.02.2016
Mozart im Sonnenglanz - Von Engel nicht Kritikern umgeben © IOCO
Mozart im Sonnenglanz - Von Engel nicht Kritikern umgeben © IOCO

Stilblüten einer würzig süß-sauren KritikGenie-Teenie-Pianist Jan Lisiecki und Mozart

Konzerte, Opern oder Sprechstücke rezensieren ist hohe Kunst. Die Sprache der Kritiker kann stilvoll reich sein, sachlich streng aber auch filigran detailliert; sie mag karg an Emotionen sein oder überschäumend prall von Stück und Künstler berichten. IOCO  beklagt regelmäßig die sprachliche Selbstverliebtheit von Rezensenten, welche mit chiquem Wortnebel  das dem Leser Nützliche so gern verbergen. Die wortgewaltige Kritik einer rheinischen Zeitschrift zum Konzert des kanadischen Pianisten Jan Lisiecki in Düsseldorf verblüffte IOCO-Rezensent Pasquill. Lesen Sie die Empfindungen von Pasquill:

Zeitschrift:  

Jan Lisiecki aber ist gerade einmal 20 Jahre alt. ….... Lisiecki zählt zu den großen Hoffnungen der jüngsten Pianisten-Generation. Lisiecki frappiert vom ersten Einsatz an: mit traumwandlerischer Sicherheit in größter Freiheit und einem natürlich pulsierenden Duktus, der das Rhetorische ohne Rechthaberei formuliert, dramatisch-ruppige Akzente setzt, ohne sich aufzuplustern, und mit schmerzlichen Wendungen trauert, ohne zu jammern. Den berühmten zweiten Andante-Satz, oft als süß-saure Sentimentalität vergoren in Streicher-Zuckerwatte serviert, spielt Lisiecki flüssig und leuchtend, schlicht wie ein Lied und doch ergreifend in seinen hoch empfindsamen Nuancen. Gleiches gilt für den zweiten Satz im düsteren Schwesterwerk in d-moll von 1785, das Lisiecki insgesamt noch zupackender, entschiedener angeht. Die schnellen Ecksätze bringen ihn selbst bei grenzwertig schnellen Tempi nie in Verlegenheit, die haarigen Läufe aber wollen gar nicht "perlen", denn Lisiecki baut Akzente und rhetorische Widerhaken ein.

Pasquill: 

Zu nebulösem Sprachgeklingel wird die obige Rezension spätestens als sie sich über einen natürlich „pulsierenden Duktus“ zu verbreiten beginnt, über einen, der mit „traumwandlerischer Sicherheit in größter Freiheit", das „Rhetorische ohne Rechthaberei formuliert“. Damit nicht genug. Setzt doch besagter Duktus „dramatisch-ruppige Akzente ohne Aufplusterei" und „trauert ferner, ohne zu jammern, in schmerzlichen Wendungen“.

Eine solch geschraubte Diktion wird nur gewieften Kennern zu einer Vorstellung verhelfen, wie Jan Lisieckis Klavierspiel Mozarts Konzert KV467 exekutiert haben könnte.

Den zweiten Satz, welche die Rezensent/n zuvor oft als "süß-sauer vergorene Sentimentalität in Streicherzuckerwatte" vorgesetzt bekam, spielt der Pianist gleichwohl "als flüssig leuchtendes schlichtes Lied". Von dieses Satzes „hoch empfindsamen Nuancen“ ist der Rezensent/n ergriffen. Gleiches gilt für KV 466, dessen ebenfalls "unvergorene, streicherzuckerwattenfreie Romance" vom Künstler "entschiedener, zupackender" angegangen wird, wobei er allerdings „rhetorische Widerhaken“  einbaut, sodass die "haarigen Läufe" gar nicht erst zu “perlen“ anfangen. "Haarige, nicht perlende Läufe voller rhetorischer Widerhaken": Welche Ohren braucht es, um derart Einmaliges zu hören?

Ob der in obiger Rezension enthaltenen "Akzente und rhetorischen Widerhaken eines aufgeladenen Duktus" und  "süß-sauer vergorener traumwandlerische Sicherheit"  flüchtet sich manch Alltags- wie Schnellleser in unverständige aber tiefe Ergriffentheit.

IOCO / Pasquill / 29.02.2016

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