Wien, Burgtheater, ex-Intendant Matthias Hartmann - Prozessbeginn, IOCO Aktuell, 27.06.2014

Wien, Burgtheater, ex-Intendant Matthias Hartmann - Prozessbeginn, IOCO Aktuell, 27.06.2014

Burgtheater Wien

Burgtheater Wien © IOCO
Burgtheater Wien © IOCO
Großes Aufräumen am Wiener Burgtheater Aufsichtsratschef Georg Springer tritt zurück

Das Wiener Burgtheater, mit einem Etat von €50 Mio. reichstes Sprechtheater der Welt, steckt seit Monaten in einer Schmuddelkrise. Neuer Paukenschlag: Georg Springer (68), Geschäftsführer der Wiener Bundestheater-Holding und ehemaliger Aufsichtsratschef des in finanzielle Schieflage geratenen Wiener Burgtheaters löst zum 30. Juni 2014 seinen Geschäftsführervertrag, nahezu fristlos, auf. Sein Mandat als Aufsichtsratchef des Burgtheaters hatte Springer nach der fristlosen Entlassung des Burgtheater-Intendanten Matthias Hartmann an Othmar Stoss übertragen.

Pikant: Am 27. Juni 2014 beginnt vor dem Arbeitsgericht Wien die Kündigungsschutzklage des 2013 fristlos gefeuerten Burgtheaterchef Matthias Hartmann. Hartmann betrachtet die fristlose Kündigung vom März 2014 unwirksam. In seiner Klage geht es um Wiedereinstellung oder etwa   zwei Millionen Euro Schadenersatz für seinen gerade von 2014 bis 2019 verlängerten Arbeitsvertrag. Vor Gericht wird auch die Klage des Burgtheaters gegen Hartmann verhandelt, in der sie die Vertragsverlängerung mit Hartmann bis 2019 wegen Irrtums anficht. Hätte man die "chaotische finanzielle Gebarung" durch Ex-Burg-Managerin Silvia Stantejsky mitsamt der "mangelhaften Kontrolle durch Hartmann" gekannt, hätte man den Vertrag nicht verlängert, sagen entsprechende Gutachten.

 Minister Josef Ostermayer, rechts, und Georg Springer © BKA - Andy Wenzel
Minister Josef Ostermayer, rechts, und Georg Springer © BKA - Andy Wenzel

Als Intendant des Burgtheaters trüge Matthias Hartmann schon von Gesetz wegen Mitverantwortung für kaufmännisches Fehlverhalten. Das “Unverzüglichkeitsprinzip“, welches im November zur fristlosen Kündigung seiner Kollegin, Burgtheater-Vizedirektorin Silvia Stantejsky führte, trifft auch Hartmann: Gutachten sehen die Mitverantwortung des Intendanten Matthias Hartmann als erwiesen, warfen ihm „erhebliche Verletzungen der Sorgfaltspflichten eines Geschäftsführers“ vor. Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) hatte keine andere Wahl, als Matthias Hartmann fristlos zu entlassen.

Die finanzielle Schieflage des Burgtheaters hat viele Ursachen. Fehlende Reaktionen auf einen allgemein feststellbaren Besucherrückgang bei großen Sprechtheatern ist eine zentrale aber nicht alleiniger Grund. Die Misstände am Burgtheater sind facettenreicher. Hartmann soll bereits in Zürich, vor seinem Amtsantritt in Wien, Handgelder für kommende Regiearbeiten am Burgtheater erhalten haben. Unterlagen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG belegen trotz Schwärzung und Anonymisierung vieler Passagen Hinweise auf dramatische Mängel im Rechnungswesen des Burgtheaters, welche die finanzielle Lage des Burgtheaters „geschönt“ haben. Die wirtschaftliche Lage des Burgtheaters wurde dadurch „kreativ“ verbessert. Kulissen abgesetzter Produktionen sollen nur physisch, nicht aber bilanziell, d.h. nicht ergebniswirksam, „entsorgt“ worden sein. Auch sollen Steuern auf Honorare ausländischer Künstler über Jahre nicht einbehalten worden sein.

Intendant Matthias Hartmann und Burgtheater-Vizedirektorin Silvia Stantejsky tragen aufgrund ihrer Organ-Funktion im Burgtheater unmittelbare Verantwortung für die Missstände. Doch wird darüber gestritten, was die Aufsichtsgremien von den Mängeln gewusst haben oder hätten verhindern können. So wird ex-Aufsichtsratschef Springer vorgehalten, in der kürzlich erfolgten Verlängerung des Hartmann - Vertrages bis August 2019 Fehler gemacht zu haben. Hartmann sieht seine Entlassung als "unberechtigt" und "unwirksam" und fordert die Erfüllung seines Vertrags bis Ende August 2019 oder zwei Millionen Euro. Das Arbeitsgericht in Wien verhandelt ab heute, dem 27.6.2014. 

Was sagte Klaus Bachler, Vorgänger von Matthias Hartmann zu den traurigen Vorgängen am Burgtheater:  “Die Geschichte wirkt wie eine Farce von Qualtinger”.  IOCO / VJ / 27.06.2014

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